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Jung genug zu sterben

Jung genug zu sterben

Titel: Jung genug zu sterben
Autoren: Joerg Liemann
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trotzdem etwas sagen.
    Melina lächelte auffangend. »Ja?«
    »Was sind das denn nun für ominöse Tests?«
    »Na ja, darum seid ihr heute hier: Damit ich euch die Räume zeige und euch ein Bild von dem gebe, was euch erwartet. Bereitet euch auf den puren Luxus vor. Und auf eine Menge Technik.«
    Immer das Gleiche, dachte sie, als sie dem Hühnerhaufen voranging. Wieso verhalten sich alle Gruppen gleich? Die Einzelnen unterscheiden sich, aber in der Gruppe gibt es jedes Mal die gleiche Rollenverteilung.
    Ich könnte Reiseleiterin sein. Jeden Tag Touris durchPompeji schleusen oder über den Potsdamer Platz. Wo war die Mauer, wo steht unser Bus, was machen wir abends?
    Lena drängte in ihr Bewusstsein, aber sie wollte das jetzt nicht zulassen.
    Melina spiegelte sich in einem kleinen Rechteck aus schwarzem Glas. Dahinter saßen die Biometrie-Läuse und entschieden, dass sie dieses edle Antlitz kannten. Mattglastüren glitten zur Seite.
    Drei der Jungs fanden das besonders interessant, einer blieb in der Tür stehen.
    »Okay«, sagte Melina. »Die Herren möchten ein bisschen Kaufhaustür spielen. Bitte sehr. Nur zu. Wir warten so lange, bis ihr ausgespielt habt.«
    Die »Herren« ließen die Tür zugleiten und grinsten verunsichert.
    »Raumschiff«, sagte einer.
    »Und du bist Kirk oder Spock?«, fragte Melina tonlos, weil sie alles schon durchgespielt hatte.
    »Uhura«, sagte einer und sonnte sich im Gelächter.
    Melina nahm das als Anschubenergie für die nächsten Meter. »So, hier sind wir.«
    Ungläubiges Umherschauen.
    Kaum einer der Jugendlichen kannte eine First Class Lounge am Flughafen, aber so ungefähr war der Raum eingerichtet. Hier und da ein, zwei teppichgefederte Stufen, cremefarbene Ledersessel, Obstschalen, weite Wände, gedimmtes Licht.
    »Hier finden unsere offenen Gesprächsrunden statt«, erklärte Melina. »Von hier aus geht es zu den Decks A und B, die jeweils drei weitere, ähnlich eingerichtete Räume aufweisen. Für unsere Einzel- und Gruppengesprächstests.«
    »Das heißt wirklich Deck A?«
    »Nee, du Blödmann«, sagt sein Kumpel, »die Frau geht auf deinen Uhura-Quatsch ein. Merkste nich mal, du Vulkanette!«
    Ein Lacher.
    Melina zeigte ihnen alle Räume, die sich nur in der Grundfarbe und im Zuschnitt unterschieden. Hier ging es um Angstabbau, deshalb mussten sie sich sogar den langweiligsten Sessel ansehen.
    Ein riesiger Affe grinste. Kabel an seinem Kopf.
    »Das ist ein Foto von Jogi, unserem Lieblingsschimpansen.«
    Jogi füllte in Schwarz und Weiß drei mal drei Meter im Glanzrahmen.
    »Manche Menschen sagen, sie fühlen sich wie ein Versuchstier, wenn man Elektroden an ihre Haut klebt. Deshalb hängen wir lieber gleich unseren Jogi hier auf, dann kann man beim Test so richtig den Affen raushängen lassen. Also, wie ihr ahnt, befinden sich hier die Zimmer, in denen wir elektrische Impulse messen, die ein Körper hervorbringt. Insbesondere interessieren uns die Gehirnströme. So eine Ableitung von Elektroenzephalogrammen tut nicht weh. Wenn ihr wollt, könnt ihr Jogi besuchen, dem geht es gut. Er lebt mit seiner Familie im PALAU. Aber Vorsicht, er ist Rentner, also ein alter Knacker!«
    Menschliches Gegrinse.
    Manchmal sieht es schimpansisch aus, dachte Melina.
    »Die
Familie
von dem Schimpansen«, sagte eine hübsche Rothaarige, »sind das Affen oder Menschen?«
    »Nach ein paar Jahren bei uns«, sagte Melina düster, »kann man keinen Unterschied mehr erkennen.«
    Gelächter.
    Melina hielt noch einen Moment den finsteren Ausdruck bei, dann lachte sie mit, und obwohl sie die Berührung mit fremden Menschen nicht mochte, hakte sie die Rothaarige unter und versicherte ihr, dass es sich um eine kleine Schimpansen-Familie handelte.
    Die Räume waren weiß und glänzten glasig.
    »Hellblau«, sagte Melina, und die Längswand färbte sich hellblau.
    »Warm, warm, warm«, sagte sie, und die Wand tendierte zum Grün und schließlich zu Gelb.
    Leise Bewunderungspfiffe.
    »Mit der Farbe der Räume können wir manchmal Gehirnaktivitäten beeinflussen.« Theatralisch zu einem der Jungen gewandt, fügte sie hinzu: »Manche Gehirne werden auch erst hier wach.«
    Er lachte, die anderen auch.
    »Bei einigen Tests bestimmt ihr die Raumfarbe selbst auf diese Weise.«
    »Kann man auf den Wänden auch Pornos abspielen?«, wollte einer wissen und hatte bei seinen Kumpels nun einen Stein im Brett.
    »Klar«, sagte Melina. »Wir brauchen aber noch einen Hauptdarsteller.«
    Immer das Gleiche.
    Sie gingen auf
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