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Julia Quinn

Julia Quinn

Titel: Julia Quinn
Autoren: Im Namen der Liebe
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dir gegenüber.«
    Überraschenderweise lächelte Percy –
zum ersten Mal in den achtzehn Monaten, die Caroline jetzt schon mit dem
jüngsten Sprössling der Prewitts zusammen unter einem Dach lebte, und sie
verspürte eine Verbundenheit mit diesem jungen Mann, der ihr im Alter so nahe
war.
    »Wo wirst du hingehen?« erkundigte
er sich.
    »Es ist besser, wenn du es nicht
weißt. Dann kann dein Vater es nicht aus dir herausquetschen.«
    »Stimmt.«
    »Außerdem habe ich selbst nicht die
geringste Ahnung. Du weißt ja, ich habe keine Verwandten. Darum bin ich ja auch
hier bei euch gelandet. Aber nachdem ich mich beinahe zehn Jahre lang gegen
meine ach so wohlmeinenden Vormünder habe zur Wehr setzen müssen, glaube ich.
doch, sechs Wochen auf mich allein gestellt da draußen zurechtkommen zu
können.«
    »Wenn eine Frau das schaffen kann,
dann du.«
    Caroline hob die Brauen. »Himmel,
Percy, war das ein Kompliment? Ich bin sprachlos.«
    »Weit davon entfernt. Welche Sorte
Mann würde eine Frau wollen, die ganz gut ohne ihn zurechtkommt?«
    »Die Sorte Mann, die ganz gut ohne
den eigenen Vater zurechtkommt«, versetzte Caroline.
    Sie mit einem finsteren Blick
bedenkend, machte Percy eine Kopfbewegung in Richtung der Kommode. »Zieh die
oberste Schublade auf ... nein, auf der rechten Seite ...«
    »Percy, da ist deine Unterwäsche!«
rief Caroline und schob die Schublade angewidert zu.
    »Willst du jetzt, dass ich dir Geld
leihe, oder nicht? Dort verstecke ich es nun mal.«
    »Immerhin ist unbestritten, dass
niemand dort nachsehen wollen wird«, sagte sie halblaut. »Vielleicht, wenn du
häufiger baden würdest ...«
    »Gott!« brach es aus ihm hervor. »Ich
kann es kaum erwarten, dass du gehst. Du, Caroline Trent, bist die Tochter
des Teufels höchstpersönlich. Du bist eine der sieben Plagen. Du bist die Pest.
Du bist ...«
    »Ach, sei still!« Sie riss die
Schublade wieder auf, verärgert darüber, wie sehr seine Worte sie getroffen
hatten. Sie mochte Percy keinen Deut mehr als er sie, aber wer wollte schon mit
Heuschrecken, Mücken oder Fröschen, dem Schwarzen Tod oder Flüssen, die sich in
Blut verwandelten, verglichen werden? »Wo ist das Geld?« fragte sie.
    »In meinen Strümpfen ... nein, den
schwarzen ... nein, nicht den schwarzen ... ja, dort, neben den ... ja, der.«
    Caroline fand den gesuchten Strumpf
und schüttelte Münzen und Banknoten heraus. »Gütiger Himmel, Percy, das
müssen ja hundert Pfund sein. Wo hast du nur so viel Geld her?«
    »Ich spare schon eine Weile lang.
Und ich stecke jeden Monat ein oder zwei Münzen von Vaters Schreibtisch ein.
Solange ich nicht zu viel nehme, merkt er nichts.«
    Caroline fiel es schwer, das zu
glauben; Oliver Prewitt war derart von Geld besessen, es war ein Wunder, dass
seine Haut nicht die Farbe von Pfundnoten angenommen hatte.
    »Du kannst die Hälfte haben«, sage
Percy.
    »Nur die Hälfte? Sei nicht dumm,
Percy. Ich muss mich sechs Wochen lang verbergen. Es könnte sein, dass ich
unerwartete Ausgaben habe.«
    »Ich könnte unerwartete Ausgaben haben.«
    »Du hast ein Dach über dem Kopf!«
erwiderte sie hitzig.
    »Wer weiß, wie lange noch, wenn
Vater erst einmal herausgefunden hat, dass ich dich habe entkommen lassen.«
    Das sah Caroline ein. Oliver Prewitt
würde mit seinem einzigen Sohn höchst unzufrieden
sein. Sie steckte die Hälfte des Geldes zurück in den Strumpf. »Nun gut«, sagte
sie, während sie ihren Anteil in ihre Rocktasche stopfte. »Die Blutung hat
aufgehört?«
    »Man wird dich nicht des Mordes
anklagen, wenn es das ist, was dir Sorgen macht.«
    »Es mag dir schwer fallen, mir zu
glauben, Percy, aber ich wünsche dir nicht den Tod. Ich möchte dich nicht
heiraten, und es täte mir auch nicht Leid, wenn ich dich nie wieder sehen
würde, aber ich wünsche mir nicht deinen Tod.«
    Percy betrachtete sie mit einem
merkwürdigen Ausdruck in den Augen, und einen Moment lang dachte Caroline, er
würde wirklich etwas Nettes erwidern (oder wenigstens etwas ebenso Nettes wie
sie gerade). Aber dann schnaubte er bloß. »Du hast Recht. Es fällt mir schwer,
das zu glauben.«
    Da beschloss Caroline, jede
Sentimentalität fahren zu lassen, die sie vielleicht noch verspüren mochte,
und schritt zur Tür. Mit der Hand auf der Klinke, drehte sie sich noch einmal
zu Percy herum. »Wir sehen uns in sechs Wochen – wenn ich komme, mein Erbe
einzufordern.«
    »Und um mir das Geld zurückzuzahlen«,
erinnerte er sie.
    »Und um dir das Geld zurückzuzahlen.
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