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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade
Autoren: Daniel Annechino
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alles nur noch schwieriger.«
    Genevieve fing an zu schluchzen. » Bitte  … tu mir nichts. Bitte lass mich gehen.«
    Er erhob sich und ging in eine Ecke des Raums. Einige Minuten später kehrte er zu ihrem Bett zurück, wobei er einen Monitor auf einem dreibeinigen Ständer neben sich her schob.
    Â»Ist das ein … Herzmonitor?«, wollte sie wissen.
    Er setzte sich auf die Bettkante und streichelte sanft ihren Arm. »Hast du schon mal den Ausspruch gehört: ›Das Wohl der Allgemeinheit ist wichtiger als das Wohl des Einzelnen‹?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Â»Spock sagte das in einem der Star-Trek -Filme. Aber er hat abgekupfert, denn genau das Gleiche, nur viel kom­plexer und viel philosophischer, hat Aristoteles schon vor Tausenden von Jahren gesagt.«
    Â»Aber was soll der Spruch von Spock überhaupt?«
    Â»Leider stehst du hier für den Einzelnen, Genevieve.«

2    Sami Rizzo hob ihr Weinglas und prostete Alberto Diaz zu. »Auf dich, mein Lieber.«
    Er hob auch sein Glas und stieß vorsichtig mit seinem alkoholfreien Bier gegen Samis Glas mit Merlot. »Ich kann nicht glauben, dass wir schon seit zwei Jahren zusammen sind.«
    Sie fasste über den Tisch und legte ihre Hand auf seine. »Bereust du es?«
    Â»Eigentlich nur, dass ich mich dir nicht schon früher erklärt habe. Wir sollten schon unser viertes gemeinsames Jahr feiern.«
    Â»Alles steht und fällt mit dem richtigen Zeitpunkt. Und deiner war perfekt. Früher wäre ich für mehr als eine Freund ­schaft nicht bereit gewesen.«
    Â»Ich wünschte, ich könnte dir mit einem Glas Wein zuprosten«, meinte er.
    Â»Ich befürchte, dass du und der Alkohol nie wieder Freunde werdet.«
    Â»Alkohol und ich waren niemals Freunde.«
    Wenn er daran dachte, was er ihr gleich erzählen wollte, hätte Al gern einen kräftigen Drink vor sich gehabt. Seit Sami von Simon, dem Serienkiller, in seinem Erlösungsraum als Geisel gehalten und dort wie vier andere Frauen gekreuzigt werden sollte, hatten Al und sie vereinbart, niemals wieder von Simon zu sprechen.
    Doch obwohl sie sich bemüht hatten, die traumatischen Nachwehen in den Begriff zu bekommen, litt Sami immer noch unter heftigen Alpträumen. Allerdings hatte die Häufigkeit enorm abgenommen – dank eines Jahres intensiver Therapie –, doch es verging keine Woche, in der Sami nicht mitten in der Nacht in kalten Schweiß gebadet hochfuhr und hemmungslos am ganzen Körper zitterte. Sie und Al hatten das schon oft genug gemeinsam durchgestanden. Die Erinnerung an ihre Atemnot, als sie an diesem Kreuz hing und ihr Herz wie verrückt hämmerte. Al fragte sich, wie oft sie immer wieder den kalten Stahl fühlte, der durch ihre Handgelenke geschlagen wurde. Wie oft die Träume ihr vor­ gaukelten, dass jemand Nägel durch ihre Füße trieb? Auch nach über hundert Therapiesitzungen hatte sie noch einen weiten Weg vor sich.
    Seit mehreren Tagen hatte Al vor, ihr Versprechen zu brechen und Sami zu fragen, ob sie die Neuigkeiten gehört hatte. Es war überall in den Zeitungen, und jeder Fernsehsender berichtete darüber, aber sie hatte es noch nicht erwähnt. Es war durchaus möglich, dass ihr voller Termin­kalender sie vor aktuellen Ereignissen abschirmte. Sie hatte vier anspruchsvolle Seminare an der San Diego University belegt, kümmerte sich um ihre Tochter und verbrachte viel Zeit mit ihrer Mutter, der es in letzter Zeit nicht besonders gut ging. Doch diese Neuigkeit würde Sami höchstwahrscheinlich interessieren.
    Â»Hast du dir in letzter Zeit die Nachrichten angesehen?«, fragte Al.
    Â»Wann denn? Ich habe ja kaum Zeit, auf die Toilette zu gehen. Und niemand weiß das besser als mein schrecklich vernachlässigter Geliebter.«
    Er musste nicht daran erinnert werden. Sex hatten sie nicht mehr gehabt seit … Wie lange eigentlich, einem Monat, sechs Wochen? Und so sehr Al Sami auch liebte, sie anbetete, dieser platonische Aspekt ihrer Beziehung fing langsam an, ihren Tribut zu fordern. Angelina schlief tief und fest und wachte eigentlich kaum einmal mitten in der Nacht auf. Und da sie heute ihren zweiten Jahrestag gefeiert hatten, hoffte Al darauf, dass sie den Rest des Abends im Bett verbringen würden.
    Â»Simon hat auf eine Berufung verzichtet«, platzte Al her­aus. »Hat irgendeinen Schwachsinn erzählt,
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