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Kind der Sünde (German Edition)

Kind der Sünde (German Edition)

Titel: Kind der Sünde (German Edition)
Autoren: Eve Silver
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nicht um eine Minute gealtert aus, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Das war vor … Wie lange ist das jetzt her? Fünfzig Jahre?“ Er machte eine Pause. „Du solltest nicht schreien, auch wenn ich meine Hand jetzt wegnehme. Man kann nicht wissen, welches Gesindel man hier anlockt.“
    Nachdem sie ihm durch ein kurzes Nicken zu verstehen gegeben hatte, dass sie einverstanden war, nahm er die Hand von ihrem Mund.
    „Dasselbe könnte ich dich fragen“, bemerkte sie, als sie wieder sprechen konnte, wobei sie nicht aufhörte, sich gegen seinen unerbittlichen Griff zu wehren. „Warum bist du nicht gealtert? Wieso bist du überhaupt noch am Leben?“
    „Ach, enttäuscht dich das?“ Er entließ sie aus seiner Umarmung, packte aber gleich darauf ihre Handgelenke und drehte Amber so, dass er ihr in die Augen sehen konnte. Die lockigen Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Er bemerkte den roten Seidenschal, den sie um die Schulter geschlungen hatte, und konnte das Blut riechen, dass aus der Wunde sickerte. Wie schwer mochte die Verletzung sein? Er begann, an dem Knoten im Schal herumzunesteln. Es war idiotisch. Was gingen ihn ihre Blessuren an?
    Ohne den Blick von ihr zu wenden und ohne ihre Handgelenke loszulassen, holte er mit der rechten Hand ihre Taurus hervor und verbog den Lauf vor ihren Augen zwischen den Fingern. Amber erbleichte, als sie das sah.
    Dann ließ er sie ganz los und riss ohne Mühe den Seidenschal entzwei. Auf ihren ungläubigen Blick hin meinte er nur trocken: „Was willst du? Das Tuch war doch sowieso ruiniert.“
    Doch es war nicht der zerrissene Schal, weshalb Amber ihn anstarrte. Er hatte mit einer Hand ihre Pistole verbogen. Es war unglaublich. „Was bist du?“, fragte sie ihn.
    Kai dachte, dass es nicht schaden konnte, ihr die Wahrheit sagen. „Ich bin ein Reaper.“ Noch während er antwortete, blickte er gebannt auf ihre Schulter. Die Wunde dort heilte so schnell, dass er dabei zusehen konnte. Bereits jetzt war sie vernarbt und sah eher aus wie eine mindestens einen Monat alte Verletzung und nicht wie ein Einschuss, der noch keine Stunde alt war. Er hob die Augenbrauen. „Und was bist du ?“
    Sie schüttelte nur den Kopf und sah ihn lange an, ohne zu antworten. Eine steile Falte stand zwischen ihren Augenbrauen. Er kannte dieses Stirnrunzeln genau. Wie oft hatte er ihr früher sanft übers Gesicht gestrichen, um ihr die Sorgenfalten zu vertreiben? „Ein Reaper?“, wiederholte sie. „Was soll das sein? So eine Art Todesengel?“
    Er stutzte. Kai hatte erwartet, dass ihr das Wort ein Begriff war. „Ein Seelensammler“, erklärte er und fügte, als er bemerkte, dass ihr auch das nichts sagte, hinzu: „Ich arbeite für Sutekh … Seth, Seteh, den Herrn der Wüsten und des Chaos, den Gott der Stürme und der Finsternis, Herrscher im Reich des Bösen in der Unterwelt.“
    Amber drehte den Kopf zu dem träge in der Luft schaukelnden Ballon neben seiner Schulter. „Ist das da eine Seele?“
    Wieder war Kai erstaunt, denn Normalsterbliche hätten die Schwarze Seele nicht sehen können. Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass sie keine Normalsterbliche war, hätte sie ihn gerade geliefert. Vielleicht war sie nie ein schlichtes Menschenkind gewesen. Das konnte er ihr kaum zum Vorwurf machen, denn das war er inzwischen auch nicht mehr. „Das ist eine Schwarze Seele“, beantwortete er ihre Frage, „eine Mahlzeit für Sutekh. Er unterhält eine ganze Armee von Seelensammlern.“
    Amber schüttelte sich. „Eine Mahlzeit?“
    Kai lächelte finster. „Ja. Sutekh frisst sie auf. Er ernährt sich praktisch davon.“
    Sie rieb sich die Arme, als fröstelte es ihr, obwohl auf dem Dach eine angenehme Temperatur herrschte. Es war eine warme Nacht. „Und was ist … damit?“ Sie zeigte auf seinen Lederbeutel, den er über der Schulter trug. Sie erinnerte sich mit Grausen daran, wie er das Herz dort hineingestopft hatte.
    „Das Herz? Das ist eine Opfergabe an Osiris. Es wird auf der Waage der Wahrheit-Gerechtigkeit gegen eine Feder aufgewogen.“
    Wieder schüttelte sie den Kopf. „Wer …?“
    „Nein“, unterbrach er sie. „So einseitig läuft dieses Frage-und-Antwort-Spiel nicht. Ich habe dir ein paar Antworten gegeben. Jetzt bin ich dran. Womit stehst du in Asmodeus’ Schuld? Und wie hast du es geschafft, dich aus seinen Schlingen herauszuziehen?“
    „Asmodeus?“, wiederholte Amber verständnislos.
    „Unterweltgottheit. Der Dämon, der über die Begierden herrscht.“ Kai
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