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Keine Pille gegen Mord

Keine Pille gegen Mord

Titel: Keine Pille gegen Mord
Autoren: Carter Brown
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war, Föhren und Eichen. Es gab auch einen Rasenstreifen und einen
Brunnen mit Fontäne samt einem klotzigen Betondenkmal für ein paar vergessene
Helden, die in einem Krieg gefallen waren, der im High-School-Geschichtsbuch
mit drei Seiten abgetan wird.
    Ich stieg aus und schloß den
Wagen ab. Nicht daß ich gefürchtet hätte, in Humboldt Creek würde ihn jemand
stehlen. Ich war einigermaßen überzeugt, daß in diesem Nest kein Mensch wußte,
wo bei einem Austin Healy hinten und vorn ist.
    Während ich die Stufen zur
hölzernen Veranda vor den Büroräumen der Firma Macintosh Real Estate
hinaufstieg, überlegte ich, was einen Mann wohl in so einer Stadt hielt. Denn
Dale Macintosh, guter Anwalt und tüchtiger Grundstücksmakler, wohnte hier seit
seinem siebten Lebensjahr, und seit sechsunddreißig Jahren betrieb er dasselbe
Geschäft in ein und demselben Büro. Ich wollte ihn besuchen, weil er unser
Beauftragter in Humboldt Creek war. Er war der Mann, der mit Winifred Birrel
verhandelt hatte, der ihre jährliche Rendite erhalten und weitergeleitet hatte.
Mein Vater kannte ihn, aber ich selber war ihm noch nicht begegnet.
    Gleich hinter der Tür stand ein
Tisch mit einem unbequemen Stuhl daneben, dann ein sehr aufgeräumter
Schreibtisch mit einer Frau, die aussah wie meine Tante Siphonee — von der kein Mensch in der Familie spricht.
    Sie begutachtete mich mit
durchdringenden grauen Augen, die schon viele junge Besserwisser im Laufe der
Jahre zum Schweigen gebracht hatten. »Ja ?« sagte sie
scharf. »Was gibt’s, junger Mann ?«
    »Ich suche Mr. Macintosh«,
erklärte ich freundlich.
    »Mr. Macintosh hat viel zu tun .« Sie hatte eine strenge hohe Stimme wie eine
altjüngferliche Lehrerin. »Was ist Ihr Anliegen ?«
    »Mein Anliegen geht Sie ganz
und gar nichts an«, sagte ich. »Wer und was sind Sie eigentlich, mal so gefragt ?«
    Sie starrte mich an, war nicht
ganz sicher, wie ich das meinte. »Wie ist Ihr Name, bitte ?«
    »Randall Roberts.«
    Ihr Gedächtnis ordnete das ein,
und sie wurde ein bißchen umgänglicher, aber ihre Augen blieben voller Groll.
    »Einen Augenblick«, sagte sie
und griff zum Telefon. Sie wählte eine Ortsnetz-Nummer und sprach leise. Ihre
Stimme klang jetzt süß und respektvoll. Der Essig war wohl für die Kundschaft
reserviert. »Mr. Macintosh, ein Mr. Roberts möchte Sie sprechen. Ja, stimmt.
Randall Roberts. Er hatte Sie angerufen. Jawohl, Sir, ich werde es bestellen .«
    Sie legte auf und sagte; »Er
wird in ein paar Minuten hier sein, Mr. Roberts. Wollen Sie sich nicht setzen ?« Damit vertiefte sie sich wieder in ihre Papiere,
diensteifrig und schweigsam, als ob auch sie viel, viel, viel zu tun habe.
    Ich sah mich um. Außer dem
unbequemen Stuhl gab es keine Sitzgelegenheit. Ich ging hin und betrachtete die
Illustrierten auf dem Tisch. Die neueste war eine TIMES vom letzten Jahr.
    Ich trat auf die Veranda hinaus
und blickte mich in der stillen Straße um. Ein Mann um die Fünfzig, schlank und
drahtig, mit einem neuen Strohhut über einem Gesicht, dem man die vielen Jahre
gesunder Luft und geruhsamen Lebens ansah, kam mitten auf der Fahrbahn daher.
Er schritt langsam, gleichmäßig und kraftvoll aus, wie ein Bauer, der jeden Tag
mindestens acht Kilometer zu Fuß geht. Er trug eine braune Hose, ein weißes
Hemd mit Krawatte und wischte sich das Gesicht mit einem weißen Taschentuch.
Als er die Stufen heraufstieg, lächelte er, freundlich und offen. Er streckte
die Hand aus.
    »Mr. Roberts.« Er behandelte
meinen Arm wie einen schwergängigen Pumpenschwengel. »Freut mich sehr, Sie
kennenzulernen !«
    »Nennen Sie mich Randall«,
sagte ich. »Ich hielt es für angebracht, Sie schon telefonisch von Mrs. Birrels Tod zu unterrichten — vor allen anderen. Als ich
eben wegfuhr, war man noch dabei, den Wagen zu bergen .«
    Er verzog bedauernd das
Gesicht. »Fürchterliche Geschichte. Und ein seltsamer Unfall. Sie war ja ein
verrücktes Geschöpf, aber als leichtsinnige Fahrerin konnte man sie weiß Gott
nicht bezeichnen .«
    »Das ist mir auch seltsam
vorgekommen. Könnten wir beide uns mal ein bißchen über die Familie unterhalten ?«
    »Selbstverständlich.« Er warf
einen Blick ins Büro und zog die Stirn kraus. »Miss Grady hat es nicht gern, wenn sie bei der Arbeit gestört wird«, erklärte er. »Meine
Anwaltspraxis läuft getrennt, sie befindet sich am anderen Ende der Stadt. Da
komme ich eben her. Wie wär’s, wenn wir uns dort unterhielten ?«
    »Aber gern — gehen wir zu
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