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Kein Fleisch macht gluecklich

Kein Fleisch macht gluecklich

Titel: Kein Fleisch macht gluecklich
Autoren: Andreas Grabolle
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benachbarten Ackerbauern und Viehzüchtern. Als »lebende Fossilien« taugen sie daher nicht. Offensichtlich ist der moderne Mensch in Ernährungsfragen ebenfalls äußerst flexibel und kann sich gut an das vorhandene Nahrungsangebot in unterschiedlichsten Regionen anpassen. Das zumindest dürfte er mit seinen Vorfahren gemein haben.
    Gesundheitsfragen
    Es ist sehr zweifelhaft, ob uns die Ausrichtung nach der sogenannten Steinzeiternährung unter den heutigen westlichen Lebensbedingungen – mit vergleichsweise wenig Bewegung und wenig körperlicher Arbeit – weiterhelfen kann. Dabei stellt sich nicht nur die Frage, ob sie überhaupt gesund für uns wäre, sondern auch, ob sie es jemals war. Denn genetische Anpassungen sind zwar statistisch gesehen für die erfolgreiche Fortpflanzung förderlich, aber nicht unbedingt für die Gesundheit im Alter oder für ein langes Leben – und die Folgen vieler ernährungsbedingter Krankheiten zeigen sich eben erst in späteren Lebensabschnitten. Heutige Wildbeutergesellschaften kennen die typischen chronisch-degenerativen Wohlstandserkrankungen wie Typ-II-Diabetes, Arteriosklerose und Fettleibigkeit zwar kaum, unklar ist aber, welchen Anteil ihre möglicherweise »steinzeitliche« Ernährungsweise daran hat. Auch unter den traditionellen Ackerbauern aus Peru und Mexiko mit ihrer kohlenhydratreichen Kost aus Getreide und Knollen tauchen diese Erkrankungen selten auf. Vermutlich wirkt sich der gesamte Lebensstil in Kombination mit einer knapp gehaltenen Energiezufuhr und viel Bewegung positiv auf die Gesundheit aus.
    Weniger gesundheitsfördernd als lange angenommen scheint hingegen die enorm fleisch- und fischreiche Kost der ursprünglich lebenden Bevölkerung rund um den Polarkreis, zum Beispiel die der Inuit, zu sein. Die verbreitete These, dass traditionell lebende Inuit seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, hat sich als sehr fragwürdig erwiesen. Diese Inuit sterben sogar öfter an Schlaganfällen als Menschen in Bevölkerungsgruppen mit westlichem Lebensstil.
    Zwei Wochen nach meiner archaischen Fleischlust-Erfahrung mache ich die Probe aufs Exempel und lasse auf dem Teller meiner hungrigen Tochter fünf Stücke der fleischlichen Räucherknacker gegen ebenso viele einer rein pflanzlichen Wurst aus Weizenprotein antreten. Nun, gegessen hat sie alle, nur wollte sie danach unbedingt noch mehr vom Knacker. Ob das ein natürliches – im Sinne von evolutionär erworbenes – Verhalten ist, scheint mir ziemlich unerheblich zu sein. Zu wissen, wie die Menschen vor Tausenden von Jahren lebten, ist für mich nicht so wichtig. Wichtiger ist es für mich, zu wissen, wie die Tiere leben, deren Fleisch wir heutzutage essen. Das will ich mir genauer ansehen.

Bauernopfer
    Von Mastställen, Schlachthöfen und dem Tod auf der Weide
    Auf jeden Fall lautet die entscheidende Frage nicht, ob Fleisch ohne Leiden produziert werden könnte, sondern ob das Fleisch, das wir kaufen, ohne Leiden produziert wurde.
    Peter Singer, australischer Philosoph und Ethiker, in Praktische Ethik
    Übler Gestank schlägt mir entgegen, als ich den Container öffne. Die Tiere leben ja noch, denke ich beim ersten Blick auf die Puten, die hier drin gelandet sind – als Ausschuss aus der Mast. Die einzigen Tiere, die sich da bewegen, sind allerdings nur Maden in ziemlich großer Zahl. Den Kadavergeruch schleppe ich mit ins Auto. Der schnittige neue BMW des Tierschützers scheint so gar nicht zu unserem Vorhaben zu passen. Wir wollen hier im Landkreis Cloppenburg, dem »Herzen« der industriellen Tierhaltung, Mastställen einen Besuch abstatten. »Ist nur geliehen, aber es gibt Situationen, in denen ein schnelles Auto vorteilhaft ist«, sagt Jan Peifer, der seit vielen Jahren als investigativer Journalist in Tierhaltungsbetrieben filmt. Immer mal wieder fragt er freundlich an, ob er Ställe anschauen darf, aber die Mäster scheuen die Öffentlichkeit und gewähren keinen Einblick. Also filmt er weiterhin ohne Genehmigung. Da macht er sich nicht nur Freunde, doch nur selten kam es bei seinen Recherchen zu unangenehmen Begegnungen. »Ich bin ein Schisser«, meint Jan. Für mich schwer vorstellbar bei diesem Job. Neben der Tierquälerei ärgert ihn besonders die gezielte Verbrauchertäuschung der Fleischindustrie, die den Konsumenten glauben lässt, die Produkte seien natürlich und hochwertig. Daher dokumentiert er die Missstände in der Tierhaltung, die sich hinter den meist nach Bauernhofidyll klingenden
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