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Kein Land für alte Männer

Kein Land für alte Männer

Titel: Kein Land für alte Männer
Autoren: Cormac McCarthy
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entfernt auf dem Schwemmland standen drei Fahrzeuge. Er senkte das Fernglas und ließ den Blick über die Landschaft als Ganzes gehen. Dann hob er das Fernglas wieder. Es sah so aus, als lägen dort Männer auf dem Boden. Er stemmte die Stiefel in das Geröll und stellte das Fernglas schärfer. Bei den Fahrzeugen handelte sich um allradgetriebene Pick-ups oder Broncos mit großen Geländereifen, Winde und aufs Dach montierter Scheinwerferleiste. Die Männer schienen tot zu sein. Er senkte das Fernglas, hob es wieder, senkte es erneut und saß einfach nur da. Nichts rührte sich. Er blieb lange Zeit sitzen.
Als er sich den Pick-ups näherte, hatte er die Büchse von der Schulter genommen und hielt sie entsichert auf Hüfthöhe in der Armbeuge. Er blieb stehen. Er musterte das Gelände, dann musterte er die Fahrzeuge. Sie waren völlig zerschossen. Zum Teil bildeten die Einschusslöcher im Karosserieblech regelmäßige, lineare Muster, was ihm verriet, dass sie von automatischen Waffen stammten. Die Scheiben waren größtenteils herausgeschossen, die Reifen platt. Er stand da. Lauschte.
Im ersten Fahrzeug war ein Mann tot über dem Lenkrad zusammengesunken. Dahinter lagen zwei weitere Leichen im schütteren gelben Gras. Getrocknetes Blut schwarz auf dem Boden. Er blieb stehen und lauschte. Nichts. Das Summen der Fliegen. Er ging um das Heck des Pick-ups herum. Dort lag ein großer, toter Hund von derselben Art wie der, den er das Schwemmland hatte durchqueren sehen. Der Hund hatte einen Bauchschuss. Dahinter lag mit dem Gesicht nach unten eine dritte Leiche. Durch das Fenster betrachtete er den Mann in der Fahrerkabine. Er war durch den Kopf geschossen worden. Überall Blut. Er ging zum zweiten Fahrzeug, aber es war leer. Er ging zu der Stelle, wo die dritte Leiche lag. Im Gras lag eine Schrotflinte mit kurzem Lauf, Pistolengriff und einem Trommelmagazin für zwanzig Schuss. Mit der Stiefelspitze stieß er den Mann am Fuß an und musterte die umliegenden flachen Hügel.
Das dritte Fahrzeug war ein Bronco mit hochgelegter Federung und dunklen Rauchglasscheiben. Er öffnete die Fahrertür. Auf dem Sitz saß ein Mann, der ihn ansah.
Moss stolperte zurück und hob die Büchse. Das Gesicht des Mannes war blutig. Er bewegte mühsam die Lippen. Agua, cuate, sagte er. Agua, por dios.
Auf seinem Schoß lag eine kurzläufige Heckler & Koch-Maschinenpistole mit einem Schulterriemen aus schwarzem Nylon, und Moss griff danach, nahm sie an sich und trat zurück. Agua, sagte der Mann. Por dios.
Ich hab kein Wasser.
Agua.
Moss ließ die Tür offen, hängte sich die Heckler &. Koch über die Schulter und entfernte sich. Der Mann folgte ihm mit den Augen. Moss ging um den Kühler des Wagens herum und öffnete die Beifahrertür. Er löste den Entriegelungshebel und klappte den Sitz nach vorn. Der Stauraum dahinter war mit einer silbermetallicfarbenen Plane abgedeckt. Er zog sie zurück. Eine Ladung ziegelsteingroßer Päckchen, jedes in Plastik eingeschweißt. Ein Auge auf den Mann gerichtet, zückte er sein Messer und schlitzte eines der Päckchen auf. Ein loses braunes Pulver rieselte heraus. Er leckte den Zeigefinger an, steckte ihn in das Pulver und roch daran. Dann wischte er sich die Finger an der Hose ab, zog die Plane wieder über die Päckchen, trat zurück und blickte abermals in die Runde. Nichts. Er ging ein Stück weit vom Wagen weg, blieb stehen und suchte mit dem Fernglas die flachen Hügel ab. Den Höhenzug aus Lavagestein. Das Flachland im Süden. Er zog sein Taschentuch, ging zurück und wischte alles ab, was er angefasst hatte. Den Türgriff, den Entriegelungshebel des Sitzes, die Plane und das Plastikpäckchen. Er ging um den Wagen herum auf die andere Seite und wischte auch dort alles ab. Er überlegte, was er vielleicht sonst noch angefasst hatte. Er ging zurück zum ersten Pick-up, machte mit dem Taschentuch die Tür auf und schaute hinein. Er öffnete das Handschuhfach und schloss es wieder. Er musterte den Toten am Steuer. Er ließ die Tür offen und ging um den Wagen herum auf die Fahrerseite. Die Tür war voller Einschusslöcher. Die Windschutzscheibe. Kleines Kaliber. Sechs Millimeter. Vielleicht Viererschrot. Bildeten regelrechte Muster. Er öffnete die Tür und drückte den Fensterheber, aber die Zündung war nicht eingeschaltet. Er schloss die Tür, stand da und musterte die flachen Hügel.
Er ging in die Hocke, nahm die Büchse von der Schulter, legte sie ins Gras, nahm die Maschinenpistole und schob mit
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