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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe
Autoren: Richard Gordon
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um entweder etwas nachdrücklich festzustellen oder Zeit zum Nachdenken zu gewissen oder seiner inneren Bewegung Luft zu machen.
    «Wann können Sie an Bord gehen?» fragte Sir Angus.
    «Heute abend - jederzeit - noch in dieser Minute, wenn nötig. »
    «Morgen früh ist noch Zeit genug.» McWhirrey erhob sich und schritt nachdenklich auf den Dielen hin und her, auf denen schon eine Generation ergrimmter Reeder herumgetrabt war. «Kapitän Ebbs, wieso kommen Sie auf die Idee, wir hier im Büro wüßten von nichts, was auf See vorgeht? Natürlich ist die Luther ein schlechtes Schiff. Gerade aus diesem Grund haben wir Sie auf ihm belassen. Ich pflege nicht Buketts zu überreichen, aber Sie haben - auf Ihre Art - gute Arbeit auf ihm geleistet. Zumindest haben Sie das Schiff in Gang und die Besatzung am Leben erhalten, was bei der Luther schon eine gewisse Leistung bedeutet. Sie müssen mehr Selbstvertrauen haben, Mann. Und versuchen Sie mal, nicht ein so höllischer Umstandskrämer zu sein. Das wird Ihre neuen Offiziere nur aufbringen.»
    «Ein Umstandskrämer? Ich sollte ein Umstandskrämer sein, Sir?»
    «Ich muß klarstellen, daß diese Ihre neue Verwendung probeweise zu verstehen ist. Ich nehme an, daß Buckle nicht mehr auf See zurückkehren kann. Sollten Sie daher Erfolg haben, könnten wir Sie dauernd für diesen Posten in Erwägung ziehen, trotz Ihren Ansichten über die Gesellschaft, die Sie bezahlt —»
    «Ich hab nur... nur Spaß gemacht.» Ebbs versuchte zu lächeln.
    «Zweifellos. Äußerst witzig. Unter normalen Umständen und unter der Voraussetzung, daß Sie sich schnell genug eingewöhnen, läßt sich kein Grund dagegen anführen, daß Sie nicht einen tadellosen Kapitän der Charlemagne abgeben könnten. Haben Sie jedoch nicht Erfolg - dann heißt's zurück zur Martin Luther. Verstanden?»
    Ebbs nickte.
    «Na schön. Dann bleibt mir also nur noch das eine übrig. Ihnen im Namen der Direktion zu gratulieren. Und Ihnen natürlich noch eine recht gute Fahrt zu wünschen.»

2

    In der Kriegsmarine wird einem neuen Kapitän auf seinem Schiff ein anfeuerndes Willkomm in Form einer Zeremonie entboten, bei dem die Pfeifen des Bos'n schrillen und die Flaggen grüßend flattern; doch in der Handelsmarine - und sei sie auch durch ein so wohlerzogenes Unternehmen wie die Pole Star Line vertreten - erregt die Ankunft eines neuen Kapitäns ebensowenig Aufsehen wie die Einstellung eines neuen Stationsvorstehers.
    Ebbs traf zeitig am nächsten Morgen in Tilbury ein, stand, eine anonyme Gestalt, in seinen Regenmantel gehüllt am Kai und betrachtete die kalten Flanken der Charlemagne mit der Erregung eines Seekadetten, der sein erstes Schiff erblickt. Seit er sich als ein unerfreulich bepickelter Jüngling auf dem Schulschiff Worcester in seiner Hängematte gekrümmt hatte, war es sein Ehrgeiz gewesen, Kommandant eines Passagierdampfers zu werden. Selbst seine erste Fahrt, die ihm eine schwere Seekrankheit und einen baumlangen brüllenden Kapitän beschied, der seine Mannschaft fühlen ließ, das Jüngste Gericht sei gegen ihn eine angenehme Abwechslung, hatte seine Zuversicht nicht untergraben, daß er, herangereift, dereinst die Brücke eines Postdampfers betreten würde. Mit Zwanzig war er zu seiner freudigen Erregung Dritter Offizier auf einem Pole-Star-Passagierschiff, und da er ein bedachtsamer junger Mann war, der statt Pornografien Bücher über Geistes- und Willenstraining an Bord schmuggelte, baute er im geheimen ein Schema aus, das ihm eines Tages den Komfort einer Kapitänskabine eintragen sollte. Er würde all die ekligen Arbeiten, wie das Kontrollieren der Rettungsboote und das Inspizieren der Lenzpumpen, übernehmen und über deren Vollzug dem Ersten Offizier Bericht erstatten; er würde seine noch dürftigen Seemannserfahrungen durch konzentriertes Studium im «Handbuch der Hochseeschiffahrt» untermauern; und er würde beständig auf Unregelmäßigkeiten im Mechanismus des Schiffes und im Tagesablauf lauern und den Kapitän darüber informieren, während dieser vor dem Frühstück seinen täglichen einsamen Spaziergang machte. Dieses System führte dahin, daß Ebbs am Ende der Fahrt vom Schiff gefeuert wurde, doch richtige Entmutigung bemächtigte sich seiner erst dann, als er sehen mußte, wie seine Errungenschaften mit den Jahren immer mehr beschnitten wurden: vom Posten eines Dritten Offiziers auf einem Schiff, das ein Dutzend Passagiere führte, wurde er zum Zweiten auf einem befördert, das deren
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