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Jerry Cotton - 0568 - Die unheimliche Witwe

Jerry Cotton - 0568 - Die unheimliche Witwe

Titel: Jerry Cotton - 0568 - Die unheimliche Witwe
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es neben eurer Scheinwelt noch ein wirkliches Leben gibt — ein Leben ohne große Worte, aber mit handfesten Taten.« Das Lächeln, das sie mir schenkte, wurde breit und einladend. »Mit Liebe. Mit handfester Liebe. Was halten Sie davon, Mister?«
    »Ich bin ganz versessen darauf«, sagte ich. »Wir reden noch darüber. Aber erst muß ich mit Berry sprechen.«
    Ihr Lächeln fiel in sich zusammen. »Männer müssen immerzu reden«, beschwerte sie sich. »Als ob jemals etwas dabei herauskäme! Gehen Sie in den nächsten Wagen — dort fummelt er mit Patty herum.«
    Ich befolgte die Aufforderung. Der zweite Wohnwagen war als Fotoatelier eingerichtet. An der hinteren Schmalwand hingen breite Papierrollen, die als Aufnahmekulisse verwendet werden konnten. Auf einem Stativ war eine teure Spiegelreflexkamera geschraubt. Dahinter standen einige Scheinwerfer. Auf dem Boden lagen Kabel und Leitungen durcheinander.
    Mein Blick konzentrierte sich jedoch auf das Girl, das mir den Rücken zuwandte und sich einen Drink mixte. Das Girl war unbekleidet.
    Ich räusperte mich diskret und wandte meinen Blick ab, obwohl die Rückenlinie des Mädchens von ästhetischer Schönheit war und zur eingehenden Betrachtung einlud. Das Girl wandte sich um, nicht sehr rasch und keineswegs erschrocken. Das Mädchen unternahm nicht den geringsten Versuch, seine Blöße zu verdecken. Es lächelte und bewegte sich mit der schamfreien Anmut eines Naturkindes.
    »Hallo«, sagte sie. »Sind Sie ein Freund von Berry?«
    »Nein, aber ich suche ihn.« Meine Stimme klang leicht belegt. Das ärgerte mich, aber ich konnte es nicht ändern. Das Mädchen war etwa dreiundzwanzig und hellblond. Das Gesicht war hübsch, aber ein bißchen leer und ausdruckslos. Zweifellos gehörte sie zu den Girls, die auf Geist verzichten können.
    »Ich bin Patty«, stellte sie sich vor. »Berry macht einige Fotos von mir. Sie sind für die nächste Ausgabe bestimmt.«
    »Verspricht ein Knüller zu werden«, sagte ich. »Wo steckt Berry?«
    »Haben Sie’s denn so eilig?« schmollte sie. »Leisten Sie mir doch inzwischen ein wenig Gesellschaft. Nehmen Sie Gin oder Whisky? Wie Sie sehen, ist alles da. Berry kommt gleich wieder. Er ist in der Dunkelkammer.«
    Sie kam mit wiegenden Hüften auf mich zu. Mir wurde ziemlich warm. Ich schob einen Finger zwischen Hals und Kragen. »Ich'bin ein miserabler Unterhalter«, sagte ich.
    Sie blieb so dicht vor mir stehen, daß ich den Duft ihres seidig glänzenden, bis auf die Schultern herabfallenden Haares wahrnahm. Patty hatte haselnußbraune Augen. »So etwas lernt man rasch«, meinte sie. »Man muß nur den richtigen Partner haben und ein wenig Begabung mitbringen.«
    Ich ließ sie stehen und huschte in den angrenzenden Wohnwagen, der als Druckerei eingerichtet war. An der Längsseite standen vier hochmoderne Offsetdruckmaschinen. In einer Ecke stapelten sich gedruckte und gebündelte Ausgaben des »Killer«-Magazins.
    Ich durchquerte den Wagen, wobei ich darauf achtgeben mußte, mich nicht an den öligen Maschinen zu beschmutzen. Plötzlich stockte mein Fuß. Vor mir zog sich ein dickes glänzendes Farbrinnsal über den Boden.
    Es sah aus wie Blut und kam geradewegs zwischen den Zeitungsstapeln hervor. Ich mußte lächeln. Wahrscheinlich war es Druckfarbe. Paßt ja auch hierher, dachte ich. Dann bückte ich mich und wischte mit dem Finger über das Rinnsal. Als ich mich aufrichtete, hämmerte mein Herz ein Stakkato, dessen Ursache verdammt klar war. An meinem Finger klebte keine Farbe. Es war Blut.
    Ich zuckte herum, als ein Quietschen ertönte. Ein junger Mann betrat den Wohnwagen. Als die Tür hinter ihm zuklappte, erlosch eine rote Lampe über dem Türrahmen. Der junge Mann hatte einen dunkelblonden Vollbart. Er trug eine randlose Brille und hielt sich leicht gebückt. Offenbar versuchte er mit dieser Haltung, seine hochaufgeschossene Knochigkeit zu mildern. Seine Augen waren fast wimpernlos und von mißtrauischer Wachsamkeit. Bekleidet war er mit Blue jeans und einem schwarzen schmuddeligen Rollkragenpullover. In der Hand hielt er einige Vergrößerungen. Ich sah, daß es Aktfotos waren.
    Er starrte erst mich und dann meinen blutverschmierten Finger an. »Hallo«, sagte er atemlos.
    »Hallo«, sagte ich.
    Er verzog den Mund, ohne seine Augen in das breite Grinsen einzubeziehen. Sie blieben abwartend, gespannt und distanziert.
    »Wie sind Sie denn hereingekommen?« fragte er.
    »Durch die Tür«, erwiderte ich. »Ich bin ein bißchen in
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