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Kind der Sünde (German Edition)

Kind der Sünde (German Edition)

Titel: Kind der Sünde (German Edition)
Autoren: Eve Silver
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Ähnlichkeit mit ihr hatte. Dieselbe Nase, derselbe Mund, dieselben Augen. Nur waren seine Züge ein wenig schärfer, eben männlicher. Er hätte Ambers Bruder sein können. Oder sogar …
    „Er ist dein Vater“, erklärte Kai behutsam. „Was du hier siehst, ist ein Tor zur Unterwelt. Er ist ein Dämon. Und deshalb ist es ihm versagt, hierher zu uns auf die Oberwelt zu kommen, wenn er nicht durch einen Ritus beschworen wird und menschliche Gestalt annimmt.“
    Amber war wie benommen. Eine ganze Weile nahm sie nichts weiter wahr als ein Dröhnen in ihren Ohren. Sie war vollkommen desorientiert, und es dauerte einige Zeit, bis sie Kais Worte begriffen hatte. Dann sickerte es allmählich in ihr Bewusstsein.
    Das also war ihr Vater. Ein Dämon, genauer gesagt, der Dämon der lüsternen Begierden, der unter den Sterblichen Prostitution und was der Henker welche Geschäfte noch betrieb. Asmodeus.
    Fassungslos wandte sie sich zu Kai um und starrte gleich darauf wieder auf die Erscheinung im Spiegel. Der junge Mann dort erwiderte ihren Blick und lächelte. Amber hatte das Gefühl, als gerate ihre Welt aus den Fugen. Aber paradoxerweise begann es gleichzeitig in ihrem Kopf zu arbeiten. Dinge, die sie sich früher nicht hatte erklären können, fügten sich in einen Zusammenhang.
    „Wie lange weiß du das schon?“, fragte sie Kai.
    „Mit Sicherheit? Erst seit eben, als ich hier hereingekommen bin. Ich hatte allerdings schon so einen Verdacht, als ich gesehen habe, dass du das Energieband gehalten hast, an das die Schwarze Seele gebunden war. Das vermögen nur zwei Arten von Wesen: Seelensammler und Dämonen. Seelensammler schieden aus, denn die sind ausnahmslos männlich. Also …“
    „… also ein Dämon. Beziehungsweise die Tochter eines Dämonen“, fügte Amber flüsternd hinzu. Das war sie, die Tochter der Sünde.
    Kai nahm ihre Hand und führte sie an die Lippen. Er wartete, bis Amber ihn ansah, bevor er zu sprechen begann. „Amber, du bleibst deshalb immer noch du selbst. Es ändert sich nichts.“
    Doch. Alles hatte sich geändert. Ihre Mutter hatte sich geirrt. Sie brauchte nun nicht mehr wegzulaufen.
    „Deine Mutter war reichlich entsetzt, als sie herausgefunden hat, wer ich wirklich bin. Und das hat sie zu dem Entschluss gebracht, dich von mir fernzuhalten.“ Asmodeus sprach mit einer einschmeichelnden, wohltuenden Stimme. Seine Worte klangen warm und tröstend. „Wie sich herausstellte, hat sie sich recht geschickt dabei angestellt. Und so musste ich ein ganzes Jahrhundert lang auf dich warten, meine Tochter.“
    „Du hast Leute auf meine Fährte gesetzt, um mich zu töten“, warf Amber ihm schroff vor. „Und da wundert es dich, dass meine Mutter mich vor dir verstecken wollte?“
    Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich. „Ich habe niemanden ausgesandt, um dich zu töten. Ich habe nach dir geschickt, um dich zu mir zu bringen. Wärst du nicht immer weggelaufen und hättest nur einmal zugehört …“
    „Zugehört? Wenn sie bis an die Zähne bewaffnet bei mir anrücken?“
    Asmodeus machte eine wegwerfende Handbewegung. „Sie wollten dich einschüchtern. Es sind eben nur Menschen. Du bist keine Sterbliche. Was hätten sie dir anhaben können? Welchen Nutzen konnten ihre Waffen schon haben?“
    „Welchen Nutzen?“ Sie starrte in den Spiegel. Asmodeus schien tatsächlich zu meinen, was er sagte. Offenbar machte er sich keinen Begriff von der menschlichen Natur. „Sie haben Kai getötet“, stellte sie dann nüchtern fest.
    „Er steht doch da und sieht ziemlich lebendig aus“, entgegnete Asmodeus.
    Kai gab einen Laut von sich, der verdächtig nach einem Kichern klang. Amber fiel ein, dass sie erst kürzlich fast wörtlich dasselbe zu ihm gesagt hatte.
    „Und sie haben uns fünfzig Jahre des Zusammenseins gestohlen“, konterte sie trotzig.
    Als Asmodeus sie jetzt ansah, wirkte er plötzlich nicht mehr jung und blühend, sondern alt, obwohl sich in seinen Zügen kaum etwas geändert hatte. Es waren seine Augen, die dreinblickten, als hätten sie so viel gesehen, dass sie die Weisheit und Erfahrung von Jahrhunderten gesammelt hatten. „Die fünfzig Jahre habt ihr euch selbst gestohlen, indem ihr euch gegenseitig verdächtigt und angeklagt habt.“ Er zuckte müde die Schultern. „Fünfzig Jahre? Was ist das schon? Ihr habt jetzt eine Ewigkeit vor euch, in der ihr aus euren Fehlern lernen könnt.“
    Darauf wandte sich Asmodeus an Kai. „Was für einen Lohn verlangst du, Reaper? Du hast
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