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Joy Moci - Ab jetzt wird alles anders

Joy Moci - Ab jetzt wird alles anders

Titel: Joy Moci - Ab jetzt wird alles anders
Autoren: Dagmar Winter
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Deine Mitarbeiter hatten ein paar Telefonate mitbekommen und folgerten daraus, dass du kaum noch Kompetenz hättest, nichts mitbekommen würdest. Dass du kaum mehr etwas bemerken würdest. Naja, und wenn du nichts mehr merkst, dann würden sich deine Mitarbeiter eben auch keine Mühe mehr geben wollen. Die Sache ging bis zum Betriebsrat. Durch das Werk zog sich eine riesige Tratsch-Welle. Eine deiner Mitarbeiterinnen hat dann kurze Zeit später gekündigt. Du hattest ihr ans Herz gelegt, sich doch bitte einen anderen Arbeitsplatz zu suchen. Robert, glaubst du wirklich, dass das alles nur immer an den anderen liegt? Es kam damals häufig vor, dass du nach Feierabend reichlich deprimiert im Wohnzimmer gesessen hast und nicht mehr wusstest, wie du am nächsten Tag weitermachen solltest. Mit deiner Führungscrew hattest du mehr als einmal Ärger. Alle anderen waren immer zu kleinkrämerisch, zu unkoordiniert, und manchmal hast du sie auch als dumm bezeichnet. Ist dir eigentlich nicht bewusst, dass das auch
    was mit dir zu tun hat, Robert? Was glaubst du eigentlich, warum du hier liegst? Weil alle anderen nicht so intelligent sind wie du?“
     
    Eigentlich wollte Sandy so weit nicht gehen, aber sie hat das Gefühl, ihrem Robert einmal die Augen öffnen zu müssen. Sonst machte es ja keiner. In seiner Firma hatte keiner den Mut dazu. Wer sagt schon einem Personalchef mal so richtig die Meinung? Da möchte doch lieber jeder seinen Arbeitsplatz retten und schweigen.
     
    „ Robert, du hast in den letzten Jahren so unbewusst gelebt wie kaum ein anderer Mensch. Nein, nicht richtig, sondern wie viele andere Menschen. Und du hast es ebenso nicht bemerkt, wie alle anderen. Hast du dir denn nie Gedanken gemacht, warum deine Mitarbeiter hinter deinem Rücken solch eine Aktion abziehen? Warum du mit deinem Vorgesetzten nicht klar kommst und viele andere Kollegen dich auch nicht mehr leiden können? Es sind nicht immer nur die anderen Schuld. Nichts ändert sich, außer du änderst dich.“
     
    Robert hat jedes Wort von Sandy mit großer Aufmerk-samkeit wahrgenommen. Fühlt er sich entsetzt? Nein, das kann man so nicht sagen. Eigentlich hat er geahnt, was Sandy ihm gerade etwas unsanft mitteilte. Doch richtig wahrhaben will er es nicht. Warum sagte sie das zu ihm, was beabsichtigte sie damit?
     
    „ Robert, ist dir bewusst, dass da draußen in den Firmen etwas ganz Gravierendes fehlt? Es fehlt ein Konzept, welches Führungskräfte dazu bewegt, anzuhalten. Einen Boxenstopp zu machen. Ein Konzept, dass die unter-schiedlichsten Möglichkeiten zum Thema Stressmanage-
    ment beinhaltet. Es fehlen praxiserprobte Methoden, um Stress abzubauen und neue Gedankengänge möglich zu machen. Um sozusagen wieder kreativ denken zu können. Es geht nicht immer nur um schneller, höher, weiter.“
     
    Sandy fängt an zu weinen. Es zerreißt ihr fast das Herz, jeden Tag wieder neu mit solchen Situationen konfrontiert zu werden. „Ich bin traurig, Robert. Tief traurig. Ich lebe seit Jahren mit dir zusammen, und auch ich habe es kaum noch wahrgenommen, wie unbewusst du geworden bist. Ich fühle mich hilflos. Weiß nicht mehr, was ich machen soll. Ich möchte so viel verändern und finde einfach keinen Anfang.“ Sandy schluchzt. „Jeden Tag erlebe ich es, dass die Menschen ihre innere Stimme völlig vergessen haben. Und nun sitze ich hier an deinem Krankenbett und habe es selbst mit solch einem „Opfer“ der Unbewusstheit zu tun. Ich kann damit nicht umgehen. Ich weiß nicht mehr, ob ich das überhaupt noch will. Ich weiß nicht, ob dein Zustand dazu beiträgt, dass du irgendwas verändern könntest, wenn du aus deinem Koma wieder aufwachst. Ich habe keine Ahnung, welche Lebensziele du noch hast. Drücken sich deine Ziele nur noch in $-Noten aus? Robert, wir beide wissen kaum noch etwas voneinander. Und dennoch liebe ich dich. Das ist eigentlich das, was mir am meisten weh tut. Ich liebe dich und weiß nichts von dir. Ich weiß nur, dass da draußen Millionen von Menschen genauso ticken wie du. Millionen von Menschen sind ebenso in solch eine Schleife geraten. Und keiner bemerkt es. Was kann ich denn nur tun, schluchzt Sandy? Was kann ich tun?“
    Und mit dieser Frage kommt auch die Antwort tief aus ihrem Innern: Es gibt nichts zu tun, Sandy. Es gibt derzeit nichts zu tun.
     
    Für jeden Menschen kommt im Leben einmal der Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen. Bei dem einen früher, bei dem anderen später. Es stellt sich bei jedem Menschen die
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