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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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Gläubige, Christen, Muslime und Juden, und selbst angesichts der heutigen Auseinandersetzungen möchte ich dies ohne politische Agenda tun.
    In meiner Darstellung gehe ich chronologisch vor und schildere die Geschichte anhand des Lebens von Männern und Frauen, Soldaten und Propheten, Dichtern und Königen, Bauern und Musikern und der Familien, die Jerusalem gemacht haben. Das halte ich für den besten Weg, um die Stadt zum Leben zu erwecken und zu zeigen, dass ihre komplexen, überraschenden Wahrheiten Folge dieser Geschichte sind. Nur in der chronologischen Schilderung entgeht man der Versuchung, die Vergangenheit durch die Brille heutiger Obsessionen zu sehen. Ich habe mich bemüht, Teleologie zu vermeiden, also Geschichte zu beschreiben, als sei jedes Ereignis unvermeidlich. Da jeder Wandel eine Reaktion auf eine vorhergehende Veränderung ist, ist die chronologische Darstellung der beste Weg, diese Evolution zu begreifen, die Frage »Warum Jerusalem?« zu beantworten und zu zeigen, warum Menschen so gehandelt haben, wie sie es getan haben. Ich hoffe, es ist auch der unterhaltsamste Weg, Geschichte zu schildern. Denn wer bin ich, dass ich eine Geschichte ruiniere, die zu den größten gehört, die je erzählt wurden – um ein in diesem Fall verdientes Hollywood-Klischee zu benutzen. Unter den unzähligen Büchern über Jerusalem gibt es nur wenige, die sich der Stadtgeschichte erzählend widmen. Vier Epochen – David, Jesus, die Kreuzfahrer und der arabisch-israelische Konflikt – sind vielen durch die Bibel, Filme, Romane und Nachrichten vertraut, werden aber häufig noch immer missverstanden. Was die übrigen Epochen angeht, möchte ich neuen Lesern viel vergessene Geschichte nahebringen.
    Dieses Buch behandelt die Geschichte Jerusalems als die des Zentrums der Weltgeschichte, will aber weder eine Enzyklopädie noch ein Handbuch sein, die jeden Aspekt der Stadt oder jeden Winkel, jedes Kapitell und jeden Bogen sämtlicher Bauten beschreiben. Es liefert keine minutiösen historischen Abrisse der Orthodoxen, Lateiner oder Armenier, der islamischen Hanafi- oder Schafii-Rechtsschule oder der chassidischen oder karäischen Juden, und vertritt keinen bestimmten Standpunkt. Das Leben der muslimischen Stadt von den Mamelucken bis zur Mandatszeit wurde bisher vernachlässigt. Die Jerusalemer Familien wurden zwar von Wissenschaftlern untersucht, die sich mit palästinensischer Geschichte befassten, tauchten aber in populärwissenschaftlichen Geschichtswerken kaum auf. Aber ihre Geschichte war und ist von immenser Bedeutung: Manche wichtigen Quellen sind bislang nicht in andere Sprachen übersetzt, aber ich habe sie mir übersetzen lassen und Mitglieder aller dieser Clans interviewt, um ihre Geschichten zu erfahren. Sie machen aber nur einen Teil dieses Mosaiks aus. Hier geht es weder um eine Geschichte des Judentums, Christentums oder Islams noch um eine Untersuchung über das Wesen Gottes in Jerusalem: Alle diese Aspekte wurden bereits von anderen hervorragend behandelt – erst jüngst in Karen Armstrongs exzellentem Buch Jerusalem – die Heilige Stadt. Es geht auch nicht um eine eingehende Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts: Kein Thema wird heute so obsessiv untersucht. Vielmehr stelle ich mich der großen Herausforderung, alle diese Aspekte hoffentlich angemessen zu behandeln.
    Meine Aufgabe ist, die Fakten zu schildern, nicht über die Mysterien verschiedener Religionen zu urteilen. Gewiss erhebe ich nicht den Anspruch, mich zum Richter aufzuschwingen, ob die göttlichen Wunder und heiligen Schriften der drei großen Abrahamitischen Religionen »wahr« sind. Jeder, der sich mit der Bibel oder mit Jerusalem befasst, muss zugeben, dass die Wahrheit vielschichtig ist. Die Überzeugungen anderer Religionen und anderer Epochen erscheinen uns immer seltsam, während wir die vertrauten Gebräuche unserer Zeit und Weltregion durchaus vernünftig finden. Selbst das 21. Jahrhundert, das viele offenbar für den Gipfel an säkularer Vernunft und gesundem Menschenverstand halten, hat seine ganz eigenen konventionellen Weisheiten und quasi religiösen Orthodoxien, die unseren Ururenkeln unbegreiflich absurd vorkommen werden. Aber die Auswirkungen der Religionen und ihrer Wunder auf die Geschichte Jerusalems sind unbestreitbar real, und ohne einen gewissen Respekt vor der Religion ist Jerusalem nicht zu verstehen.
    In Jerusalems Geschichte gibt es Jahrhunderte, über die wenig bekannt ist und in denen
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