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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft
Autoren: Sandra Brown
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Sicherheit. Sie war schon seit Wochen auf der Flucht gewesen und hatte so viel Angst davor gehabt, verfolgt zu werden, dass sie sich nie um Unterkunft bemüht, sondern immer unter freiem Himmel geschlafen und sich von dem ernährt hatte, was sie draußen auflas.
    Das derbe Gesicht, das auf sie herabsah, war ernst, aber auch mütterlich. Es machte den Eindruck, als könne man in einem Streit gegen diese Frau nur unterliegen und gleichzeitig kein unfreundliches Wort von ihr zu hören bekommen. Dünnes, mausgraues, ehemals braunes Haar bildete in ihrem Nacken einen struppigen Knoten. Sie war eine massige Frau, und ihr enormer Busen hing schwer bis zu ihrer fülligen Taille, was alles in einem überaus schlichtem Baumwollkleid verschwand. Ihr Gesicht war von feinen Fältchen durchzogen, doch ihre runden Wangen schmückte ein Rosa wie bei einem Mädchen. Offensichtlich hatte ein wohlwollender Gott seine Schöpfung hier für zu herb befunden und ihr zum Ausgleich diese rosigen Bäckchen aufgemalt.
    »Genug?« Das junge Mädchen nickte. Die Frau stellte die Schüssel mit der Brühe weg. »Ich wüsste gern Euren Namen«, sagte sie mit weicher Stimme, als spüre sie, dass das Thema auf Ablehnung stoßen konnte.
    »Lydia.«
    Die Augenbrauen der Älteren hoben sich fragend. »Das ist ein hübscher Name, aber ein bisschen wenig. Habt Ihr sonst keinen? Gehört Ihr zu niemandem?«
    Lydia wandte den Kopf ab. Sie stellte sich das Gesicht ihrer Mutter vor, an welches sie sich aus ihrer frühen Kindheit erinnerte: schön und jung, nicht das bleiche, leere Gesicht einer Frau, die aus Verzweiflung starb. »Nur Lydia«, sagte sie ruhig. »Ich habe keine Familie.«
    Ma ließ das auf sich wirken. Sie nahm die Hand des jungen Mädchens und schüttelte sie sanft. Als die hellbraunen Augen sie wieder ansahen, meinte sie leise: »Ihr habt ein Kind geboren, Lydia. Wo ist Euer Mann?«
    »Tot.«
    »O weh! Das ist ja furchtbar.«
    »Nein. Ich bin froh, dass er tot ist.«
    Ma erschrak, war aber zu höflich und besorgt um den Zustand der jungen Frau, um sie weiter auszufragen. »Was habt Ihr denn da draußen im Wald so allein gemacht? Wo wolltet Ihr hin?«
    Lydias schmale Schultern hoben sich zu einem nachlässigen Schulterzucken. »Nirgendwohin. Egal wohin. Ich wollte nicht mehr leben.«
    »Unsinn! Das lasse ich nicht zu. Ihr seid zu hübsch zum Sterben.« Ma strich rauh die Decke über dem zerbrechlichen Körper glatt, um das plötzliche Gefühl zu verbergen, das sie für das fremde Mädchen empfand.
    Ma hatte Mitleid mit ihr. In ihrem bleichen, verscheuchten Gesicht stand eine Tragödie geschrieben. »Wir, also Pa und ich, haben Euren kleinen Jungen im Wald begraben.« Lydias Augen schlossen sich. Ein Junge. Das war ihr bei dem kurzen Blick auf ihr Kind nicht einmal aufgefallen. »Wenn Ihr wollt, bleiben wir noch ein paar Tage hier, wenn der Treck weiterzieht; dann könnt Ihr zum Grab gehen, sobald Ihr Euch besser fühlt.«
    Wild schüttelte Lydia den Kopf. »Nein. Ich will es nicht sehen.« Tränen drangen unter ihren Lidern hervor.
    Ma tätschelte ihre Hand. »Ich weiß, wie Ihr Euch fühlt, Lydia. Ich hab’ sieben Kinder, und zwei wieder hergeben müssen. Das ist das Härteste im Leben einer Frau.«
    Nein, ist es nicht, dachte Lydia bei sich. Es gibt noch viel schlimmere Sachen, die eine Frau manchmal tun muss .
    »Ihr schlaft jetzt noch etwas. Leider habt Ihr Euch da draußen im Wald erkältet. Ich bleibe bei Euch.«
    Lydia sah in das mitfühlende Gesicht der Frau. Noch konnte sie nicht lächeln, aber ihre Augen leuchteten auf. »Danke.«
    »Wenn es Euch erst wieder gutgeht, habt Ihr noch genug Gelegenheit, mir zu danken.«
    »Ich kann nicht bei Euch bleiben. Ich muss ... fort.«
    »Es wird schon noch eine Weile dauern, bis Ihr wieder weiterkönnt. Bleibt einfach, so lange Ihr es bei uns aushaltet - wenn Ihr wollt, bis Texas.«
    Lydia machte Anstalten zu widersprechen. Sie war keine Frau, die mit so anständigen Menschen leben sollte. Wenn sie mehr über sie wüssten , über ... ihre Augen fielen zu und sie schlief ein.
     
    Seine Hände waren wieder überall, auf ihrem ganzen Körper. Sie öffnete den Mund, um zu schreien, und seine Pranke drückte sich salzig und schmierig darauf. Die andere zerrte an ihrem Hemd, bis es aufriss . Diese verhasste , klamme Hand drückte ihre Brüste. Sie biss in seine fleischige Handfläche und bekam zur Strafe eine schallende Ohrfeige, die einen pochenden Schmerz in ihrem Unterkiefer zurückließ.
    »Wehr
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