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Jenseits Der Schatten

Titel: Jenseits Der Schatten
Autoren: Brent Weeks
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gute Königin sein.
    Logan dachte, er hätte seine Entscheidung bereits getroffen, aber jetzt zögerte er. Er dachte daran, wie es gewesen war, im Loch machtlos zu sein, wie es sich angefühlt hatte, machtlos zu sein, als Jenine, seine frisch angetraute Frau, ermordet worden war. Dann rief er sich ins Gedächtnis, wie verstörend wunderbar es sich angefühlt hatte, Kylar zu befehlen, Gorkhy zu töten, und den Befehl dann befolgt zu sehen. Er fragte sich, ob es das gleiche Vergnügen sein würde, Terah Graesin sterben zu sehen. Mit
einem Nicken in Richtung seiner Hexenjäger würde er es herausfinden können. Er würde sich nie wieder machtlos fühlen.
    Sein Vater hatte einmal zu ihm gesagt: »Ein Eid ist das Maß des Mannes, der ihn ablegt.« Logan hatte gesehen, was passierte, wenn er das tat, was recht war, ganz gleich, wie dumm es ihm zur Zeit der Tat erschienen war. Das war es, was die Locher hinter ihn gebracht hatte. Das war es, was sein Leben gerettet hatte, als er im Fieber lag und kaum noch bei Bewusstsein gewesen war. Das war es, was Lilly - die Frau, aus der die Khalidori den Ferali gemacht hatten - dazu bewogen hatte, sich gegen die Khalidori zu wenden. Letzten Endes hatte es zur Rettung von ganz Cenaria geführt, dass Logan stets das getan hatte, was er für recht hielt. Und sein Vater, Regnus Gyre, hatte getreu seinen Eiden gelebt, eine jämmerliche Ehe und den jämmerlichen Dienst an einem armseligen, bösartigen König durchgestanden. Er hatte Tag für Tag die Zähne zusammengebissen und nachts gut schlafen können. Logan wusste nicht, ob er aus gleichem Holz geschnitzt war wie sein Vater. Aber er konnte es einfach nicht tun.
    Also zögerte er. Wenn sie die Hand hob, um ihren Männern den Befehl zum Angriff zu geben, hätte sie die Übereinkunft zwischen dem Fürsten und seinem Gefolgsmann gebrochen. Wenn sie diese Übereinkunft brach, würde er frei sein.
    »Unsere Soldaten haben mich zum König erklärt«, sagte Logan mit unbewegter Stimme. Verlier die Fassung, Terah. Befiehl den Angriff. Befiehl deinen eigenen Tod.
    Terahs Augen blitzten, aber ihre Stimme blieb ruhig, und ihre Hand bewegte sich nicht. »In der Hitze des Gefechts sagen Männer vieles. Ich bin bereit, diese Unbedachtheit zu vergeben.«
    Ist es das, wofür Kylar mich gerettet hat?
    Nein. Aber ich bin der Mann, der ich bin. Ich bin der Sohn meines Vaters.
    Logan stand so langsam auf, dass er den Bogenschützen beider
Seiten keinen Anlass zur Beunruhigung gab, kniete dann langsam nieder und berührte Terah Graesins Fuß.
    In der gleichen Nacht griff eine Bande von Khalidori das cenarische Lager an und brachte Dutzende der von den Feiern noch betrunkenen cenarischen Soldaten um, bevor sie wieder in der Dunkelheit verschwanden. Am Morgen befahl Terah Graesin Logan Gyre, mit tausend Mann die Verfolgung aufzunehmen.

2
    Die Wache war ein kampferprobter Sa’ceurai, ein Schwertfürst, der sechzehn Männer getötet und sich ihre Stirnlocken in sein feuerrotes Haar gebunden hatte. Seine Augen suchten rastlos die Dunkelheit ab, wo der Forst und der Eichenhain aneinandergrenzten, und wenn er sich umdrehte, schirmte er den Blick ab gegen die niedrigen Flammen der Feuer, die seine Kameraden wärmten, um seine Nachtsicht nicht zu schwächen. Trotz des kalten Windes, der durchs Lager strich und die hohen Eichen ächzen ließ, trug er keinen Helm, der sein Gehör beeinträchtigt hätte. Dennoch hatte er keine Chance, den Blutjungen aufzuhalten.
    Den ehemaligen Blutjungen , dachte Kylar, während er einhändig auf einem dicken Eichenast balancierte. Wäre er immer noch ein gedungener Mörder gewesen, hätte er die Wache ohne viel Federlesens umgebracht. Aber Kylar war jetzt etwas anderes, er war der Nachtengel - unsterblich, unsichtbar und fast unbesiegbar -, und er brachte den Tod nur denjenigen, die ihn verdienten.
    Diese Schwertkämpfer aus dem Land, dessen Name selbst »das Schwert« bedeutete, Ceura, waren die besten Soldaten, die
Kylar je gesehen hatte. Sie hatten ihr Lager mit einer Effizienz aufgeschlagen, die einen jahrelangen Aufenthalt im Feld verriet. Sie rodeten Buschwerk, das die Annäherung eines Feindes hätte verbergen können, schirmten ihre kleinen Feuer ab, um sie weniger sichtbar zu machen, und hatten ihre Zelte so aufgestellt, dass ihre Pferde und ihre Führer geschützt waren. Jedes Feuer wärmte zehn Männer, von denen jeder seine Zuständigkeit genau kannte. Sie bewegten sich im Wald wie Ameisen, und wenn sie ihre Aufgabe
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