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Keine Ferien ohne Pferde

Keine Ferien ohne Pferde

Titel: Keine Ferien ohne Pferde
Autoren: Quinto
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wegzuräumen. „Fertig, Ma“, sagte er. „Brauchst du irgendetwas aus dem Dorf? Ich wollte nämlich jetzt in die Reitschule gehen.“
    Sein Vater war schon vor einer Weile aus dem Haus gegangen. Er arbeitete in dem Bergwerk draußen vor der Stadt und hatte sich schon früh in seinen schweren Bergmannsstiefeln auf den Weg gemacht. Ivor hörte, wie seine Schwester in dem Zimmer über der Küche umherging. Gleich würde sie die Treppe herunterkommen und in aller Eile zur Bushaltestelle laufen. Sie war Friseurin und arbeitete in einem Salon in der Stadt.
    „Du könntest beim Metzger vorbeigehen und Gehacktes mitbringen“, sagte seine Mutter.
    Draußen auf der Straße konnte Ivor schon das Meer riechen. Er fing an zu laufen und dachte dabei an den letzten Sommer – an den Sommer und die Freunde aus der Reitschule und all die Abenteuer, die sie zusammen erlebt hatten. Sie hatten drei Pferde vor einem schrecklichen Ende in einem Schlachthaus in Frankreich bewahrt, und Ivor spürte heute noch das Gefühl von Triumph und Erleichterung, das er damals bei der glücklichen Rettung der Tiere empfunden hatte. ,Das war der beste Sommer meines Lebens‘, dachte er.
    „Du kommst gerade noch rechtzeitig!“, rief Anne Fisher, als er die Reitschule erreicht hatte. „Wir haben auf dich gewartet.“
    „Hallo, Ivor!“ Audrey begrüßte ihn lächelnd.
    Die Reitschule war Ivors zweites Zuhause. Manchmal fühlte er sich hier sogar wohler als daheim in dem modernen Reihenhaus. Seine Schwester konnte ihn nicht verstehen.
    „Wie du wieder riechst!“, sagte sie, wenn er abends aus den Ställen kam. „Ich kann nicht begreifen, was du an diesen Pferden findest. Schon der Geruch würde mich umbringen … Ehrlich, das ist doch nur Zeitverschwendung. Geld kannst du jedenfalls nicht damit verdienen. Da ist ein Friseurladen schon etwas anderes. Das hat Zukunft …“ Und sie musterte ihre sorgfältig lackierten Fingernägel.
    „Was ist schon ein Friseursalon? Fremden Leuten die Haare waschen – das ist doch das Letzte!“
    Jedenfalls war Ivor fest entschlossen, Jockey zu werden. Mit Audreys Hilfe hatte er sich bei einem Reitstall beworben und irgendwann, vielleicht sogar schon im nächsten Jahr, wollte er mit seiner Ausbildung beginnen.
    „Nett, dass ihr gewartet habt.“ Er war ein wenig außer Atem.
    Die Kinder machten sich auf den Weg. Es war ein Morgen wie unzählige andere zuvor. Die Möwen ließen sich im Wind treiben, die Fischerboote kehrten heim, und hinter dem grauen Morgendunst stieg langsam die Sonne auf. Es würde ein schöner Tag werden. Der Tau glitzerte noch in den Spinnweben, als die Kinder den schmalen Pfad zur Weide hinunterliefen. Wie oft waren sie diesen Weg zwischen hohen Hecken schon gemeinsam gegangen … Und doch war heute irgendetwas anders als sonst.
    „Seltsam!“ James runzelte die Stirn. „Habt ihr die Motorradspuren gesehen?“
    „Und das Gatter!“ Maria war ein Stück vorausgelaufen. „Es ist offen!“
    Plötzlich blieben alle wie angewurzelt stehen. Niemand sagte etwas.
    „Hoffentlich sind die Ponys noch da“, meinte Jocelyn schließlich.
    „Hoffentlich …!“
    Die Kinder fingen an zu laufen.
    Ivor fröstelte plötzlich. Der Weg zum Bahndamm war frei, und wenn die Ponys auf die Schienen gelangt waren, wollte er sich lieber nicht ausdenken, was geschehen konnte. ,Das hätten wir gehört‘, dachte er. ,So etwas spricht sich sofort herum. Wahrscheinlich hätte Dad es schon gestern Abend in seiner Stammkneipe erfahren …‘
    „Wenn wir die Ponys nun nicht finden?“, fragte Jocelyn.
    „Was soll Audrey denn tun? Der Unterricht heute morgen ist komplett ausgebucht.“
    James wunderte sich immer noch über die Motorradspuren. „Weiß der Himmel, was die hier gesucht haben – in so einer gottverlassenen Gegend!“
    „Da ist Turpin!“ Maria hatte die Weide erreicht und atmete auf.
    „Gott sei Dank!“
    „Und Frosty … Aber wo sind die anderen?“
    „Vielleicht hinten unter den Bäumen.“ Bromwyn gab sich Mühe, ruhig zu bleiben.
    Die Weide senkte sich zu einem schmalen Fluss hinunter. Auf der anderen Seite lag der Bahndamm. Die beiden Ponys standen unten am Fluss und rührten sich nicht. Beide hatten die Hinterhand angewinkelt, und als sie die Kinder bemerkten, setzten sie sich in Bewegung und suchten das Weite.
    „Habt ihr die leere Flasche neben dem Gatter bemerkt?“, fragte Jocelyn misstrauisch.
    „Ich möchte nur wissen, wo die anderen Ponys sind.“ Maria schaute sich ratlos um.
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