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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught
Autoren: Legenden der Liebe
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Ihnen
besprechen.« Und fort war er.
    Hodgkin schloß die Tür, drehte sich
um und starrte fassungslos in das schäbige Zimmer. Plötzlich strömten Kraft
und Jugend wieder warm durch seine Adern. Man hatte ihm nicht nur eine Stellung
angeboten, sondern auch noch eine im Haushalt eines der bewundertsten und
einflußreichsten Adligen Europas!
    Und diese Position hatte man ihm
nicht aus Mitleid angeboten; dessen war sich Hodgkin beinahe sicher, denn der
Earl of Langford galt nicht als ein Mann, der Dienstboten oder sonst jemanden
verhätschelte. Eigentlich wurde eher gemunkelt, der Earl sei ein recht distanzierter,
anspruchsvoller Mann, der an seine Haushalte und Bediensteten die höchsten
Ansprüche stellte.
    Allerdings konnte Hodgin das
demütigende Gefühl, der Earl habe ihm vielleicht nur aus Mitleid eine Stelle
angeboten, zunächst nicht ganz unterdrücken. Doch dann fiel ihm auf einmal
etwas ein, das der Earl gesagt hatte, ein Wort, das Hodgkin mit Freude und
Stolz erfüllte: Lord Westmoreland hatte ganz ausdrücklich gesagt, daß er
Hodgkin für erfahren hielt. Genau dieses Wort hatte er gebraucht!
    Erfahren!
    Langsam drehte Hodgkin sich zu dem
Spiegel im Flur und betrachtete, auf seinen schwarzen Stock gestützt, sein Spiegelbild.
Erfahren ...
    Er richtete sich auf, obwohl die
Anstrengung ihm ein wenig Schmerzen bereitete, dann straffte er die Schultern.
Mit der freien Hand glättete er sorgfältig die Aufschläge seines
fadenscheinigen schwarzen Jacketts. Nun ja, dachte er, er sah schließlich auch
nicht so besonders alt aus – keinen Tag älter jedenfalls als dreiundsiebzig!
Lord Westmoreland hielt ihn bestimmt nicht für gebrechlich oder nutzlos. Nein,
ganz sicher nicht! Stephen David Elliott Westmoreland, Earl of Langford, hielt
ihn, Albert Hodgkin, für eine würdige Bereicherung seiner Dienerschaft. Lord
Westmoreland, der über Grundbesitz in ganz Europa sowie über Adelstitel
verfügte, die ihm über seine Mutter und zwei Vorfahren, die ihn als Erben
eingesetzt hatten, zugekommen waren, hielt ihn, Albert Hodgkin, für eine
würdige Bereicherung eines seiner prächtigen Haushalte!
    Hodgkin legte den Kopf schräg und versuchte,
sich vorzustellen, wie er in der eleganten grüngoldenen Langford-Livree
aussehen würde, aber irgend etwas trübte seinen Blick. Er hob die Hand und fuhr
mit seinen langen, dünnen Fingern in die Augenwinkel, wo er ungewohnte
Feuchtigkeit bemerkte. Er wischte die Tränen weg und verspürte plötzlich das
verrückte Bedürfnis, seinen Stock hochzuwerfen und einen kleinen Freudentanz
aufzuführen. Allerdings war Würde, das empfand Hodgkin zutiefst, einem Mann,
der demnächst zur Dienerschaft von Lord Stephen Westmoreland gehören würde,
sehr viel angemessener.

Drittes Kapitel

    Die Sonne versank bereits im
flammendroten Abendhimmel, als ein Seemann vom Dock herunterkam und zu der
Kutsche trat, die dort seit dem Morgen wartete. »Da ist sie – die Morning
Star«, sagte er zu Stephen, der an der Tür des Gefährts lehnte und
gleichmütig einer Rauferei unter Betrunkenen vor dem nahegelegenen Pub zusah.
Bevor der Seemann jedoch den Arm hob, um auf das Schiff zu zeigen, warf er noch
einen vorsichtigen Blick auf die beiden Lakaien, die deutlich sichtbar
Pistolen trugen und offensichtlich den Gefahren, die überall auf dem Kai
lauerten, nicht so gleichgültig gegenüberstanden wie ihr Herr. »Da ist sie,
genau da«, sagte er zu Stephen und zeigte auf ein kleines Schiff, das gerade in
den Hafen einlief. In der Dämmerung waren die Segel nur noch als schwache
Silhouetten zu erkennen. »Und sie kommt nur ein bißchen zu spät.«
    Stephen richtete sich auf und nickte
einem der Lakaien zu, der dem Seemann eine Münze für seinen Dienst zuwarf. Dann
ging er langsam das Dock hinunter. Er wünschte sich, seine Mutter oder seine
Schwägerin stünden ihm bei, wenn Burletons Braut eintraf. Die Anwesenheit
mitfühlender weiblicher Wesen hätte sicher den Schock mildern können, wenn er
dem Mädchen die tragischen Nachrichten überbrachte, Nachrichten, die ihre
Träume in einen Scherbenhaufen verwandeln würden.
    »Das ist ein Alptraum!« schrie Sheridan
Bromleigh dem verblüfften Steward entgegen, der bereits zum zweiten Mal gekommen
war, um ihr zu sagen, ein Gentleman erwarte sie auf dem Pier – ein Gentleman,
von dem sie natürlich annahm, er sei Lord Burleton. »Sagen Sie ihm, er soll
warten. Sagen Sie ihm, ich sei gestorben. Nein, sagen Sie ihm, wir seien noch
nicht fertig.« Sie schloß die
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