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Keine Zeit und trotzdem fit

Titel: Keine Zeit und trotzdem fit
Autoren: Gert von Kunhardt
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Leistungsgesellschaft prägt unser Leben. Für Konsum opfern wir Zeit, Kraft und Individualität. Wer von uns hätte denn den Mut, vor Verwandten, Freunden und Kollegen einzugestehen, dass er seine gut bezahlte Arbeitsstelle aufgäbe und sich lieber zurückstufen ließe, bevor sie über seine Kräfte ginge? Schwächen und Überforderung zuzugeben ist absolut indiskutabel. Eher rackern wir uns zu Tode, bevor wir sie eingestehen. Der Österreicher Herbert Bronnenmeier schrieb in seinem Buch
Topfit, Spitzensport einmal anders
: »Wir sterben nicht, wir bringen uns selbst um.«
    Das Ausleben natürlicher Bedürfnisse ist auf ein Minimum reduziert. Dazu gehören sowohl die Notwendigkeit aktiver Bewegung als auch der Ausgleich durch körperliche und geistige Ruhe. Die wie Pilze aus dem Boden schießenden Fitness-Studios, Wellness-Hotels und fernöstlichen Meditationszentren sind deutliche Beweise dafür, dass der Mensch diesen Ausgleich braucht.
    Wir haben verlernt, uns zu entspannen. Nun geben wir viel Geld aus, um in Kreativkursen, Meditationsseminaren, Vita-Clubs oder gar Lebensmanagementtagungen dafür Anleitung zu bekommen.
    |23| Bis heute aber bleibt gültig, was der mittelalterliche Abt und Mystiker Bernhard von Clairvaux schon im Jahr 1115 sagte:
    »Du sollst dich nicht immer und nie ganz der äußeren Tätigkeit widmen, sondern stets ein Quäntchen deiner Zeit und deines Herzens für die Selbstbesinnung zurückbehalten.«
    Das Phänomen Stress
    Wenn unser Motor immer auf Hochtouren läuft und die Zeit nicht auch für Bewegung und kreative Pausen genutzt wird, geraten wir in einen Zustand permanenter An- und Verspannung. Wir nennen dieses Phänomen »Stress«. Uns dominiert das Gefühl: Es muss etwas geschehen, aber:
»Ich habe keine Zeit.«
»Wie soll ich das bloß alles schaffen?«
»Ich bin fix und fertig.«
»Mir wird das alles zu viel.«
»Ich kann so schlecht schlafen.«
»Ich finde nicht zu mir selbst.«
»Ich fühle mich ausgelaugt.«
    Stress oder besser gesagt eine Stressreaktion ist aber ursprünglich nichts Schlechtes, sondern eine natürliche Antwort unseres Körpers auf Gefahren und damit im Grunde (über-)lebensnotwendig. Ein gesunder Stressverlauf sieht in etwa so aus:
Die Gefahr ist da und wird wahrgenommen (Stressauslöser).
Der Körper reagiert mit einem plötzlichen Anstieg seiner Leistungsfähigkeit (Stressreaktion).
Es folgt eine körperliche Reaktion (Angriff, Kampf oder Flucht), die den Stress wieder abbaut.
    |24| Was geschieht in unserem Körper, wenn er auf einen Stressauslöser reagiert?
    1. Kreislauf- und Blutdruck
Der Herzschlag wird beschleunigt.
Der Blutdruck steigt.
Die Blutgefäße der Muskulatur werden erweitert.
Die Blutgefäße der inneren Organe dagegen werden mit weniger Blut versorgt.
    2. Hormone
Das Adrenalin steigt (Fluchthormon).
Das Noradrenalin steigt (Aggressionshormon).
Das Hydrocortison steigt (Schutz vor Verletzungen).
Das Cholesterin steigt um 25 Prozent (Reparaturen).
    3. Stoffwechselreaktion (als Folge der Hormonausschüttungen)
Die Zahl der roten Blutkörperchen (Sauerstoffträger) steigt, um schneller und ausdauernder rennen zu können.
Die Blutgerinnung wird verbessert (Schutz vor Verblutung).
Der Blutzuckerspiegel steigt (Traubenzuckerspritze), um über mehr schnelle Energie zu verfügen.
    Zusätzlich werden sämtliche Muskelpartien mit mehr Kraft ausgestattet, die Funktionen des Gehirns, der Verdauung und sogar der Sexualität dagegen werden eingeschränkt und in gewissem Maße blockiert. Flucht oder Angriff sind sofort möglich. Bei etwaigen Verletzungen schützt die Blutgerinnung vor dem Verbluten. Das ist der eigentliche Sinn des Stresses: eine Überlebensstrategie für den Steinzeitmenschen. Er soll bei Gefahr entweder flüchten oder angreifen können. Darin unterscheiden wir uns auch heute noch kaum von den meisten Tieren.
    |25| Während aber ein gesunder Stressverlauf mit einer körperlichen Reaktion ausklingt, befindet sich der moderne Mensch ständig »auf dem Sprung«, ohne dabei nur ein einziges Mal wirklich zu springen. Der Abbau der Stressreaktion bleibt aus, die dauernde Anspannung wird als Belastung bis hin zur Überlastung erlebt – dieses negative Empfinden bezeichnen wir heutzutage gemeinhin als Stress, genauer gesagt als Distress (im Gegensatz zum Eustress, der als positive Herausforderung wahrgenommen wird). Stress ergibt sich also aus der Summe der bewusst und unbewusst auf uns Menschen einwirkenden Reize (Seh-, Geruchs- und akustische
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