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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe
Autoren: Richard Gordon
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ein, warum dies von Bedeutung sein sollte», sagte Ebbs zu ihm. «Für den Seemann sind alle Schiffe gleich.
    Sie schwimmen auf dem Wasser, sie enthalten Maschinen, sie bieten ihm Kost und Quartier. Nur die Menschen auf ihnen sind von Belang. Ich möchte Ihnen dies in Erinnerung bringen, bitte.»
    «Gewiß, Sir.»
    Ebbs ließ sich auf seinem rosa Schreibtischsessel nieder. «Ich nehme an, daß wir die Fahrt mit einem vollbelegten Schiff antreten?»
    «Ja, Sir. Kein einziges Loch mehr frei.»
    «Wie sagten Sie bitte?»
    «Keine unbesetzten Kabinen mehr, Sir. Vielleicht wollen Sie einen Blick auf die Passagierliste werfen?»
    «Ah, danke sehr! » Ebbs griff eifrig nach einem Bündel maschinebeschriebener Blätter. «Hat schon was für sich, wenn man sich gleich an die Arbeit macht, was? Schön, schön», murmelte er, die schmierigen Seiten überfliegend. «Ist das nicht merkwürdig? Da stehen diese Leute, von deren Existenz ich keine blasse Ahnung habe, und am Ende der Fahrt werden wir alle dicke Freunde sein und einander in- und auswendig kennen. »
    «Äußerst merkwürdig, Sir.»
    «Wenn Sie mir eine halbe Stunde Zeit lassen wollen», fuhr Ebbs fort, «werde ich ein Verzeichnis der Personen zusammenstellen, die ich an meinen Tisch zu setzen wünsche. Es wird zwar einigermaßen eine Wahl auf gut Glück sein, denke ich, wie bei einem Pferdekauf. Trotzdem - da die Direktion hier so wohlbedacht Alter und Beruf der Passagiere angeführt hat, dürfte ich wohl imstande sein, eine gleichgestimmte Gesellschaft um mich zu versammeln. Junge Frauen wünsche ich nicht...»
    «Die Gesellschaft hat mir bereits eine Liste der Passagiere zukommen lassen, die an Ihrem Tisch sitzen werden, Sir.»
    «Wollen Sie damit sagen, daß ich in dieser Sache nichts mitzureden habe? »
    «Leider gar nichts, Sir.»
    Er reichte Ebbs ein weiteres Blatt.
    «Aber - aber nehmen wir an, mir sagen diese Leute nicht zu?»
    «Tut mir leid, aber Sie können nichts dagegen unternehmen, Sir. Sie könnten ja wahrscheinlich die Mahlzeiten in Ihrer Kabine zu sich nehmen, aber das wäre der Gesellschaft gegenüber kaum empfehlenswert.»
    «Nein, natürlich nicht.» Ebbs runzelte die Brauen. «Das wäre sehr unüberlegt.»
    «Sie erfassen wohl, Sir, daß ein Platz an Ihrem Tisch eine Ehrung bedeutet, die eine hervorragende gesellschaftliche Position an Bord beinhaltet?»
    «Jedenfalls werde ich auf See in meiner Kabine frühstücken», sagte Ebbs mit Entschiedenheit und legte die Blätter auf seinem Schreibtisch zusammen. «Das Frühstück ist keine gesellschaftlich verpflichtende Mahlzeit. Was haben Sie da?»
    «Die Liste der Gäste, die bei Ihrer Cocktail-Party anwesend sein werden, Sir.»
    «Ich scheine ja wie ein Kind behandelt zu werden, das seine erste Geburtstagsjause hat, Zahlmeister?»
    Prittlewell zuckte zögernd mit den Schultern. «Es ist bei der Pole Star Line so Brauch, Sir.»
    Ebbs begann sich unbehaglich zu fühlen. Auf der Martin Luther hatte das Verpflegungswesen in den Händen eines bierseligen Iren mit dreckigen Fingernägeln gelegen, der gehorsam auf seinen Befehl die paar Gerichte des Speisezettels herbeigeschafft hatte; doch Prittlewell erschien ihm wie ein Kellner, der zuwenig Trinkgeld bekommen hat.
    «Ich nehme nicht an, daß jemand Besonderer mit uns reist?» fragte er - seine gute Laune war vollkommen verpufft. «Keine - äh, Berühmtheiten?»
    «Sechs Pfarrer sind da, Sir.»
    «Sechse!» Ebbs war wie aus den Wolken gefallen. «Ich bin nicht abergläubisch, Zahlmeister, aber das erscheint mir als ein böses Omen.»
    «Da stimme ich Ihnen bei, Sir. Für gewöhnlich genügt schon ein einziger von diesen steifen Kragen, um eine Reise zu vermasseln. Wie ich mit Kapitän Graham auf der Hannibal fuhr, brach er mitten in einem Maskenfest tot zusammen. Allgemein machte man eine Gruppe Missionare, die wir nach Singapore zurückbrachten, dafür verantwortlich. Und dabei waren's damals nur viere.»
    «Hoffen wir aus ganzem Herzen, daß die unsern sich weniger mörderisch erweisen werden», sagte Ebbs düster. Prittlewell nahm an, daß das Interview damit ein Ende gefunden hatte. «Morgen will ich eine Offizierskonferenz einberufen», fügte Ebbs noch hinzu. «Hat sich der Erste schon gezeigt? »
    «Ist noch nicht an Bord erschienen, Sir.»
    «Noch immer nicht? Aber ich schickte dem Burschen doch ein äußerst dringendes Telegramm! Da muß ich ihm eben noch einmal kabeln, es bleibt mir nichts anderes übrig. Was, glauben Sie, ist mit ihm
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