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Jimmy der Mops

Jimmy der Mops

Titel: Jimmy der Mops
Autoren: Miriam Pharo
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Masochist, aber in einer Welt, die nur aus Lügen besteht, ist physischer Schmerz oft die einzige Wahrheit. So mache ich mich wenig später auf den Weg zu einer Kneipe namens Himmi Herrgott Sakra! im Außenbezirk von München City. Das altmodische Schild aus Leuchtdioden, eine Laus auf einem Bierfass, ist mir von der Tube aus bereits mehrmals ins Auge gestochen. Zur Assimilation zaubere ich mir keine polymeren Makel ins Gesicht wie Augenringe oder großporige Haut, sondern beschränke mich darauf, eine fleckige Stoffhose und eine alte Militärjacke anzuziehen. Meine verwuschelten Haare kämme ich mir ins Gesicht, was mich, wie ich weiß, etwas kindlich aussehen lässt.
      Als ich das Himmi Herrgott Sakra! durch die offene Tür betrete, schaut sich niemand nach mir um und so stapfe ich zur Holztheke und bestelle ein Hachinger Bräu. Während ich am groben Gesöff nippe, begutachte ich meine Umgebung. Außer einem Dutzend Männern und Frauen in verschiedenen Stufen der Trunkenheit, die sich auf Holzstühlen um mehrere Tische fläzen, gibt es nicht viel zu sehen. Keine bunten Lichter, keine glatt gebügelten Gesichter, kein Firlefanz. Ich lasse meinen Blick wandern und entdecke einen Mann mittleren Alters: drahtig, nüchtern, unberechenbar. Für mein Vorhaben ungeeignet. Meine Augen forschen weiter und bleiben an einen Typen hängen, der etwa Anfang dreißig ist, also in meinem Alter. Er ist etwas größer als ich und gut zwanzig Kilo schwerer. Unter seinem Hemd mache ich Muskeln aus. Seine Augen sind leicht glasig, er ist angetrunken, aber nicht so, dass er gleich zusammenklappt. Perfekt.
      Mit einem kräftigen Schluck leere ich mein Glas, dann rutsche ich vom Hocker und gehe auf den Typen zu, während es hinter meinen Augäpfeln verheißungsvoll zu pochen beginnt. Mit der rechten Schulter remple ich ihn an. Als er nicht reagiert, baue ich mich breitbeinig vor ihm auf, die Arme leicht vom Körper abgewinkelt. „Hey, pass doch auf, du Affe!“
      Sichtlich angestrengt starrt er mich an. „Wie hast du mich genannt?“
      „Einen Affen! Aber wenn ich’s mir recht überlege, Fettsack trifft es wohl eher!“ Mit dem blasiertesten Gesichtsausdruck, zu dem ich fähig bin, mustere ich ihn von Kopf bis Fuß. Das muss genügen und ich drehe mich weg.  
      Im selben Moment nehme ich aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung wahr. Ich werfe mich herum und ducke mich, so dass der Hieb, der meinen Hinterkopf treffen sollte, ins Leere geht. Durch den Schwung pralle ich seitlich gegen einen der Tische, als sich der Kerl auf mich stürzt. Seine Faust gräbt sich in   meinen Magen, doch zum Glück ist der Schlag nicht kraftvoll genug ausgeführt und es gelingt mir, den zweiten Hieb abzuwehren, in dem ich mich vom Tisch abstoße, um ihm den Fuß in die Brust zu rammen. Mein Gegner torkelt rückwärts. Seine Augen funkeln angriffslustig und ich schaue mich nach einer provisorischen Waffe um. Ich will den nächstbesten Stuhl packen, doch dabei achte ich nicht auf meine Füße und stolpere, was den anderen dazu anregt, mir sein rechtes Knie zwischen die Beine zu rammen und mich wie einen Baum zu fällen. Obwohl der Typ nicht zielgenau getroffen hat, fährt mir ein jäher Schmerz durch Mark und Bein, der mich unwillkürlich auflachen lässt. Endlich! In der Menge der Umstehenden klatscht jemand Beifall. Auch wenn ich zu Boden gegangen bin, fühle ich mich euphorisch wie schon lange nicht mehr und nutze die Verwirrung meines Kontrahenten, um einen Fuß hinter seine Knöchel zu haken. Mit einem Ruck bringe ich ihn zu Fall, was leider zur Folge hat, dass hundert Kilo Fleisch auf mich plumpsen und mir der Gestank von Alkohol und Schweiß Tränen in die Augen treibt. Als Replik auf mein ersticktes „Du stinkst!“ bekomme ich einen Fausthieb auf die Nase. Blut spritzt und nimmt mir die Sicht, da umklammert der Kerl zu allem Überfluss meinen Hals. Wenn ich mir jetzt nicht etwas einfallen lasse, bin ich erledigt, und so schlage ich mit beiden Handflächen kräftig auf seine Ohren. Benommen lässt er meinen Hals los, während ich ihn packe, um ihn zu mir heranzuziehen. Gleichzeitig hebe ich den Kopf und donnere mit einem gezielten Stoß meine Stirn gegen seine Nasenwurzel. Aus seiner Kehle entweicht ein Geräusch, als würde man die Luft aus einem Gummischlauch ablassen, dann verdreht er die Augen, bevor er schwankend nach hinten sackt und regungslos liegen bleibt. Kurz vergewissere ich mich, dass er so bald nicht mehr aufsteht, dann
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