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Kinder, Computer und Co - Familie ist lebenswert

Kinder, Computer und Co - Familie ist lebenswert

Titel: Kinder, Computer und Co - Familie ist lebenswert
Autoren: Juergen Holtkamp
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Recht: Welche Auswirkungen haben die Medienformate für meinen Sohn oder meine Tochter? Mag die Antwort auch nicht einfach sein, notwendig ist sie auf jeden Fall.
    Medien wirken nicht wie Arzneimittel schnell und direkt, denn anders als bei Arzneimitteln werden Medien durch den kognitiven und sozial-moralischen Entwicklungsstand gefiltert.
    Eine Grundvoraussetzung, um das Internet nutzen zu können, ist die Lese- und Schreibfähigkeit. Kinder bis zur Mitte der Grundschulzeit können das Internet in der Regel aktiv nicht nutzen, weil ihnen diese Fähigkeit fehlt. Die Wirkung von Medieneinflüssen ist nicht nur abhängig vom Alter und dem Entwicklungsstand, sondern auch vom Geschlecht und dem sozialen Umfeld, in dem Kinder aufwachsen.
    Ein wesentliches Kennzeichnen der Pubertät ist die Ablösung vom Elternhaus, die Suche der Heranwachsenden nach Orientierung und ihrem Platz in der Gesellschaft. Vorbilder, die sie in Musikgruppen, Schauspielern oder Sportlern finden, sind in diesem Alter eine wichtige Einflussgröße auf dem Weg zur eigenen Persönlichkeit. Hinzu kommt, dass die Medien ständig neue Stars und Prominente fürs Massenpublikum brauchen und den Kindern als Vorbilder anbieten. Ob Boygroup, Topmodel oder Superstar: Medien inszenieren Personen und vermarkten diese. Ein aktuelles Beispiel ist Lena Meyer-Landrut, die als „Unser Star für Oslo“ beim Eurovision Song Contest im Mai 2010 in Norwegen für Deutschland an den Start gegangen ist. Die 18-jährige Hannoveranerin gewann nicht nur den deutschen Vorentscheid, sondern gleich den Song Contest. Bereits nach einer Woche stürmte sie mit ihrem Album an die Spitze der deutschen Charts. Satellite , Love Me und Bee waren in den Top 5 der Singlecharts – ein Novum in Deutschland. Bevor Lena Meyer-Landrut in Oslo siegte, musste sie zuerst den nationalen Song Contest gewinnen. Eigens für Oslo wurde die Castingshow „Unser Star für Oslo“ ins Leben gerufen. Noch Anfang 2010 kannte niemand die Abiturientin aus Hannover, heute ist sie ein gefeierter Star bei Jugendlichen.
    Im Verlauf der Sozialisation von Kindern und Jugendlichen ändern sich Medienvorlieben und Medienthemen erheblich. So kristallisieren sich beispielsweise beim Filmverständnis Vorlieben für bestimmte Genres (z. B. Horrorfilme, Komödien…) oder Themen (z. B. Liebe, Freundschaft, Karriere…) heraus, während andere vermieden werden, weil sie entweder angstbesetzt sind oder kein mediales Vergnügen bereiten.
    Bei der Klärung der Frage nach den Medienwirkungen auf Kinder und Jugendliche ist dieser Kontext mit zu berücksichtigen. Selbst für die wissenschaftliche Forschung ist es schwierig, allgemeingültige Aussagen zu formulieren. Gleichwohl sind die Sorgen nicht unbegründet. Denn dass Medien eine Wirkung auf die kindliche Entwicklung haben, ist offensichtlich. Fragt sich nur, in welcher Weise?
Macht Fernsehen dumm und dick?
    Im Oktober 2008 gab es einen handfesten Fernsehskandal. Verantwortlich war die Aussage des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki anlässlich der Preisverleihung zum Deutschen Fernsehpreis, den er vor laufenden Kameras ablehnte. In den folgenden Tagen war das Feuilleton diverser deutscher Zeitungen voll von Kommentaren, die unterschiedlicher kaum sein konnten. Einige sahen Reich-Ranickis Kritik als Generalabrechnung mit dem Fernsehen, andere fanden sie überzogen und undifferenziert. Was ist davon geblieben? Im Grunde nicht viel. Zwar bekam der „Literaturpapst“ einen eigenen Sendeplatz im ZDF, um über die Qualität im Fernsehen mit Thomas Gottschalk zu diskutieren, die Boulevardpresse kochte das Thema noch einige Tage auf, doch von einer neuen Programmdebatte konnte keine Rede sein.
    Der Wettbewerb ist hart, die Fernsehsender produzieren, was gesehen bzw. gekauft wird. Die Regeln des Marktes bestimmen das Angebot und nicht das Feuilleton von Zeit und FAZ. Wenn die Deutschen hunderte von Programmen wünschen, bekommen sie diese auch. Wenn sie lieber Action und Gewalt als Dokumentationen sehen, warum sollen die Programmverantwortlichen diese Formate nicht produzieren? Und so stehen pädagogische Fragen nicht oben auf der Agenda der Programmmacher.
    Beispiele aus dem Nachmittagsprogramm der privaten Fernsehsender gibt es genug, die das dokumentieren. Nehmen wir beispielhaft eine Gerichtsshow. Die verhandelten Fälle sind fiktiv, die Richter „echt“, während Zeugen und Angeklagte Laiendarsteller sind, für die es der größte Auftritt in ihrem Leben sein kann.
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