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KALTHERZ

KALTHERZ

Titel: KALTHERZ
Autoren: Irmgard Schürgers
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drücken will, dann ist der Satz ‚er macht hauptnix’ zum g e flügelten Wort geworden. Es ist ihre Spezial i tät, die Wörter auf das Wesentliche zu verkürzen.“ Damit schob er Bärbel en d gültig zur Tür hinaus. Dagmar Pohl lächelte ihr zu.
    Bärbel lachte auch schon wieder. „Gute Nacht und b e such mich bald wieder“, rief sie Katja zu und winkte. Ma g nus Knab schloss die Tür hinter ihr.
    „Freude und Leid und das Lachen und Weinen liegen bei den B e hinderten nahe beieinander“, wandte er sich an Katja, „und sie lassen ihren Gefühlen immer freien Lauf.“ Ein Handy klingelte. Dagmar Pohl nestelte ihr Handy aus der Hosentasche und machte eine entschuldigende Han d bewegung. Sie nahm das Gespräch an und ging aus dem Zimmer. Katja hatte einige Male zu Gertrud Wagner g e schaut, die unbeteiligt am Tisch saß. Eine mer k würdige Frau, dachte sie. Sie sah abgearbeitet aus und machte einen ve r härmten, vom Leben enttäuschten Eindruck.
    „Frau Wagner, wann haben Sie Lothar Meyer zum let z ten Mal g e sehen?“, wandte Katja sich nun an sie. Gertrud Wagner zögerte einen Moment, dann antwortete sie lak o nisch: „Beim Abendbrot, wie immer.“
    „Richten Sie den Behinderten das Abendbrot?“
    „Nein, hier macht sich jeder was er will. Ich setze mich nur meistens dazu und esse mit ihnen.“
    „Trinken die Behinderten Alkohol?“
    „Wer will, kann natürlich zu seinem Essen ein Bier tri n ken, das machen schon einige, sind ja alles e r wachsene Menschen.“
    „Ist Ihnen irgend etwas Ungewöhnliches aufgefallen? Wollte Lothar Meyer noch mal das Haus ve r lassen?“
    „Nein, es gab nichts Ungewöhnliches. Und Sie sehen ja, die Eingangstür ist offen. Das ist ja kein G e fängnis hier. Bei uns kann sich jeder frei bewegen.“ Katja kam es so vor, als hätte ihr Blick etwas Herausforderndes, aber auch Ängs t liches. Die Frau irritierte sie und brachte sie gleichzeitig g e gen sie auf.
    „Aber die Tür ist nicht die ganze Nacht offen? Das wäre in einer Stadt wie Frankfurt doch viel zu gefährlich. Auße r dem müssen Sie ja wohl Kontrolle darüber haben, wer, wann und wie lange das Haus verlässt. Es sind geistig b e hinderte Menschen, für die Sie verantwortlich sind.“
    „Natürlich wird die Tür abgeschlossen. Das ist so gegen 23 Uhr. Das weiß auch jeder hier im Wohnheim.“
    „Und dann ist sichergestellt, dass alle Bewohner wieder im Heim a n gekommen sind?“, bohrte Katja noch mal nach.
    „Es wird nicht noch mal unter jede Bettdecke geguckt, wenn Sie das meinen.“ Die Antwort von Gertrud Wagner hatte wieder einen aggressiven Unterton und Katja fragte sich, ob sie etwas zu ve r bergen hatte.
    „Werden Barbiturate an Behinderte ausgegeben?“
    „Was stellen Sie sich denn unter einem Wohnheim für Behinderte vor?“, schaltete sich jetzt Magnus Knab ein. Er klang empört.
    „Wir befinden uns schließlich nicht mehr im Dritten Reich.“
    „Ich muss Sie das fragen. Wir haben sowohl einen rel a tiv hohen A l koholspiegel als auch ein Barbiturat in Lothar Meyers Blut gefunden. Denken Sie bitte genau nach: Hat einer von Ihnen beiden b e obachtet, wann Lothar Meyer das Haus verlassen hat oder ist Ihnen etwas U n gewöhnliches aufgefallen, etwas, das von seinem üblichen Verhalten a b wich?“
    Beide schüttelten den Kopf.
    „Lothar geht, äh, ging abends öfter mal ins Kino in die Stadt, das war nichts Ungewöhnliches“, beantwortete Ge r trud Wagner die Frage. „Ich hab ihn jedenfalls nach dem Essen nicht mehr gesehen.“
    „Und Sie, Herr Knab, haben Sie ihn auch nicht mehr gesehen?“, fragte Katja noch mal nach.
    „Nein, wie schon gesagt, ich habe ihn nur kurz nach seiner Arbeit g e sehen, bevor ich das Haus verlassen habe.“
    Gertrud Wagner warf Magnus einen lauernden Blick zu. Katja konnte ihn nicht deuten. Wieder hatte sie das Gefühl, dass die Chemie zwischen den beiden nicht stimmte. Da g mar Pohl kam wieder herein. Sie hatte ihr Telefonat b e endet, aber es noch nicht ganz geschafft, ein glückliches Lächeln zu unterdrücken, welches offensichtlich das G e spräch hinte r lassen hatte. Das kann nur ein Gespräch mit einem Mann gewesen sein, ging es Katja durch den Kopf. Sie war müde und keinen Schritt weite r gekommen. Morgen war Samstag, fiel ihr ein, da waren auch die Behinderten tagsüber a n wesend.
    „Ich würde mich morgen gerne mit den Hei m bewohnern ausführlich unterhalten, wäre das möglich?“, fragte sie Ma g nus Knab.
    „Was versprechen Sie sich davon?
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