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Julia Liebeskrimi Band 09

Julia Liebeskrimi Band 09

Titel: Julia Liebeskrimi Band 09
Autoren: Merline Lovelace , Carrie Alexander , Sharon Sala
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Ölzeug, dessen Schöße im Wind flatterten und den Blick freigaben auf braune Lederchaps. Von seinem Gesicht war nicht viel zu erkennen, lediglich ein scharfes Profil und ein unrasiertes Kinn.
    Aber egal. Als eingeschworenem Western-Fan genügte Molly ein Blick, um Geschichte und Charakter eines Cowboys richtig einzuschätzen. Der hier gehörte definitiv zum Typ „einsamer Wolf“. Eine einsame Seele, die es in irgendein Kaff an der Grenze verschlagen hatte, ausgestattet mit einem Gewehr, einem Pferd und eisernem Willen. Wie er gekommen war, so würde er auch wieder verschwinden: ohne Vorwarnung, nachdem er als Sieger aus einer Schießerei mit einer Horde Banditen hervorgegangen war und er eine junge Witwe mit einer heruntergekommenen Ranch vor den üblen Machenschaften des hiesigen Viehbarons gerettet hatte.
    Fünfzehn Jahre Mitgliedschaft im „Cowgirl-Club“ hatten Mollys Sinn für Romantik geschärft: Die Rolle der einsamen Witwe übernahm in ihrer Fantasie natürlich sie selbst. Ihre wohlgerundete Figur passte zwar besser in hübsche Baumwollkleider mit Spitzenkragen, doch sie sah sich zu gern als skandalumwitterte Witwe in Reithosen, die besser ritt als jeder Cowboy.
    Nur der einsame Wolf konnte sie zähmen. Seine leidenschaftlichen Küsse erinnerten sie daran, wie gut es sich anfühlte, ganz Frau zu sein … bis zum diskreten Schnitt, der so typisch war für die alten Western. Glücklicherweise verfügte Molly über eine lebhafte Fantasie, sie spann den Faden weiter.
    Erneut riskierte Molly einen neugierigen Blick auf den unbekannten Reiter, der plötzlich die Hand hob und sich grüßend an den Hut tippte.
    Erwischt! Heiße Röte schoss ihr ins Gesicht, doch das konnte der Mann zu Mollys Erleichterung nicht sehen. Unvermittelt gab er dem Pferd die Sporen, riss die Zügel herum und verschwand über einen Hügel.
    Molly guckte sich die Augen aus nach dem stolzen Reiter, der entgegen allen Regeln der Kunst nicht in einen flammend roten Sonnenuntergang galoppiert war, sondern in wabernde Nebelschwaden, die über der trostlosen Novemberlandschaft hingen.
    Sogleich wurde ihre Unachtsamkeit bestraft, und der Pick-up kam nach links von der Straße ab. Einer der Reifen prallte auf einen unter Wasser liegenden Fels. Sofort war Molly hellwach. Sie verstärkte den Griff ums Lenkrad und lenkte den schweren Wagen wieder auf die Piste zurück. Die Räder schlitterten über den glitschigen Boden, drehten einen Moment lang durch, bevor sie endlich wieder Bodenkontakt fanden. Mit einem Ruck schoss der Pick-up eine Steigung hinauf. Aus dem Augenwinkel sah Molly etwas Weißes in dem Graben aufblitzen, den sie soeben haarscharf umschifft hatte. Etwas Weißes, das sich bewegte.
    Sie trat auf die Bremse und spähte in den Rückspiegel. Ein plötzlicher Platzregen prasselte auf die verlassene Straße nieder. Sie dachte an ihren neuen Mantel und die Tatsache, dass sie auf die Triple Eight Dude Ranch unterwegs war, um sich um einen Job zu bewerben. Es wäre idiotisch, sich im strömenden Regen durch den Matsch zu quälen, nur weil sie meinte, irgendetwas – etwas Lebendiges – gesehen zu haben.
    Seufzend öffnete Molly die Tür und stieg aus. Der Eisregen traktierte ihr Gesicht wie feine Nadelstiche. Erschaudernd klappte sie den Mantelkragen hoch und stapfte zügig den Weg zurück, den sie gekommen war. Wandte sich dem Straßengraben zu, wobei sie sich bemühte, die schlimmsten Dreckpfützen zu vermeiden. Zunächst erspähte sie nichts weiter als schlammige Rinnsale und Klumpen abgestorbenen Laubs. Doch da – eine winzige Bewegung! Aus den Tiefen des Grabens drang ein erbarmungswürdiges Jaulen zu ihr empor.
    Kaninchen? Kätzchen? In New York pflegte man keine halb ertrunkenen Kätzchen zu retten, es sei denn, man hieß Audrey Hepburn und sah auch in durchweichten Kleidern und mit nassem, angeklatschtem Haar noch umwerfend aus. Aber jetzt war Molly in Wyoming, und ein neues, noch konturloses Leben lag vor ihr. Sie verwarf den Gedanken an ihren neuen beigefarbenen Rock und das bevorstehende Bewerbungsgespräch und kletterte die glitschige Böschung in den Graben hinab. Kaum hatte sie zwei Schritte getan, da schlitterte sie auch schon auf dem unbefestigten, nassen Schotter aus und landete mit einem schmatzenden Geräusch, das eine horrende Reinigungsrechnung in Aussicht stellte, auf dem Po.
    Mühsam hievte sie sich wieder hoch, wobei sie sich die Handflächen ordentlich mit Matsch beschmierte. Sie strich sich den feuchten Pony aus
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