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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela
Autoren: Sabine Dankbar
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zuvor als Trost und Rückzug. Nicht selten überkamen mich die Tränen, wenn ich allein in einer Bank saß. Es waren Tränen der Erleichterung, ich fühlte mich in diesen Momenten so überhaupt nicht mehr allein. Gott war bei mir, das spürte ich.
    Der Weg rief mich. Oft musste ich an das Gelesene denken, sah die in den Büchern gezeigten Bilder plastisch vor mir: Die roten Klatschmohnfelder, die Weinberge, durch die sich der Weg hindurchschlängelte, die Pilgerrucksäcke mit den Jakobsmuscheln, aber für mich kam es wegen der äußeren Umstände einfach nicht in Frage. Der Satz »wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg«, er traf damals nicht auf mich zu. Mein Wille war hier nicht entscheidend, obwohl ich ein sehr willensstarker Mensch bin. Hürden, die sich in meinen Weg stellen, werden ausgeräumt. Woran fehlte es mir nun? War es mangelnder Mut gegenüber dem völlig Unbekannten, der mich zögern ließ? War mir mein Verstand im Weg? Wie so oft jagte ein Gedanke den anderen. Ordneten sich mein Herz und mein Bauchgefühl meinem Pflichtbewusstsein unter? Heute weiß ich, dass es genau das war, was mich ab hielt. Ich hatte das Gefühl, wenn ich mir diesen Traum erfülle, verhalte ich mich egoistisch, lasse die anderen im Stich. Die anderen, das waren in erster Linie mein ältester Bruder, der als Geschäftsführer die Firma leitet und meine unmittelbaren Mitarbeiter. Auch meinen Vater, der in der Firma nicht mehr aktiv war, wollte ich nicht enttäuschen. Der Verantwortung, die mir übertragen worden war, wollte ich in jedem Fall gerecht werden. Deshalb las ich einfach weitere Bücher über den Jakobsweg, das war schließlich fast dasselbe. Oder nicht?
    Im August des nachfolgenden Jahres passierte etwas, was meine damalige Gefühlswelt in andere Bahnen lenkte und mir ganz neue Energien schenkte. Ich verliebte mich wieder. Während eines kurzen Urlaubes lernte ich einen wunderbaren Mann mit seiner Tochter kennen. Ich schwebte über den Wolken, da ich endlich das Gefühl hatte, angekommen zu sein. In einer E-Mail an ihn zitierte ich daher auch eine entsprechende Textzeile: »Alles wirkliche Leben ist Begegnung.« Unsere Beziehung empfand ich als Begegnung, die sich auf vielfältige Weise ausdrückte, durch unterschiedliche Spielarten und viele Facetten. Ich empfand unser Zusammensein als etwas ganz Besonderes, da ich sehr viel Zärtlichkeit, Fürsorge und auch Vertrauen verspürte. Wir diskutierten über alles und jedes, besprachen unseren Alltag miteinander, erzählten uns von unseren Sorgen und Ängsten. Wir waren uns sehr nahe, sowohl geistig wie körperlich. Mit seiner Tochter verstand ich mich ebenfalls sehr gut und wurde von ihr sehr schnell akzeptiert. Die ersten Wochen waren sehr harmonisch, problematisch war nur, dass wir eine Fernbeziehung führten. Unsere Heimatstädte waren nicht wirklich weit voneinander entfernt, aber wiederum auch nicht so nah, dass man mal kurz zueinander fahren konnte. Genau hier begann unser Problem, das heißt aus meiner Sicht war es ein Problem. Ich verspürte den immer stärker werdenden Wunsch mehr Zeit miteinander zu verbringen und wollte unsere Wochenenden langfristiger planen. Durch unsere sehr zeitintensiven Berufe war es nicht selbstverständlich jedes Wochenende gemeinsam zu verbringen. Walter berät und coacht als Diplomsoziologe Unternehmen und Einzelpersonen, er war ständig unterwegs. Auch seine Tochter mussten und wollten wir mit einbeziehen. Dadurch entstanden Stresssituationen, wer sollte fahren, wer konnte fahren, alleine darüber nachzudenken und zu sprechen war für ihn schon mit Anspannung verbunden. Ich interpretierte dies als Zurückweisung und mangelnde Zuneigung, mein altes Gedankenmuster, geprägt durch die früheren Erfahrungen, kam wieder zum Vorschein. Ich begann mir unserer Beziehung nicht mehr sicher zu sein und er bestätigte mir dies auch indirekt in einem unserer Gespräche: »Ich kann so schnell nicht von Liebe reden, ich empfinde das Hier und Jetzt als wunderschön, aber über die Zukunft bereits zu sprechen, das ist mir nicht möglich. Ich habe mich auch am Anfang nicht Hals über Kopf in dich verliebt.« Dies nagte sehr an mir, vor allem weil ich sein Verhalten mir gegenüber als komplettes Gegenteil empfand, wertschätzend und liebevoll. Gerade deshalb hielt ich an uns fest. Ich vermisste zwar einiges, aber ich bekam auch sehr, sehr viel und mir machte es so viel Freude mich und meine Gefühle zu verschenken.
    Mit meinem Berufsleben haderte ich immer
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