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Jetz is, wo früher inne Vergangenheit die Zukunft war (German Edition)

Jetz is, wo früher inne Vergangenheit die Zukunft war (German Edition)

Titel: Jetz is, wo früher inne Vergangenheit die Zukunft war (German Edition)
Autoren: Herbert Knebel
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Lähmung!
    Da sachte der Ups aber, nee, nee, dat wär schon in Ordnung, weil, dat würd ja langfristig sein Arbeitsplatz sichern. Ich sach, aber andere müssen et ausbaden. Zum Beispiel der Otto mit sein Versand, der wird doch bekloppt bei die ganze Ein- und Auspackerei! Da sachte der Ups, dat würd der Otto aber nich alles selber machen, der hätte schon Knechte, die die Sortierung vor Ort für ihm erledigen. Und da würden dann ja auch wieder Arbeitsplätze geschaffen. Ich sach, ups!, da hab ich ja noch gar nich drüber nachgedacht. Und dann sachte er, Sie können stolz sein auf Ihre Frau! Frauen wie Sie Ihre tragen mit ihre sinnlose Bestellerei zum Aufschwung bei!
    Ich sach zu mein Frau, Guste, ich bekenne hier vor Ort, vor den Ups-Mann, ich hab dir unrecht getan! Und zur Belohnung gehen wir gez ersma deine Wäsche anprobieren!

Bestattungen
    Boh glaubse, wissen Se, wat inne Zukunft immer mehr zunehmen wird, und zwar drastisch? Dat sind Tote! Ja nu, et gibt auch Themen, die man sich nähern muss, obwohl man sie lieber ausn Weg gehen würde, aber man kommt nich dran vorbei an ihnen. Aber ich werd dat hier ganz pietätsvoll behandeln, wie dat so meine Art is. Ich mein, et is ja seit viele Jahre schon Dauerthema: Vergreisung von unsre Gesellschaft, also, dat immer mehr Leute steinalt werden. Aber is ja klar, irgendwann is vorbei, selbs bei steinalt. Ewig kann man et nich rauszögern, selbs mit Tabletten und Maschinen nich. Ich mein, wir sind nur Gast auf Erden.
    Ja, und mittlerweile hat sich über die Jahre en regelrechtes Heer von Steinalte angesammelt, wat gez kurz davor is – und da muss man kein Prophet für sein –, schlagartig ins Gras zu beißen. Und da stellt sich die Frage, is überhaupt genug Gras da, wo die reinbeißen können, oder anders gesacht, is da genug Platz auf unsre Friedhöfe für die herkömmliche Bestattungsform, also mit Ausschachtung von dat Grab und Sarg und Gesteck und Grabstein? Dat will ja alles untergebracht sein.
    Ja, und deswegen sind windige Geschäftsleute hingegangen und ham en ganz neuen Markt entdeckt. Et gibt nämlich mittlerweile die dollsten Angebote, son normales Grab zu umgehen. Ich musste mich die Tage damit ausenandersetzen, weil der Willi Lanfermann, von dem der Vatter, gestorben war. Ja, und der Willi is mit alles immer überfordert und hatte mich gebeten, mich um die Leiche zu kümmern, also … die Bestattung von sie.
    Und da hab ich mich bei son Totengräberinstitut schlaugemacht. Und der Totengräber sachte dann, dat et heutzutage die mannigfaltigsten Varianten gäb, so Tote unterzubringen. Wer zum Beispiel wegwill vonne unterirdische Variante, der könnte zu ner Seebestattung greifen. Ich sach, wie, is dat so, wie man dat vonne Piraten kennt, wo man als Päckchen verschnürt über die Rutsche von Bord geht? Da meinte er aber, nee, der Tote würd vorher verbrannt und dann als Urne versenkt.
    Ich sach, in welchen See findet denn die Seebestattung statt? Biggesee? Weil, der Vatter von den Willi war da oft zum Camping. Da sachte er, nee, dat wär weniger See und mehr Meer. Aber wenn ich dat nich wollte, man könnte die Asche von den Vatter auch aum Feld verstreuen. Ich sach, näh, dat is mir zu risikoreich! Kucken Se ma, wenn an den Tach von die Verstreuung ma wieder der Sturm Kyrill da is und wir den, sagen wir ma, in Steele-Horst – wat im Osten von Essen liegt – verstreuen, dann landet der doch ne ganze Ecke weiter in Wattenscheid! Ich sach, ich bitt Sie, wollten Sie so enden?!
    Da sachte er, ja, dat Gegenteil vonne Verstreuung wär praktisch, wenn man die Asche pressen lassen tät zu ein Diamanten. Dat wär aber nur im Ausland möglich. Ich sach, schade, dat wär für den schrappigen Willi die Variante gewesen. Da hätt er mitte Grabpflege nix am Hals gehabt und hätt den toten Vatter anschließend noch als Edelstein verkloppen können.
    Letzten Endes ham wir uns dann für ne anonyme Variante entschieden. Ja, jetz liegt der Vatter vom Willi irgendwo auf sonne große Wiese untendrunter. Aber immerhin in Steele-Horst!

Meinetwegen
Mein Freund, einma, da fällt
Dann auch für dich der letzte Vorhang
Du nippels ab und liechs im Grab
Bevor de auch nur weiß wat los is
Ja, Mensch, die Zeit, die is wohl reif
Für einen gez, für andre später
Und ich, ich sach zu mir
Meiheinetwegen
 
Ja, die Existenz is schon ein Rätsel
Wo komm ich her, und wo geh ich gez hin?
Wo is der Schöpfer, wann kommt der Bus?
Wo is der Sinn, is alles Quatsch?
Wie dem auch sei, et kommt,
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