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Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel
Autoren: Eloisa James
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Morgen danach mutmaßlich nicht mehr erkennen würde, sollte er jemals so töricht sein, eine Nacht in ihrem Bett zu verbringen. Zu schade, dass diese junge Dame, die von hoher Geburt und unverheiratet war, für ihn nicht infrage kam.
    »Mr Fairfax-Lacy«, sagte sie, und in ihrer Stimme schwang das geübte heisere Timbre der Kokotte mit. »Sehr erfreut.«
    Er streifte mit den Lippen ihren Handrücken. Natürlich trug sie ein französisches Parfüm von der Sorte, die manche Frauen anstelle eines Nachthemdes bevorzugten.
    »Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, erwiderte er. Sie hatte feine, hochgewölbte Brauen, die sie schwarz nachgezogen hatte, was ihr irgendwie gut zu Gesicht stand.
    Da erschien Lady Arabella an seiner Seite. »Aha, wie ich sehe, haben Sie meine
dame de compagnie
bereits kennengelernt«, sagte sie. »Bea, Mr Fairfax-Lacy ist sozusagen der Inbegriff guter Werke. Stell dir nur vor – er ist Mitglied des Parlamentes! Er sitzt im Unterhaus.«
    »Zurzeit«, hörte Stephen sich sagen und fragte sich sofort, was in aller Welt ihn dazu bewogen hatte.
    Lady Beatrix wirkte ob dieser Enthüllung eher gelangweilt, daher verneigte er sich und ließ sie stehen. Er hatte soeben die Gräfin von Godwin auf der anderen Seite des Salons erspäht. Sie wäre durchaus eine Möglichkeit, da sie seit Jahren nicht mehr mit ihrem Gatten zusammenlebte. Zudem war sie auf eine blasse, distinguierte Art schön. Stephen gefiel auch, dass sie ihr Haar in um den Kopf gewundenen Zöpfen trug. Dies zeugte von einer ungeheuerlichen Missachtung der derzeitigen Mode, die vorschrieb, einzelne Locken vor den Ohren herabhängen zu lassen.
    Leider besaß Lady Godwin auch einen untadeligen Ruf. Sie wäre eine Herausforderung. Aber war das nicht genau das, was er suchte? Stephen schritt durch den Salon auf die Dame zu.
    Ein glücklicher Zufall, wie er nur allzu selten zwischen den Geschlechtern auftritt, bewirkte, dass die fragliche Dame eben etwas ganz Ähnliches gedacht hatte.
    Helene, Gräfin von Godwin, hatte Stephen den Salon betreten sehen und sogleich gedacht, wie bemerkenswert gut Mr Fairfax-Lacy aussah. Er hatte das lange, schmale Gesicht und die hohen Wangenknochen des englischen Aristokraten. Zudem war er untadelig gekleidet, eine Eigenschaft, der sie höchste Bedeutung zumaß, denn ihr Richtwert in solchen Dingen war ihr Gemahl. Stephen beugte sich gerade über Esmes Hand und lächelte sie charmant an. Aber er konnte doch wohl nicht an einer Liebelei mit Esme interessiert sein? Unter diesen Umständen!
Alle Männer fliegen auf Esme
, dachte Helene, plötzlich mutlos geworden. Doch dann wurde sie gewahr, dass Mr Fairfax-Lacy die Gastgeberin stehen gelassen hatte und quer durch den Salon auf sie zukam.
    Helene spürte, wie eine verräterische Röte ihr den Hals hochkroch. Selbstverständlich hätte sie den Mann nicht anstarren dürfen wie eine Debütantin. Doch es wäre gewiss von Vorteil, ihn näher kennenzulernen, wenn auch nur aus dem Grund, weil er einer der gewissenhafteren Abgeordneten war. Helenes Vater pflegte zu sagen, dass Fairfax-Lacy sich von allen Abgeordneten am besten auf Getreide verstünde. Doch wichtiger war, dass er so bemerkenswert gut aussah. Sein Haar berührte eben seinen Hals, während Rees es zottelig über die Schultern wachsen ließ, als wäre er ein wildes Tier. Ach, hätte sie doch nur einen Mann wie Mr Fairfax-Lacy und nicht Rees geheiratet!
    Doch nicht in einer Million Jahren hätte Stephen Fairfax-Lacy ein so junges, dummes Ding entführt, wie sie eines gewesen war. Es schien vielmehr wahrscheinlicher, dass er niemals heiraten würde. Der Mann musste doch hoch in den Vierzigern sein.
    Sie sank in einen Knicks. »Ich bin hocherfreut, Sie wiederzusehen, Mr Fairfax-Lacy. Was tun Sie denn hier auf dem Land, während das Parlament tagt? Sie, Sir, sind ja als der resoluteste ›Einpeitscher‹ bekannt!« Sie gestattete Stephen, sie zu einer Polsterbank zu geleiten und neben ihr Platz zu nehmen.
    Er lächelte sie an, doch sein Lächeln reichte nicht bis zu seinen Augen. »Die können mich schon mal für eine Woche entbehren«, sagte er leichthin.
    »Es muss doch sehr kompliziert sein, mit diesen vielen verschiedenen Themen Schritt zu halten«, fuhr Helene fort. Mr Fairfax-Lacy hatte wirklich wunderschöne blaue Augen. In ihnen lagen Klarheit und Offenheit, ganz anders als in dem verschlagenen, finsteren Blick ihres Mannes.
    »Es fällt mir nicht allzu schwer, viele Themen im Auge zu behalten. Aber immer
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