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Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch
Autoren: Dirk van Den Boom
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eine ordentliche Leistung. Der kritische Blick, den ihm sein Zenturio von den Wällen des Kastells zuwarf, sprach jedoch eine andere Sprache. Dass Volkert für seine anstrengende Arbeit nur fünfzehn Männer bekommen hatte, Delinquenten dazu, die alle für irgendeine kleine Übertretung der Disziplin bestraft werden sollten, war dem direkten Vorgesetzten des jungen Deutschen völlig egal. Wie immer wurden die Wunder von anderen erwartet als jenen, die sie anordneten. Volkert war das gewohnt, in den Streitkräften des Deutschen Reiches war es nicht grundsätzlich anders gewesen.
    Spaß machte es trotzdem nicht.
    Während die Kälte seine Beine emporkroch, kam ihm zu Bewusstsein, wie fern jene Zeit in der Deutschen Kriegsmarine ihm jetzt erschien – obgleich seit seiner fatalen Entscheidung, aus Liebe zur Senatorentochter Julia zu desertieren, nur um von der römischen Armee in den Dienst gepresst zu werden, gar nicht so viel Zeit vergangen war. Julia hatte er seit Monaten nicht mehr gesehen, doch die Tatsache allein, dass seine Liebe zu ihr immer noch tief in seinem Herzen loderte, ja fast schmerzhaft brannte, war ihm immer wieder Bestätigung genug, dass er letztlich doch die richtige Entscheidung getroffen hatte. Und wenn es schon nicht die richtige war, so doch zumindest eine nachvollziehbare.
    Nicht, dass der Schmerz der Trennung nachgelassen hätte. Er war zu einem stummen Begleiter des jungen Mannes geworden, ständig wach, immer mahnend, ein Quell der Unruhe genauso wie ein verlässlicher Freund. Er gab Volkert Orientierung und Halt und half ihm, die Strapazen eines Dienstes in der römischen Armee ebenso zu ertragen wie die allgegenwärtige Angst, dass jemand seine wahre Identität herausfinden und ihn dem Kapitän der Saarbrücken ausliefern würde.
    Der, das war auch nach Noricum vorgedrungen, jetzt der Oberbefehlshaber der römischen Streitkräfte war und begann, das Reich mit dem Segen des Kaisers umzubauen. Die offizielle Bestätigung des Toleranzediktes war nur der erste Schritt gewesen. Was jetzt weiter passierte, gehörte zum Gesprächsstoff der abendlichen Lagerfeuer und Volkert war trotz seiner Herkunft nicht schlauer als seine neuen Kameraden. Er war sehr vorsichtig damit, allzu große Kenntnisse über die seltsamen Fremden zu beweisen, die nun römische Staatsbürger waren und höchste Ämter bekleideten. Auf Fahnenflucht stand der Tod, und Volkert wollte leben. Dass er sich in einer sehr schwierigen Situation befand, war ihm schon klar. In gewisser Hinsicht war er für Arbeiten wie seine jetzige sehr dankbar, denn sie halfen ihm, wichtige Entscheidungen aufzuschieben. Irgendwann würde das ein Ende haben müssen.
    »Das geht schneller !« , rief Dekurio Thomasius mit heiserer Stimme und bemühte sich, möglichst grimmig dreinzublicken. Die armen Legionäre, die sich unter seiner Aufsicht abrackerten, wagten nicht einmal ein Murren. Da sie alle zum Strafdienst abkommandiert worden waren, wollte niemand unangenehm auffallen, um noch Schlimmeres aufgebrummt zu bekommen. Derzeit war man in der römischen Legion mit der Peitsche noch sehr leicht zur Hand. Obwohl Volkert sicher kein Weichling war, erfüllte ihn der Gedanke, Soldaten auspeitschen zu müssen, nicht gerade mit Vorfreude. Viele dieser Männer, in den Dienst gezwungen wie er, hatte er als anständige, jedoch vom Schicksal gezeichnete Menschen kennengelernt. Trotz seiner überraschenden Beförderung hatte er emotional mehr mit ihnen gemein als mit dem Unteroffizierskorps der Legion, dem er jetzt formal angehörte. Er wollte niemanden auspeitschen.
    Aber er wollte auch nicht den Unwillen von Zenturio Levantus auf sich ziehen, der zwar kein jähzorniger Mann war, aber seine Strafen mit stummer, grimmiger Grausamkeit zu verteilen pflegte. Mit einem wütenden Schreihals, der Anfälle bekam, wenn etwas nicht richtig lief, konnte Volkert gut leben. Es war viel schlimmer, jemanden zu sehen, der mit völlig unbewegter Miene die tödlichsten Befehle gab, als ob ihn all dies nichts anginge. Levantus war ein seltsamer Mann, undurchschaubar und immer sehr aufmerksam. Seine Blicke, die er Volkert und den anderen Männern vom Wall aus zuwarf, waren auf der ständigen Suche nach einem Makel.
    Das, wonach sich Volkert derzeit am meisten sehnte, war seine Tabakpfeife. Er hatte sie, wie so vieles andere aus seinem alten Leben, auf der Saarbrücken zurückgelassen. Er wusste nicht einmal, wie bekannt Tabak im Römischen Reich war und ob sein geringer Vorrat
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