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Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)

Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)

Titel: Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
Autoren: Dirk van den Boom
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anstrengend genug, die Sticheleien und Randbemerkungen jener zu ertragen, die sich für loyale Gefolgsleute des Theodosius hielten.
    Rheinberg betrachtete den Kaiser. Er war sichtlich gealtert. Graue Strähnen waren an seinen Schläfen erkennbar, mehr als vorher. Seine Augen wirkten müde. Er schlief nicht viel, hatte Rheinberg gehört, und damit war er in der gleichen Situation wie sein Heermeister. Er trieb sich selbst permanent an. Und der Verrat des Sedacius, von dem Rheinberg sogleich berichtet worden war, hatte an seinen Kräften gezehrt. Weniger an den körperlichen, ganz sicher aber an den emotionalen. Wer mochte der Nächste sein, der bereit war, dem Imperator das Messer an die Kehle zu legen? Rheinberg wusste, wie der Mann sich fühlte. Spätestens seit Malobaudes, allerspätestens seit Konstantinopel wusste er es ganz genau.
    Das machte es für sie beide nicht einfacher. Der Spruch, dass geteiltes Leid nur halbes Leid sei, war völliger Schwachsinn. Manchmal potenzierte es sich eher.
    »Wir sollten an Deck gehen«, schlug Rheinberg vor. »Wir laufen gleich aus. Es ist ein schöner Anblick.«
    »Er symbolisiert Bewegung. Aber ob das auch gleichzeitig ein Fortschritt ist?«
    Theodosius’ Bemerkung gab wie nichts anderes seine aktuelle Gemütslage preis. Rheinberg nickte nur und führte den Kaiser ins Freie. Sie stellten sich an den Bug, in respektvollem Abstand zu den beiden Matrosen, die die Taue bereits eingeholt hatten. Rheinbergs Blick wanderte auf die Reede, wo sieben Segelschiffe ganz unterschiedlicher Größe bereits Kurs Richtung Afrika nahmen, begleitet von den drei Dampfseglern, die ihren Geleitschutz übernehmen würden. Die Saarbrücken selbst würde mit halber Kraft an ihnen vorbeiziehen, damit immer noch deutlich schneller als die anderen Schiffe, doch der Imperator wollte jetzt so zügig wie möglich nach Afrika, um dort die Koordinierung und Neuformierung seiner Streitkräfte zu überwachen.
    Rheinberg konnte ihm diese Rastlosigkeit nicht übel nehmen. Es war Wunder genug, dass die Truppen des Maximus sie nicht bis hierher gejagt hatten, um das Übersetzen zu verhindern. Der Tod des Andragathius aus den Händen eines aufstrebenden jungen Offiziers, von dem Rheinberg gehört hatte, schien die Strategie des Usurpators mehr aus dem Gleichgewicht gebracht zu haben als erwartet. Theodosius hatte ihm versprochen, ein Treffen mit dem jungen Mann zu arrangieren. Er hielt sehr große Stücke auf ihn, schien er doch auch instrumentell für die Aufdeckung der Verschwörung des Sedacius gewesen zu sein. Ein Leuchtturm der Loyalität, reichhaltig gewürdigt durch schnellen Aufstieg in der Militärhierarchie.
    Rheinberg war gespannt.
    Der Leib des Kreuzers erzitterte, als auf der Brücke der Befehl gegeben wurde, die im Leerlauf stampfenden Maschinen hochzudrehen. Erst unmerklich langsam, dann deutlich spürbar löste sich die Saarbrücken von der Hafenmauer. Sie trieb erst noch etwas seitwärts in das Hafenbecken hinein, ehe der Steuermann sacht am Ruder drehte und sich der Bug auf die offene See zu richten begann.
    Rheinbergs Blick fiel zurück ans Land, das er kaum betreten hatte. Die Zivilbevölkerung war zahlreich herbeigeströmt, um dem Schauspiel beizuwohnen. Immer noch gab es überall in Rom, wo die Saarbrücken auftauchte, große Augen, offene Münder und diese Mischung aus Begeisterung, Neugierde und Angst. Es würde noch eine ganze Weile dauern, bis der Anblick des Kreuzers zur Normalität gehören würde, zumindest so lange, bis die Dampfsegler weitere Verbreitung gefunden hatten und die Menschen den mentalen Sprung von diesen Schiffen zur Saarbrücken möglicherweise leichter machen konnten als bisher. Tatsächlich waren die Dampfsegler gar keine so große Attraktion gewesen. Sie ähnelten letztlich noch zu sehr den Schiffstypen, die die Menschen gewöhnt waren – Holz, Segel, Takelage und dieses metallene Rohr, das da aus dem Rumpf ragte. Die wahre Qualität ergab sich nur für das geschulte Auge des Seemannes, der plötzlich nicht mehr hohe Brecher fürchten musste oder für den Gegenwinde oder Strömungen keine Gefahr mehr darstellten.
    Zuletzt waren Nachrichten an Rheinbergs Ohr gedrungen, nach denen jemand in Alexandria die großzügig verbreiteten Baupläne der Bronze-Dampfmaschine ernst genommen hatte. Man hörte, dass an einem ersten Prototyp gebaut wurde. Rheinberg war zuversichtlich, dass in spätestens acht bis zehn Jahren der Anteil an dampfgetriebenen Schiffen – und sei es nur
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