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Julia Extra Band 0325

Julia Extra Band 0325

Titel: Julia Extra Band 0325
Autoren: Sharon Kendrick , Brenda Jackson , Jackie Braun , Stacy Connelly
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gewesen.
    Es war ausgerechnet der Abend, an dem sich der Todestag ihrer Mutter jährte, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Natürlich war ihr klar, dass es für eine erwachsene Frau eher töricht war, sich als Waise zu bezeichnen, doch jedes Jahr durchlebte sie an diesem einen Abend noch einmal das Entsetzen, das sie vor all den Jahren gepackt hatte, als sie die schreckliche Nachricht erhielt.
    Da sie ihre Arbeit erledigen musste, hatte sie ihre Emotionen eisern unter Kontrolle gehalten, so lange sie konnte. Doch zum Ende des Abends hatte sie den Kampf gegen die Tränen verloren und war in den Keller gegangen, damit niemand ihre leisen Schluchzer hören konnte.
    Als sie wieder auf den Korridor trat, an dessen Ende die Treppe zum oberen Teil des Hauses lag, wäre sie fast mit einem großen Mann zusammengestoßen. Sie wollte nicht, dass irgendjemand sie in diesem aufgelösten Zustand sah, und wandte hastig das Gesicht ab, während sie versuchte, an ihm vorbeizukommen.
    „Warum so eilig?“
    Sie hätte den Akzent erkennen müssen, doch sie war zu beschäftigt damit, sich die Augen mit dem zerknitterten Taschentuch zu tupfen. „Gehen Sie weg“, sagte sie und erkannte erst in diesem Moment, wer da vor ihr stand.
    Er wirkte, als wüsste er nicht, ob er verärgert oder amüsiert sein sollte.
    „Sie haben geweint.“
    Mit den verquollenen Augen und der roten Nase musste sie fürchterlich aussehen. „Ja“, antwortete sie mit kleinlauter Stimme und hasste es, sich so elend und erbärmlich zu fühlen, ausgerechnet vor ihm. Sie fragte sich, warum er nicht oben war und Champagner mit den anderen Gästen trank.
    „Warum?“
    „Das ist unwichtig.“
    „Oh nein, im Gegenteil. Ich möchte es wissen. Ist Ihnen nicht klar, dass ich der Regent bin und mir daher alle meine Wünsche erfüllt werden?“
    Zuerst glaubte sie, er würde nur scherzen, doch schnell wurde ihr klar, dass er eine Antwort von ihr erwartete. Nun, sollte er sie ruhig haben, dann würde es ihm leidtun, dass er die Frage überhaupt gestellt hatte.
    „Heute ist der Todestag meiner Mutter.“
    „Oh.“
    Sie sah, dass seine Züge sich plötzlich anspannten. Draußen prasselte der Regen auf den Bürgersteig, mit gerunzelter Stirn schaute er auf ihr billiges Schuhwerk, so als wollte er abschätzen, wie nass ihre Füße werden würden.
    „Soll ich Sie nach Hause bringen? Oder holt jemand Sie ab? Vielleicht Ihr Freund?“
    Argwöhnisch musterte sie ihn. Machte er sich lustig über sie? „Nein, ich werde nicht abgeholt. Ich fahre immer mit der U-Bahn nach Hause.“
    „Nun, heute nicht. Ich warte draußen auf Sie. Aber lassen Sie mich nicht zu lange stehen.“
    Daraufhin ging er die Treppe hinauf. Melissa starrte ihm nach, als hätte sie soeben einen Geist gesehen. Und während sie einen letzten prüfenden Blick in die Küche warf und ihre schwarze Arbeitsuniform gegen Jeans, Pullover und Regenmantel tauschte, fragte sie sich, ob sie sich das alles vielleicht nur eingebildet hatte.
    Aber nein, ihre Fantasie hatte ihr keinen Streich gespielt. Als sie das Haus verließ, wartete eine große schwarze Limousine auf sie. Ein Chauffeur stieg aus und hielt den Wagenschlag für sie auf.
    Ihr schoss der Gedanke in den Kopf, dass es genau so eine Szene war, vor der die Polizei immer wieder warnte. Cristiano saß auf dem Rücksitz, ihr Zögern schien ihn zu amüsieren.
    „Steigen Sie nun ein, oder wollen Sie weiter im Regen stehen bleiben?“
    Noch immer rührte sie sich nicht.
    „Oder haben Sie Angst, dass ich mich auf Sie stürze, sobald Sie im Wagen sitzen?“
    Jetzt machte er sich allerdings über sie lustig. Und plötzlich war es ihr gleich – ob es richtig oder falsch war, ob er ein Staatsoberhaupt war oder nicht.
    „Warum tun Sie das?“, fragte sie, während sie in den Wagen und damit in seine Welt des unbegrenzten Luxus einstieg.
    Eine Weile schwieg er mit düsterer Miene, dann sagte er völlig unerwartet: „Weil ich weiß, wie schwer es ist, die eigene Mutter zu verlieren.“
    Und diese Erklärung gab den Ausschlag. Zwei Menschen, die sich in einer verregneten Nacht fanden und ohne große Worte verstanden, was der andere mitgemacht hatte. So unwahrscheinlich es auch war … für kurze Zeit wurden sie ein Paar.
    In Melissas winzigem Apartment probierte er, ein Mann, der die Delikatessen der Welt gekostet hatte, zum ersten Mal in seinem Leben Bohnen auf Toast. Er trank billigen Wein und Tee aus einem irdenen Becher. Sie mieteten ein Boot und
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