Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Leben ohne Hund

Kein Leben ohne Hund

Titel: Kein Leben ohne Hund
Autoren: Koerzdoerfer Norbert
Vom Netzwerk:
weichen Lippen zu setzen.
    Da zuckte ein Blitz in mein Herz.
    Aus einer Ecke guckten mich zwei Maulwurfsäuglein an – mit Batman-Öhrchen, hoch, aber abgeknickt. Der Vampir-Kopf war leicht schräg verdreht. Kleine, spitze Zähne grinsten.
    Dieses Wesen sollte unser Leben verändern – jahrelang.
    Ein Findelhund.
    Ein vierbeiniger schwarzer Engel.
    Ein schwarzes Wollknäuel, das im Musikbeat zitterte und in der Ecke kauerte, hilflos, verängstigt, allein gelassen.
    Die Beine staksten wie vier schwarze Mont-Blanc-Füller.
    Am Popo ringelte sich ein Spanferkel-Schwänzchen.
    Aus 100-Watt-Boxen vibrierte dröhnende Donner-Discomusik: «I want to see more happy people …«
    Ich sah nur ein verlorenes Hundebaby, das keine Hände hatte, um sich die Öhrchen zuzuhalten.
    Ein zitternder Welpe unter 30 tanzenden Menschen.
    Na ja. Es gab noch zehn andere Hunde – weil glückliche Landmenschen eben Hunde haben. Und ein Hängebauchschwein. Und einen Esel. Und draußen am See auch Rehe und Hirsche und Nebel.
    Aber dieses faustkleine Fellknäuel war das kleinste und ärmste Wesen in dieser wunderschönen Welt ohne Sorgen.
    Es blickte mit Bambi-Augen zu den hüpfenden Zweibeinern hoch und begann die Welt zu entdecken.
    Es tippelte auf dem vibrierenden Parkett durch das Labyrinth der zuckenden Miniröcke.
    Keiner kümmerte sich um das Knäuel.
    Nur der weiße Labrador namens Berta stupste es mit der roten Nase zärtlich Richtung Küche – das Paradies der Stille, wo alle Näpfe dufteten. Eine Zwischenwelt.
    Es war vier Uhr früh. Die Männer tranken Bier. Die Frauen brutzelten Fondue in der gekachelten Küche. Einige schliefen schon oder liebten sich noch – wie die Besitzer des Knäuels.
    Aber sie hatten den Hund in ihrem Glück vergessen.
    Er hieß Ruby – englisch für »Rubin«.
    Ruby war ein Waisenbaby – ein drei Wochen alter Jack-Russell-Mischling. Ein Mädchen.
    Grausame Menschen hatten Ruby und ihre zwei Schwestern in einem Korb an einer Straße im Osten ausgesetzt.
    Gute Menschen hatten sie gefunden, aufgeklaubt und ins Tierheim gebracht.
    Das ist die Endstation aller ungeliebten Hunde, aber auch eine gütige Wiege für weiche Herzen.
    Ruby schaffte es raus aus dem Käfig.
    Sie war bei guten Menschen.
    Aber Ruby war allein und ungeliebt.
    Denn sie bohrte ihre milchigen Welpen-Zähnchen testend in alles, was lebte – auch in die Finger der ängstlichen Tochter ihrer Retter. Das Kind weinte und hatte Angst. Die Eltern dachten daran, Ruby wieder zurückzuschicken – zurück in das Heim der Tiertränen, zurück in keine Zukunft.
    Es war fünf Uhr – und alle waren happy und tranken Kaffee.
    Ein neues Jahr dämmerte.
    Alles fing neu an. Alles war unschuldig. Alle waren unbekümmert.
    Alle fassten neue Vorsätze. Alle?
    Die feinen Finger meiner Frau hatten Ruby von den kalten Fliesen aufgehoben.
    Ruby kuschelte sich in der warmen Nische der Holzeckbank an sie und hatte ihre daumengroße Stupsnase in den warmen Schoß von »Frauchen« gelegt.
    Es war Liebe auf den ersten Stups.
    Der liebe Gott würfelt nicht. Es gibt keine Zufälle.
    Als der Morgen graute, dämmerte unsere Zukunft.
    An diesem 1. Januar fiel der Satz, der unser Leben glücklicher machen sollte.
    Meine Frau seufzte zu Annie, unserer tiervernarrten Gastgeberin:
    »Och! Ich würde Ruby so gern mit nach Hause nehmen …«
    Ich wusste noch von nichts.
    Ich wollte nur drei Dinge im Leben:
Eine blonde Frau
Einen blonden Golden Retriever
Ein Haus am Meer
    Beim Champagnerfrühstück nahm mich meine Frau (langes, seidiges braunes Haar) in ihre Arme und guckte mit ihren bambi-braunen Augen in meine wolfsgrau schmunzelnden Promille-Pupillen:
    »Schnuffel, du wolltest doch immer einen Hund. Können wir Ruby nicht mit heim zu uns nehmen?« (Unser Heim war eine Mietwohnung im 3. Stock, ohne Lift.)
    Weil ich ein Fatalist mit schicksalsergebenem Herzen bin und lieber Ja sage als Nein und nicht wusste, dass Welpen 999 Mal pro Tag Gassi gehen müssen, juchzte ich mit mildem Restalkohol im sprudelnden Blut: »Ja, warum denn nicht?«
    In solch winzigen Augenblicken werden Dynastien gezeugt, Kriege verloren – oder gutmütige Männer in 17-jährige Sklaverei geschickt.
    Wie ich.
    Plötzlich verbiss sich etwas in meinem großen Zeh.
    Es war das schwarze Knäuel.
    Frauchen küsste mich.
    Ruby biss mich.
    Ich schenkte mir ein großes kaltes Bier ein, streichelte meinen kleinen Sklaventreiber und überlegte, wie sich mein Leben wohl verändern würde.
    Ruby sollte der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher