Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalte Spuren (German Edition)

Kalte Spuren (German Edition)

Titel: Kalte Spuren (German Edition)
Autoren: Martin Kay
Vom Netzwerk:
nicht bereits tot war, dann spätestens jetzt, als zwei weitere Kugeln durch seinen Leib schlugen. Dann nahm der Schütze hinter dem geborstenen Fenster Eileen aufs Korn. Ein weiterer Schuss peitschte auf. Pflastersplitter spritzten neben ihr hoch. Noch ein Schuss. Direkt vor ihren Schuhen sprang der Asphalt auseinander. Eileen drehte sich um und rannte. Sie suchte Deckung hinter einem Wagen. Eine Kugel jagte durch die Scheibe und ließ sie in tausend Splitter bersten.
    Weiter!
    Geduckt rannte sie zu einem weiteren Wagen. Das Feuer vom Haus verstummte, dafür sirrte ein Geschoss knapp an ihrer Schulter vorbei in den Außenspiegel des Wagens, hinter dem sie sich verschanzte. Eileen warf einen Blick zurück. Der Humpelnde war vom Flüchtenden zum Jäger geworden und näherte sich Eileen von der anderen Straßenseite. Parallel dazu verlief eine Eisenbahnlinie, darüber eine Brücke. Sie brauchte eine bessere Deckung.
    »Scheiße!« Eileen sprang über die Motorhaube des Wagens, eilte weiter von Auto zu Auto, bis sie Deckung hinter einem Brückenpfeiler fand. Sie hob die Waffe und zog den Abzug. Zweimal blitzte die Mündung auf und zwang den Verfolger ebenfalls in Deckung. Eileen hob den linken Arm zum Mund und berührte mit dem Kinn den Sendeknopf des Funkgeräts.
    »Blue Recon an Aerie, kommen.«
    Beton splitterte vom Pfeiler und regnete auf Eileens rotes Haar, als ein weiterer Schuss aufpeitschte. Die Agentin lief weiter. Rechts die Straße. Links die Schienen der Eisenbahnlinie. Nächster Pfeiler. Ein Zug rauschte heran. Die Lok stieß ein schrilles Pfeifen aus. Eileen überlegte, ob sie über die Gleise rennen oder sich bis zur nächsten Querstraße nach Norden durchschlagen sollte. Der Zug nahm ihr die Entscheidung ab. Er donnerte hupend an ihr vorbei und versperrte ihr den Weg über die Schienen.
    »Aerie, hört mich jemand?«, rief sie ins Mikrofon, das in den Ärmelaufschlag ihres Blazers eingearbeitet war. »Agent ist am Boden. Vermutlich tot. Zielobjekt hat einen Zwilling. Brauche Verstärkung Dekalb Avenue, Ecke«, sie blickte zum Straßenschild, »Cornelia Street Southeast.«
    Eileen erreichte den nächsten Pfeiler, blieb mit dem Rücken dagegen gelehnt, atmete tief durch und schwang herum. Sie feuerte zweimal. Ein Treffer. Die Schulter des Verfolgers flog herum, der Mann geriet ins Trudeln und stürzte in den lehmigen Boden unter der Brücke. Aus den Augenwinkeln sah Eileen den zweiten Mann, denjenigen, der Kessler aus dem Fenster gestoßen hatte, über die Straße rennen. Eine Kugel sauste über ihren Kopf hinweg. Eine weitere heulte als Querschläger vom Brückenpfeiler davon.
    »Hört mich jemand? Ich brauche Verstärkung!«
    Aus dem Ohrhörer drang nur statisches Rauschen. Dafür klingelte ihr Handy im selben Moment, als ein dritter Schuss im Beton stecken blieb und einige Splitter direkt in ihr Gesicht spritzte. Instinktiv kniff Eileen die Lider zusammen, blinzelte und stürmte weiter zum nächsten Pfeiler.
    Links neben ihr jagte der Zug vorbei. Rechts befand sich die Straße. Frei. Keine Parkmöglichkeiten. Selbst der Gehweg auf der anderen Seite war nicht befestigt, sondern verlor sich in einer lockeren Ansammlung einzelner Bäumchen und Büsche. Keine Deckung. Die Mündung zur Cornelia Street war noch knapp zwanzig Meter entfernt.
    Das Handy bimmelte weiter. Zweimal kurz. Einmal lang. Die Klingelsequenz der Diensttelefone der CTU aus der TV-Serie ›24‹. Oh ja, Eileen war ein Fan von Superagent Jack Bauer. Aber sie war nicht verrückt genug, ihm nachzueifern.
    Was würde Jack jetzt tun? Vermutlich zog er aus dem Knöchelholster eine 38er, aus dem zweiten Hüftholster eine Neunmillimeter und rannte schreiend und schießend auf die beiden Gegner zu. Jeder Schuss ein Treffer. Und danach würde er einen der beiden so lange am Leben lassen, bis er unter schwerer Folter seinen Mittelsmann oder Auftraggeber verriet.
    Eileen war nicht Jack Bauer.
    Sie war besser. Aber nicht lebensmüde. Und sie war Realistin.
    Der letzte Pfeiler. Auf der anderen Seite befand sich die Ecke Cornelia Street. Die letzten Waggons rumpelten hinter Eileen vorbei. Containerwagen. Sollte sie doch über die Gleise fliehen? Ihr Blick blieb an der Straßenmündung hängen. Wenn sie es über die Fahrbahn zur anderen Seite schaffte, ohne erschossen zu werden, bot ihr zumindest die Hausfront des Wohnblocks für ein paar Sekunden Sicherheit. In etwa hundert Metern Entfernung parkte ein Buick. Dahinter stand der schwarze Regierungswagen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher