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Keine Zeit und trotzdem fit

Titel: Keine Zeit und trotzdem fit
Autoren: Gert von Kunhardt
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Tennis-Mannschaftswettkämpfen mitspielte, war jedes Mal danach total erschöpft und hörte im Jahr 2001 abrupt auf, nachdem er zwei Todesfälle auf dem Platz unmittelbar neben sich miterlebt hatte. Heute spielt er Golf und fühlt sich pudelwohl.
    |33| Sport ist wie ein Medikament. Die Dosis entscheidet, ob er Gift oder ein Heilmittel ist
    Bei Überforderung kehrt sich die an sich segensreiche Wirkung von Bewegung ins Gegenteil um. Statt beispielsweise die Knochen zu stärken, wie es bei Anstrengungen gegen die Erdanziehungskraft ganz normal ist, wird bei zu langer oder zu intensiver Anstrengung der Knochen entkalkt, also osteoporös und brüchig. Der Leistungsgedanke ist das zentrale Problem. »Eigentlich müsste ich ja auch wieder einmal Sport treiben«, sagt der vielbeschäftigte Manager, als er nach Jahren zufällig seinen ehemaligen Sportlehrer trifft. »Lassen Sie es lieber bleiben«, bekommt er zur Antwort. »Sie würden Sport genauso treiben, wie Sie arbeiten!« Die Warnung ist mehr also berechtigt. Denn wir haben laut dem Philosophen Peter Axt nur ein ganz bestimmtes genetisch bedingtes Lebenspotenzial. Er sagt: »Weil jedes Lebewesen nur eine begrenzte Lebensenergie zur Verfügung hat, ist Faulsein viel gesünder als anstrengendes Fitness-Training. Wer statt eines Marathonlaufes lieber in der Hängematte liegt, wer statt Squash einen längeren Mittagsschlaf hält, hat die besten Chancen, alt zu werden.« Auch Professor Dr. Roland Prinzinger, Leiter der Abteilung Stoffwechselphysiologie an der Universität Frankfurt, bestätigt dies: »Jeder Mensch bekommt ein bestimmtes Energiepotenzial in die Wiege gelegt, das er im Laufe des Lebens aufzehrt. Das aber, was er gedankenlos verpulvert, lässt sich nicht zurückgewinnen.«
    Nun stellt sich die Frage: Wie viel Bewegung ist eigentlich gut für uns?
    Ein Volk von Sitzern
    Leider kann niemand zum jetzigen Zeitpunkt genau sagen, wo das Optimum der Menge und Qualität körperlicher Bewegung für uns |34| Menschen liegt. Sicher ist jedoch: Den durch mehr Bewegung mehr transportierten Sauerstoff benötigen wir in den Zellen dringend. Amerikanische Wissenschaftler haben Bewegungsmangel deshalb zur wichtigsten Krankheitsursache des 21. Jahrhunderts erklärt. US-Unternehmen ergriffen zuerst die Initiative: Der Firma Steelcase entstanden bei Arbeitnehmern, die an Fitness-Programmen teilnahmen, innerhalb von sechs Jahren 55 Prozent geringere Kosten als bei Nichtteilnehmern. Das Unternehmen Dupont sparte in drei Jahren durch das Etablieren von Fitness-Programmen 6,1 Millionen Dollar ein, den größten Betrag davon, 3 Millionen Dollar, im dritten Jahr. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln beziffert die Kosten, die Arbeitgeber in Deutschland allein für die Lohnfortzahlung ihrer erkrankten Mitarbeiter zahlen müssen, auf mehr als 30 Milliarden Euro pro Jahr.
    Im Jahr 2005 gab es nur noch etwa 1 Prozent Arbeitnehmer in Deutschland, die als Schwerarbeiter eingestuft wurden und dementsprechend viele Kilokalorien verbrannten. Das hält aber viele andere Menschen, die nicht hart körperlich arbeiten, kaum davon ab, so große Portionen zu essen, als wären sie Schwerarbeiter.
    Nach dem Sportwissenschaftler Professor Dr. Winfried Joch nutzen wir nur noch 40 Prozent der Muskeln, die unsere Urgroßeltern im Jahr 1900 gebrauchten.
    Eines der wichtigsten physiologischen Gesetze lautet: Je mehr ein menschliches Organ beansprucht wird, desto mehr passt es sich an die Belastung an und wird leistungsfähiger. Das gilt natürlich auch umgekehrt: Je weniger ein Organ beansprucht wird, desto weniger entwickelt es sich, das heißt, es entwickelt sich im Zweifelsfalle zurück. Es gilt also: Use it or lose it. Man kann sogar sagen, dass die Leistungsfähigkeit aller inneren Organe genauso groß ist wie die Funktionsfähigkeit der äußeren Muskulatur. Der Hirnforscher Johannes Holler geht noch weiter: »Sport ist Voraussetzung für geistige Beweglichkeit. Wenn du wissen willst, wie kraftlos dein Gehirn ist, dann fühle deine Beinmuskulatur.«
    |35| Wir sitzen am Schreibtisch, im Auto, in Konferenzen, in Schnellzügen, Düsenjets, Restaurants, vor Fernsehgeräten und dem Notebook. Wir sitzen, wenn wir diskutieren, telefonieren, konzipieren, dinieren, konferieren. Wir sitzen lebenslänglich, ohne je dazu verurteilt worden zu sein. So ziemlich jede andere Tätigkeit ist mit Bewegung verbunden – das Sitzen nicht. Sitzen ist die Un-Tätigkeit, die wir in unserem Leben am meisten ausüben.
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