Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa

Titel: Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
Autoren: Dora Heldt
Vom Netzwerk:
nichts. Willst du wirklich mit?«
    Ines betrachtete mich verwundert. »Natürlich komme ich mit. Du hast doch noch nie eine Pension geleitet.«
    »Du etwa?«
    »Natürlich nicht. Aber zusammen kriegen wir das bestimmt irgendwie hin. Du weißt ein bisschen was, ich weiß ein bisschen was
     anderes, und in der Summe muss das dann reichen. Nur du alleine, Schwesterherz, das wird nichts. Du wirst doch immer so schnell
     hektisch.«
    Man konnte meiner kleinen Schwester alle möglichen Dinge nachsagen, aber ganz bestimmt nicht, dass sie unter zu wenig Selbstvertrauen
     litt. Und so nervenschwach, wie sie meinte, war ich auch nicht.
    »Ich habe die Pension damals mit umgebaut. Und außerdem fast drei Wochen lang den gesamten Frühstücksdienst gemacht. Das hat
     ziemlich gut geklappt.«
    »Sag ich doch«, zufrieden sah sie mich an, »ein bisschen was weißt du, das andere ich. Aber du musst morgen früh erst mal
     mit diesem Anwalt telefonieren. Dann wissen wir vielleicht, wie lange das dauert. Wer arbeitet denn noch in der Pension? Ist
     die jetzt geschlossen?«
    »Nein.« Ich überlegte, was mir Marleen alles am Telefon erzählt hatte, bevor sie in den Urlaub geflogen war. »Marleens Tante
     Theda hat die Urlaubsvertretung gemacht. Aber nur bis zum Wochenende. Ansonsten ist Gesa da, das ist die Nachbarstochter,
     die in den Semesterferien immer dort jobbt. Ich kenne sie noch vom Umbau. Und außerdem gibt es eine ältere Frau, eine Adelheid,
     die arbeitet da vormittags. Aber erst seit einem halben Jahr.«
    »Dann musst du morgen Gesa anrufen. Wer war denn noch in der Umbauzeit dabei? Wer könnte zusätzlich mithelfen?«
    Ein hysterischer Lachkoller stieg in mir auf. Die Truppe damals bestand aus Marleen, meiner Freundin Dorothea, deren Sommerflirt
     Nils und vier Rentnern. Der Anführer war mein Vater Heinz. Noch einmal würde ich diese Konstellation nicht überleben.
    Ines schien meine Gedanken zu erraten. »Ach je, Papa war ja dabei. Und noch ein paar ältere Männer, oder?«
    Ich nickte. »Ja. Und dann noch dieser unsägliche Inselreporter Gisbert von Meyer. Der hing auch jeden Tag auf der Baustelle
     herum. Vergiss es, die Einzige, die wir anrufen können, ist Gesa. Und im Moment habe ich keine Ahnung, was wir uns für eine
     harmlose Geschichte ausdenken sollen. Wieso darf denn keiner wissen, wo Marleen ist?«
    Meine Schwester starrte lange auf die Wand hinter mir. Dann kehrte ihr Blick zu mir zurück. Leise sagte sie: »Kalli wohnt
     auf Norderney.«
    Ich hielt kurz die Luft an, dann griff ich nach ihrem Handgelenk.
    »Ines, wir müssen uns eine ganz wasserdichte Geschichte ausdenken. Wenn wir Kalli zufällig treffen, soll er denken, wir machen
     da ein paar Tage Ferien oder so etwas Ähnliches. Aber bitte, egal was passiert, kein Wort zu Papa! Sonst ist er mit der nächsten
     Fähre da. Und das halte ich nicht aus, ich schwöre es dir. Das halten wir beide nicht aus!«
    Wir sahen uns lange an. Ines nickte ernst und rieb ihr Handgelenk.

Am nächsten Mittag stand ich zum dritten Mal im Bad, um irgendetwas zu holen, und hatte schon wieder vergessen, was es eigentlich
     war. Ich hatte ein ganz warmes Ohr vom stundenlangen Telefonieren und war vollkommen neben der Spur. Nachdem ich mein Spiegelbild
     erschrocken gemustert hatte, beschloss ich, mir einen Kaffee zu kochen, mich damit auf den Balkon zu setzen und eine Liste
     zu schreiben, um das Durcheinander in meinem Kopf einigermaßen zu sortieren. Ich schrieb in Krisensituationen immer Listen.
     Meine Schwester fand das albern, sie meinte, in der Zeit, die ich darauf verwendete, alles aufzulisten, hätte sie die gesamte
     Problematik schon zweimal gelöst. Ich hielt das für Unsinn.
    Mit einem Blick auf den Kirchturm vor meinem Haus und einem kleinen Stoßgebet in dieselbe Richtung strich ich das Blatt Papier
     glatt und begann:
     
    1.) Meine langjährige und beste Freundin Marleen hat eine Reise nach Dubai gebucht, zusammen mit ihrem neuen Freund Björn,
     von dem außer mir noch niemand weiß. Von dieser Reise sollte sie eigentlich diese Woche zurückkehren, das tut sie aber nicht.
    2.) Stattdessen sitzt sie jetzt aus Gründen, die mir völlig schleierhaft sind, dort fest.
    3.) Rechtsanwalt Kühlke aus Oldenburg blieb ganz locker, als ich ihn heute Morgen anrief, und hat sofort etwas unternommen.
    4.) Die deutsche Botschaft wurde eingeschaltet, die wiederumeinen Anwalt aus Dubai mit deutschen Sprachkenntnissen beauftragt hat, sich um den Fall zu kümmern. Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher