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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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die beiden älteren Damen oft gemeinsam den nahe gelegenen Stadtpark. Die kleinen Mädchen in den Buggys glucksten vor Vergnügen, als sie sich begegneten.
    Elfriede Krehbiel war einen Kopf kleiner als Margot, brachte aber trotzdem einige Kilos mehr auf die Waage. »Hast du an die Kaffeestückchen gedacht?«, fragte sie zur Begrüßung.
    »Aber natürlich, meine Liebe, wir wollen ja nicht, dass du uns verhungerst.«
    »Nein, nein, so weit darf es wirklich nicht kommen. Gott sei Dank gibt es ja die Bahnhofsbäckerei, wo man sogar sonntags ofenfrische Leckereien bekommt.« Voller Vorfreude rieb sich Elfriede die Hände und brummte dabei genüsslich. »Hmh, dann sollten wir uns schleunigst zu unserem Frühstückstisch aufmachen.«
    »Eine sehr gute Idee«, entgegnete Margot lächelnd.
    Die umfassende Neugestaltung des Stadtparkgeländes hatte lediglich der alte Baumbestand einigermaßen unbeschadet überstanden. Ansonsten wurde so ziemlich alles verändert, was überhaupt zu verändern war: Sämtliche Wege waren neu angelegt, Blumen- und Rasenflächen anders proportioniert, mehrere Kinderspielplätze über die gepflegte Parkanlage verteilt und mit modernen Metall-Sitzbänken und blitzenden Mülleimern aus Edelstahl umrahmt.
    In der Nacht hatte ein heftiges Gewitter für die lang ersehnte Abkühlung gesorgt. Die Luft war immer noch so feucht, dass hellgraue Dunstschwaden über das weitläufige Parkgelände waberten. Doch die kräftige Julisonne hatte sich bereits über die milchig trüben Schleier hergemacht und sie an mehreren Stellen auseinandergerissen.
    Die beiden Großmütter erreichten die Sandfläche, die von einem riesigen Kletterturm dominiert wurde und die für gewöhnlich der Lieblingsspielplatz der kleinen Mädchen war. Margot hob zuerst Emma und danach Ann-Sophie aus ihren Buggys, gab ihnen ihre Eimerchen und schlenderte mit ihnen zum Sandkasten. Elfriede trocknete derweil mit einem Handtuch die Sitzflächen und den Mülleimerdeckel ab. Dann warf sie eine runde Tischdecke über den zum Frühstückstisch umfunktionierten Stahlzylinder, der zwischen zwei Bänken positioniert war. Anschließend legte sie die Kisschen auf die harten Parkbänke.
    Margot kehrte zurück, nahm gegenüber ihrer Freundin Platz, schenkte sich Kaffee ein und berichtete Elfriede in aller Ausführlichkeit von der gestrigen Familienfeier. Irgendwann trippelten Emma und Ann-Sophie zum nächsten, etwa zehn Meter weiter gelegenen Sandkasten. Mit wachsamen Augen sondierte Margot die Umgebung. Das einzige menschliche Wesen, das sich zu dieser frühen Morgenstunde im Park aufhielt, war eine jüngere Frau, die auf der anderen Seite des Stadtparks ihren Vierbeiner ausführte. Der Hund war angeleint. Erleichtert wandte sich Margot wieder ihrer Freundin zu, die bereits das zweite Kaffeestückchen vertilgte.
    Plötzlich ertönte ein gellender Schrei, dem hysterische Hilfe-Rufe folgten. Die alten Damen blickten sich entgeistert um. Auf dem parallel zur Karcherstraße verlaufenden Fußweg erspähten sie die Hundebesitzerin. Sie wies mit ausgestrecktem Arm an den beiden Großmüttern vorbei zur Parkstraße. Reifen quietschten. Elfriede und Margot rissen die Köpfe herum. Mit entsetzten Mienen verfolgten sie ein Taxi, das mit Vollgas in Richtung Universität losbrauste.
    »Da hat eben einer ein Kind entführt«, schrie die junge Frau mit sich überschlagender Stimme. »Mit dem Taxi dort hinten.«
    Reflexartig schnellten die Blicke der Großmütter hinüber zum Sandkasten. Ein Schmerz wie ein Stromschlag durchpeitschte Margots Körper: Ann-Sophie saß weinend im Sand – doch von Emma war weit und breit keine Spur zu entdecken.
    Immerfort Emmas Namen rufend, rannte Margot wie von Sinnen zum Sandkasten, über den Spielplatz, bis zur Anliegerstraße, von wo aus das Taxi weggefahren war. Doch Emma blieb wie vom Erdboden verschluckt.
    Völlig außer Atem hielt Margot an und blickte sich hektisch nach allen Seiten um. Sie presste die Hand so fest auf ihre linke Brust, als wolle sie diese ausquetschen. Sie war kreidebleich, eiskalter Schweiß perlte auf ihrer faltigen Stirn.
    Elfriede traf bei ihr ein. Auf dem Arm trug sie Ann-Sophie, die sich wimmernd an sie klammerte. Vor ihren Füßen entdeckte Margot Emmas Lieblingsförmchen. Es lag neben einem Papierkorb. Margot überkam ein heftiger Weinkrampf. Die junge Frau, die inzwischen ihren kläffenden Hund an einen Baum angebunden hatte, erreichte nun die alten Damen.
    »Was genau ist passiert? Was haben Sie
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