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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen
Autoren: Jack Vance
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Großliga-Verfahrens war ewiges Leben.
    Nach Bekanntgabe dieser Tatsache kam es zu Ausschreitungen der zornigen Bürger von Clarges. Hatte man denn keine Konsequenzen aus den Erfahrungen während des Großen Hungers gezogen? Der Protest war heftig: Hundert Pläne wurden entwickelt, hundert gegensätzliche Vorschläge unterbreitet. Schließlich entwarf man das Ehrlichspiel-Gesetz, das auf widerwillige Zustimmung stieß. Die Neuregelung bestand im wesentlichen darin, öffentliche Verdienste mit zusätzlichen Lebensjahren zu belohnen.
    Man legte fünf Einstufungsphylen beziehungsweise Leistungsebenen fest: Basis, Zweite, Dritte, Vierte, Fünfte. Basis bezeichnete man gemeinhin als Schwarm, Zweite als Keil, Dritte gelegentlich als Abgefeimt, und Vierte als Rand. Als die ursprüngliche Forschergruppe des Großligainstituts die Amarant-Gesellschaft gründete, wurde Fünfte zu Amarant.
    Das Ehrlichspiel-Gesetz legte die Bedingungen für den Aufstieg genau fest. Ein Kind wurde ohne Phylenzuordnung geboren. Hatte es das sechzehnte Lebensjahr erreicht, konnte es sich jederzeit in der Einstufung Schwarm registrieren lassen, womit es sich den Bestimmungen des Ehrlichspiel-Gesetzes unterwarf.
    Zog es ein Clarges-Bürger vor, sich nicht registrieren zu lassen, so drohte ihm deshalb keine Strafe, und er lebte ein natürliches Leben bis zum durchschnittlichen Alter von 82 Jahren – ohne die Verlängerung durch die Großliga-Behandlungen. Diese Personen waren die »Lulks« und nahmen einen nur geringen gesellschaftlichen Rang ein.
    Nach dem Ehrlichspiel-Gesetz wurde die Lebensdauer eines Schwarm gleichgesetzt mit der durchschnittlichen Lebenserwartung eines Nicht-Registrierten – etwa 82 Jahre. Erreichte jemand die Einstufung Keil, so erhielt er die Institutbehandlung, die den Alterungsprozeß stoppte und ihm zehn zusätzliche Lebensjahre gewährte. Mit der Erlangung von Dritte winkten sechzehn weitere Jahre, und Rand brachte noch einmal zwanzig. Der Durchbruch zur Einstufung Amarant bedeutete die größte Belohnung.
    Die Bevölkerung der Enklave belief sich damals auf zwanzig Millionen, und das tolerierbare Maximum wurde auf fünfundzwanzig Millionen geschätzt. Diese Höchstzahl an Einwohnern würde sehr rasch erreicht sein, und man sah sich einem genauso schwierigen wie unangenehmen Problem gegenüber: Was sollte geschehen, wenn ein Angehöriger einer Einstufungsphyle sein zulässiges Höchstalter erreicht hatte? Emigration war eine zweifelhafte Lösung. Clarges war in der ganzen Welt verhaßt, und die Barrieren zu überschreiten hieß, sich dem Risiko eines jähen Todes auszusetzen. Dennoch wurde ein Emigrationsbeamter mit der Klärung dieser Frage beauftragt.
    Der Auswanderungsbeamte erstattete seinen Bericht während einer recht ungemütlichen Sitzung des Pyrtaneon.
    Es gab fünf weitere Regionen auf der Erde, die innerhalb ihrer Grenzen eine, wenn auch nicht besonders hochentwickelte Art Zivilisation aufrechterhielten: Kypre, Sous-Ventre, das Gondwanesische Imperium, Singhalien und Nova Roma. Keines dieser Gebiete wollte eine Einwanderung zulassen, es sei denn auf der Basis von Gegenseitigkeit, und dadurch fiel das Projekt der Undurchführbarkeit anheim.
    Die Enklave hätte ihre Grenzen auch mit Waffengewalt ausdehnen können, bis die Region Clarges, als logisches Ende dieses Vorgangs, die ganze Welt umfaßte – doch damit wäre das eigentliche Problem nur vertagt worden.
    Das Pyrtaneon hörte niedergedrückt zu und ergänzte das Erlichspiel-Gesetz. Der Emigrationsbeamte erhielt die Anordnung, dem grundlegenden Zweck der Bestimmung Genüge zu verschaffen. Kurz gesagt: Er wurde ermächtigt, jeden Einwohner, der sein zulässiges Höchstalter erreicht hatte, vom Leben zum Tode zu befördern.
    Die Gesetzesänderung wurde nicht ohne böse Ahnungen gebilligt. Manche erachteten die Zusatzklausel als unmoralisch und sittenwidrig, andere aber beriefen sich auf die nachweisbaren Gefahren von Überbevölkerung. Sie betonten, jeder Mensch habe die freie Wahl: Er könne sich für die natürliche Lebensspanne entscheiden oder alles auf eine Karte setzen und dadurch vielleicht in eine hohe Einstufungsphyle aufsteigen. Wählte er letzteres, so ging er damit einen klar umrissenen Kontrakt ein, und wenn seine Frist abgelaufen war, dann wurde ihm nur das abverlangt, was vertraglich vereinbart war und ihm ohnehin nur begrenzte Zeit zur Verfügung stand. Er verlor nichts – und konnte den kostbarsten Schatz gewinnen, der überhaupt vorstellbar
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