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Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa

Titel: Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
Autoren: Dora Heldt
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sammelte die Gurkenscheiben aus ihrem Salat und legte sie mir ungefragt auf den Teller. Sie hasste Gurken, ich mochte
     sie auch nicht besonders gern, aß sie aber trotzdem für sie. Seit sie wusste, was eine Gurke ist, machten wir das so.
    »Papa findet die Situation hoch kompliziert. Er hat erklärt, dass er Johann ja ganz nett findet, aber sein Ehrgeiz wäre doch
     ein bisschen eigenartig. Fast schon krankhaft.«
    »Meine Güte. Ich glaube, mehr will ich von seinen Überlegungen gar nicht wissen. Sonst kommen gleich Johanns ›tückische Augen‹
     wieder ins Spiel.«
    Ich öffnete die neue Weinflasche und holte zwei frische Gläser aus dem Schrank. Statt über unseren Vater zu reden, solltenwir uns lieber gepflegt betrinken. Das würde vieles einfacher machen.
    Ines drückte den Korken in den Sonderangebotswein und meinte: »Damit kannst du jetzt Rotweinkuchen backen. Den musst du ja
     nicht wegschütten. Im Kuchen merkt man überhaupt nicht, wie schlecht der ist. Du nimmst einfach ein bisschen mehr Schokolade.
     Das geht bestimmt.«
    Manchmal fragte ich mich, was Ines antrieb, alles an Getränken und Lebensmitteln, was ihr unter die Finger kam, zu konservieren
     oder zu verarbeiten. Sie war doch kein Flüchtlingskind, das drei Jahre lang durch halb Europa zu Fuß unterwegs gewesen war,
     immer auf der Suche nach Beeren und Blättern, getrieben vom Hunger und Überlebenskampf. Sie tat aber so. Es war mir ein Rätsel.
     Aber es war zwecklos, darüber mit ihr zu diskutieren.
    Ich arbeitete mich durch die Gurkenschicht auf meinem Salat und hoffte, dass Ines das Thema wechseln würde. Sie tat es nicht.
    »Jedenfalls hat Papa dann die glorreiche Idee gehabt, dass wir beide doch ein paar Tage zusammen verreisen könnten. Du kannst
     dir in aller Ruhe Gedanken über deine Zukunft machen, und ich vertreibe dir dabei die Zeit. Papa zahlt auch was dazu.«
    »Er macht was?« Ich glaubte, mich verhört zu haben.
    Ines hatte das Glas schon fast ausgetrunken. »Der schmeckt besser. Der ist sogar richtig gut. Kann ich noch was haben?«
    »Trink doch erst mal aus.«
    Sie tat es mit einem Schluck und hielt mir das leere Glas hin. Bei Katzen nannte man das Futterneid. Bei Ines war es wohl
     etwas anderes. Ich ertappte mich dabei, dass auch ich mein Tempo beim Essen und Trinken beschleunigte. Aber eigentlich waren
     wir bei einem anderen Thema.
    »Was meintest du jetzt mit ›Papa zahlt was dazu‹?«
    Treuherzig sah Ines mich an. »Na ja, habe ich doch erzählt:Er hat gesagt, ich soll mit dir ein paar Tage wegfahren, damit du auf andere Gedanken kommst. Daraufhin habe ich geantwortet,
     dass du bestimmt sagen wirst, du hättest kein Geld. Und ich sehe ja nicht ein, dass ich so ein Rettungspaket bezahlen soll.«
    »Ines!«
    »Genau dasselbe hat Papa auch gesagt.« Sie grinste. »Ich habe ihm aber ganz freundlich erklärt, dass ich mein Geld zum Segeln
     bräuchte. Der Törn ist nämlich teuer. Deswegen habe ich ihm vorgeschlagen, dass er das ja sponsern kann. Wollte er dann auch.
     Wobei er immer nur von ein paar Tagen geredet hat.«
    »Aber doch keine zwei Wochen?«
    Mein Glas war jetzt auch leer. Wir griffen gleichzeitig zur Flasche, ich war schneller und schenkte mir nach. Ines hob ihr
     halb volles Glas und musterte kurz den Inhalt der Flasche.
    »Prost. Ich habe ihn gestern Abend angerufen und ihm erzählt, dass mein Segeltörn geplatzt ist, weil das Boot einen Motorschaden
     hat. Ich könnte jetzt aber mit dir zwei Wochen Urlaub machen. Und da wäre Dänemark doch sehr schön, das würde ihn aber ein
     bisschen was kosten.« Sie trank aus und zog die Flasche zu sich.
    »Und?«
    Während sie lächelnd ihr Glas sehr voll goss, antwortete sie: »Er hat gesagt, wir sollen es machen. Hauptsache, es hilft.
     Und wir könnten ja Lebensmittel mitnehmen und bräuchten nicht jeden Tag essen zu gehen.« Sie sah mich gut gelaunt an und legte
     den Kopf schief. »Wir können dein Auto nehmen. Mein Kofferraum ist so klein.«
    Das war typisch für meine Schwester. Ich schob die letzten Gurken zur Seite.
    »Das heißt, du sparst dein Urlaubsgeld für den nächsten Segeltörn und lässt dir von Papa den Ersatzurlaub bezahlen, weil du
     mich auf andere Gedanken bringen sollst?«
    Ines nickte. »So ungefähr. Das ist doch nett von ihm.«
    »Du fährst nur mit mir, weil er das
bezahlt

    »Nein«, mit hochgerecktem Kinn sah sie mich an. »Weil er das
will
. Ist die Flasche schon wieder leer?«
     
    Eine weitere Flasche und eine Stunde später
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