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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught
Autoren: Legenden der Liebe
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Tür, schob den Riegel vor und lehnte sich mit dem
Rücken gegen die Türfüllung. Sie blitzte ihre entsetzte Kammerzofe an, die auf
einer Ecke des schmalen Bettes ihrer gemeinsamen Kabine kauerte und ein
Taschentuch zwischen ihren plumpen Fingern zerknüllte. »Das ist ein Alptraum,
und wenn ich morgen aufwache, ist er vorüber, oder, Meg?«
    Meg schüttelte so heftig den Kopf,
daß die Bänder an ihrer weißen Haube hüpften. »Das ist kein Traum. Sie müssen
mit dem Baron reden und ihm etwas erzählen – etwas, das ihn nicht erzürnt, und
vor allem etwas, das er glaubt.«
    »Nun ja, damit ist die Wahrheit ja
wohl ausgeschlossen«, erwiderte Sheridan grimmig. »Ich meine, vielleicht ärgert
es ihn ja nur ein ganz kleines bißchen, wenn er hört, daß mir irgendwo an der
englischen Küste seine Verlobte abhanden gekommen ist. In Wahrheit habe ich sie
richtiggehend verloren!«
    »Sie haben sie nicht verloren, sie
ist ausgerissen! Miss Cha rise ist mit Mr. Morrison durchgebrannt, als wir im
letzten Hafen anlegten.«
    »Das bedeutet gar nichts in Anbetracht
der Tatsache, daß sie meiner Obhut anvertraut war, und ich meine Pflicht ihrem
Vater und dem Baron gegenüber versäumt habe. Mir bleibt nichts anderes übrig,
als hinauszugehen und das dem Baron mitzuteilen.«
    »Das dürfen Sie nicht«, beschwor Meg
sie. »Er läßt uns auf der Stelle ins Gefängnis werfen. Außerdem müssen Sie
dafür sorgen, daß er uns freundlich gesonnen ist, wir haben sonst niemanden, an
den wir uns wenden und keinen Ort, wo wir bleiben könnten. Miss Charise hat das
ganze Geld mitgenommen, und wir besitzen nicht einen Schilling, um die
Heimfahrt zu bezahlen.«
    »Ich werde irgendeine Arbeit
finden.« Trotz ihrer zuversichtlichen Worte zitterte Sherrys Stimme vor
Anspannung. Unbewußt nach einem Schlupfloch suchend, blickte sie sich in der
winzigen Kabine um.
    »Sie haben überhaupt keine
Referenzen«, widersprach Meg mit tränenerstickter Stimme. »Und wir wissen
nicht, wo wir heute nacht schlafen sollen, und Geld für eine Herberge haben wir
auch nicht. Wir werden in der Gosse landen. Oder noch schlimmer.«
    »Was könnte denn noch schlimmer
sein?« fragte Sherry. Als Meg jedoch den Mund zu einer Erwiderung öffnete, hob
sie die Hand und sagte mit einem Anflug ihres üblichen Humors: »Nein, nicht,
ich bitte dich. Du darfst an 'weiße Sklaverei' nicht einmal denken.«
    Meg wurde blaß und sperrte den Mund
auf, ihre Stimme war nur noch ein verzagtes Flüstern. »Weiße ... Sklaverei.«
    »Meg! Um Himmels willen, das war ein
... ein Scherz ... und ein geschmackloser noch dazu!«
    »Wenn Sie hinausgehen und ihm die
Wahrheit sagen, wird er uns beide auf der Stelle ins Gefängnis werfen lassen.«
    »Warum«, explodierte Sherry, die
einem Nervenzusammenbruch näher war als jemals zuvor in ihrem Leben, »faselst
du eigentlich dauernd von Gefängnis?«
    »Weil es hier Gesetze gibt, Miss,
und Sie – wir – wir haben ein paar davon übertreten. Nicht absichtlich
natürlich, aber das wird niemanden interessieren. Hier wird man einfach ins
Gefängnis geworfen – es werden keine Fragen gestellt und man will keine
Antworten hören. Hier zählt nur eine Sorte von Menschen, und das ist die
Oberschicht. Wenn er nun denkt, wir hätten sie umgebracht oder ihr Geld
gestohlen oder sie verkauft – oder sonst etwas Schlimmes, was dann? Dann stünde
sein Wort gegen Ihres, und Sie sind ein Niemand, deshalb wird das Gesetz auf
seiner Seite sein.«
    Sherry versuchte, etwas Humorvolles
oder Beruhigendes zu erwidern, aber ihre physische und emotionale Verfassung
hatten unter der wochenlangen Anstrengung und Anspannung gelitten. Sie war
während der Reise krank gewesen, und dann war vor zwei Tagen auch noch Charise
verschwunden. Auf diesen verrückten Handel hätte sie nie eingehen dürfen, das
war ihr jetzt klar. Sie hatte ihre Fähigkeit, mit einer verwöhnten, albernen
Siebzehnjährigen fertigzuwerden, überschätzt, und sich eingeredet, ihr
gesunder Menschenverstand und ihre praktische Veranlagung, zusammen mit ihrer
Erfahrung als Lehrerin an Miss Talbots Schule für junge Damen, die auch
Charise besucht hatte, würden sie in die Lage versetzen, bewundernswert locker
mit allen auf der Reise auftretenden Schwierigkeiten fertigzuwerden. Charises
strenger Vater hatte sich von Sheridans frischem und kompetentem Auftreten so
täuschen lassen, daß er sie, als sein Herzleiden ihn davon abhielt, selbst
nach London zu reisen, vor einigen älteren und erfahreneren
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