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Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Titel: Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)
Autoren: Gerald Hüther , Uli Hauser
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zusammengesetzt. Und nichts anderes getan als gebastelt und geforscht und gebaut, ehe dann später in seiner Garage ein motorisiertes Gerät auf vier Rädern stand. Ein Auto.
    Schaut man genauer hin, wann erkannt worden ist, dass jemand außergewöhnliche Leistungen zu vollbringen oder enorm verantwortungsvolle Positionen auszufüllen imstande ist, gelangt man zu einer sehr ernüchternden Erkenntnis: Gerade diese Menschen sind als kleine Kinder, im Kindergarten, in der Schule und– wenn sie eine besucht haben– auch auf der Universität nicht durch herausragende Leistungen aufgefallen. Im Gegenteil, die meisten von ihnen haben sich eher dadurch hervorgetan, dass sie in Kindergarten, Schule und Berufsausbildung fehl am Platz waren. Die Schule, sagte der norwegische Komponist Edvard Grieg, » entwickelte in mir nichts als das Schlechte und ließ das Gute unberührt«. Genies sind in der Mehrzahl frustrierte Schulabbrecher, unmotivierte Studenten, Eigenbrötler, unangepasste Querdenker und Musterbrecher. Sie haben weder besondere Schulerfolge noch ausgezeichnete Berufsabschlüsse oder hervorragende akademische Examen vorzuweisen. Vielen, die heute unser Leben bereichern, wurde in ihrer Kindheit das Leben schwer gemacht. John Lennon wurde aus dem Kindergarten geworfen und Woody Allen hatte Probleme in der Schule, weil er auf alles achtete, nur nicht darauf, was die Lehrer sagten.
    Was wir heute als außergewöhnliche Fähigkeit dieser Menschen bewundern, trat dann zutage, wenn sie taten, was ihnen wichtig war, und nicht, was von ihnen erwartet wurde. Salvador Dalí zeichnete den lieben langen Tag und Pablo Picasso weigerte sich, rechnen zu lernen. Sie malten, forschten, träumten. Und das so konsequent, kompetent und erfolgreich, wie das ihre Eltern, Erzieher, Lehrer, Ausbilder und Dozenten kaum von ihnen erwartet hätten. Sie bewiesen Charakter, hatten Ausdauer, waren kreativ und eigensinnig. Sie konnten sich so lange Fragen stellen, bis sie Antworten fanden. Sie waren einfach sie selbst und genügten ihren eigenen Ansprüchen. Darunter taten sie es nicht.
    Doch in der Schule werden Eigensinn und Charakter nicht positiv bewertet. Die Aufgabe der Lehrer ist es, eine irgendwann formulierte Leistung einzufordern und mit einer anderen zu vergleichen. Dafür gibt es ein Zeugnis und es wird ein Durchschnitt errechnet. Soll sich die Durchschnittsnote verbessern, muss vor allem in den Fächern gelernt werden, die am wenigsten Spaß machen, wo die größten Defizite sind. So gibt es Nachhilfe in Französisch, um von » mangelhaft« auf » ausreichend« zu kommen. Nicht in Englisch, um sich von » befriedigend« auf » sehr gut« zu verbessern. Es ist ein absurdes System, viel Zeit mit dem zu verbringen, was man eher nicht kann. Und nicht mehr Zeit in das zu investieren, was man kann, um richtig gut zu werden. Im System Schule zählt am Ende nur eins: einen passablen Durchschnitt vorweisen zu können. Wer bis dahin dachte, das Leben sei dazu da, um nach Höherem zu streben, dem wird schnell beigebracht, sich lieber am Mittelmaß zu orientieren. Vielleicht stimmt, was der begnadete Aufklärer und Satiriker Georg Christoph Lichtenberg ( » Jeder Fehler erscheint unglaublich dumm, wenn andere ihn begehen«) über die Schule sagte: » Ich fürchte, unsere allzu sorgfältige Erziehung erzeugt nur Zwergobst.«
    Mehr schlecht als recht hat dieses Ausbildungssystem in den vergangenen Jahrzehnten funktioniert. Irgendwann wurde festgelegt, was man wann zu wissen hat, und über jede richtige Antwort wurde Zeugnis abgelegt. Wer keine Bestnoten mit nach Hause brachte wurde Autoschlosser oder Klempner, wer Arzt werden wollte, musste büffeln. Wenig Zeit wurde auf die Förderung von eigenständigen Persönlichkeiten verwandt und darauf, Potenziale zu erkennen. Wie zum Beispiel bei den Kindern, die wegen eines genetischen Defekts (Trisomie 21) noch vor wenigen Jahren als nicht lernfähig betrachtet wurden. Weil sie in ihrem Aussehen ein wenig an Mongolen erinnern, bezeichnete man sie als » mongoloid«. Oder schimpfte sie » Idioten«; als » Idiot« galt Medizinern und Psychologen lange Zeit ein Mensch mit schweren geistigen Beeinträchtigungen. Heute haben die ersten dieser Kinder Abitur gemacht und studieren. Ihren genetischen Defekt haben sie immer noch; aber sie hatten das Glück, auf Lehrer zu treffen, die nicht daran glauben wollten, dass bei ihnen nichts mehr zu machen sei. Sie begegneten diesen besonderen Kindern respektvoll und
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