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JULIA FESTIVAL Band 84

JULIA FESTIVAL Band 84

Titel: JULIA FESTIVAL Band 84
Autoren: Emma Darcy
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beherrschten dieser Mann und sein Kind ihr Leben. Ihn nach so langer Zeit leibhaftig vor sich zu sehen kam ihr gleichzeitig wie ein Traum und ein Alptraum vor. Ungeschickt löste sie die Sicherheitskette. „Geht es Kimberly gut?“, stieß Meredith hervor, als sie die Tür öffnete.
    „Ja. Besser könnte es dem Mädchen nicht gehen“, versicherte ihr Anthony Hamilton schnell. Er kam herein und blieb neben Meredith stehen, die sich an die Wand lehnte, weil ihr vor Erleichterung schwindlig geworden war. „Tut mir leid, dass Sie sich Sorgen gemacht haben.“ Er blickte sie beunruhigt an. „Ihrer Tochter geht es ausgezeichnet, Miss Palmer.“
    Zum ersten Mal nach dreizehn Jahren sprach jemand aus, dass sie eine Tochter hatte. Tränen traten Meredith in die Augen. Niemand wusste Bescheid. Sie hatte immer geheimgehalten, dass sie ein Kind hatte. Es war schwer, so etwas jemandem anzuvertrauen. Wer hätte es verstehen können? Sie war in einer Notlage gewesen und beeinflusst worden. Alle hatten gesagt, es sei das Beste, ihr Baby herzugeben. Und sie hatte geglaubt, das Richtige zu tun. Trotzdem wurde sie manchmal von Schmerz überwältigt, wenn sie an das Kind dachte, das sie niemals umarmen konnte.
    „Danke“, flüsterte Meredith heiser. Anthony Hamiltons Nähe, sein Verständnis und Mitgefühl wühlten sie auf. Nervös forderte sie ihn auf, ins Wohnzimmer zu gehen, und schloss umständlich die Haustür ab. Die Wohnung lag im vierten Stock, was einen gewissen Schutz gegen Einbrüche bot, doch Meredith war immer vorsichtig. Eine alleinstehende Frau in der Großstadt musste aufpassen. Aber es war unmöglich, sich gegen alles zu schützen. An diesem Abend hatte Meredith die Tür geöffnet, und die Vergangenheit war auf sie eingestürmt. Ob es gut oder schlecht ausgehen würde, ließ sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.
    „Eine schöne Wohnung haben Sie.“
    Anthony Hamilton machte ihr das Kompliment, als handelte es sich hier um einen völlig normalen Besuch. Fast hätte Meredith hysterisch gelacht. Sie atmete tief ein und aus und bemühte sich, den Gefühlsaufruhr unter Kontrolle zu bekommen, dann drehte sie sich langsam um. Wenn sie die freundliche Gastgeberin für diesen höflichen Gast spielte, würde sie wahrscheinlich am besten mit den unhaltbaren Träumen fertig werden. „Danke“, sagte sie wieder, und diesmal klang ihre Stimme natürlich und fest.
    Er stand am Ende des Flurs, der an der kleinen Küche vorbei zum Wohnzimmer führte, und schaute Meredith starr an. Sie erwiderte den Blick und hatte plötzlich das Gefühl, dass sich nichts verändert hatte. Sie sah den zweiundzwanzigjährigen Anthony Hamilton vor sich, der von ihr so hingerissen war wie sie von ihm. Die Luft zwischen ihnen knisterte vor Spannung, und es war, als würde der Rest der Welt nicht existieren …
    Sei nicht albern, schalt sich Meredith. Das war dreizehn Jahre her. Anthony war noch immer groß, muskulös und unglaublich gutaussehend, aber jetzt trug er einen eleganten, zweifellos sehr teuren Anzug, das schwarze Haar war an den Schläfen grau meliert, und seine Gesichtszüge waren markanter. Das Leben war weitergegangen. Wahrscheinlich hatte er geheiratet und war Vater weiterer Kinder geworden.
    Das hatte Meredith schon tausendmal gedacht, also warum tat es gerade jetzt wie verrückt weh? Weil er hier war und sie so bewundernd und verlangend anschaute, wie er sie in jenem Sommer angeschaut hatte.
    Und was sah er? Sie war auch älter geworden. Wahrscheinlich war nach dem langen Tag im Büro die Mascara verwischt und die Lippenstiftfarbe verblasst. Meredith hatte makellose olivfarbene Haut und brauchte kein Make-up, doch sie benutzte einen Puder, der mattierend wirkte. Aber nicht zwölf Stunden lang, dachte sie trübsinnig. Und dann wurde ihr bewusst, dass sie auf Strümpfen vor Anthony Hamilton stand. Als sie nach Hause gekommen war, hatte sie sofort die Schuhe ausgezogen. Nicht, dass es viel ausmachte. Sie trug sowieso nur flache Absätze. Groß, schlank und langbeinig, hatte sie immer das Gefühl, dass ihre Figur unproportioniert aussah, wenn sie die langen Beine auch noch durch hohe Absätze betonte. Trotzdem, ohne Schuhe kam sie sich irgendwie ungepflegt vor.
    Und das Haar! Sie hatte es seit dem Morgen nicht mehr gebürstet, und es war so dicht und fein, dass es schon nach wenigen Stunden zerzaust aussah.
    Zumindest das schwarz, weiß und sandfarben gemusterte Hemdblusenkleid würde wohl noch ebenso perfekt sitzen wie am Morgen.
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