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Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Titel: Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)
Autoren: Bill Mockridge , Lars Lindigkeit , Markus Paßlick
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der Schulzeit, die neu geheiratet hat? Gespannt schüttelte ich den Karton, doch es war nicht viel zu hören. Was da wohl drin war? Ein Überlebensmesser? Ein schönes Fläschchen zum Sammeln meines überschüssigen Testosterons? Ich riss den Päckchendeckel auf und zog zwischen kleinen Styropor-Teilchen einen Zettel heraus:
Lieber Herr Mockridge,
 
die allerbesten Glückwünsche senden wir Ihnen heute zu Ihrem 60. Geburtstag! Wir erlauben uns heute, Ihnen unser Inko-Management vorzustellen …
    Inko-Management? Ah, eine Investmentfirma hatte an mich gedacht! Richtig so! Schließlich sollte ich mir auch mit meinen erst sechzig Jahren, wo das Alter noch so unendlich fern scheint, schon mal über meine Zukunft Gedanken machen.
… Wir übersenden Ihnen anbei ein Probeexemplar unseres neuen, jetzt noch saugstärkeren Inko-Systems zur Ansicht …
    Hä? Ich wühlte mit der Hand durch das Styropor und zog ein längliches, weiches Etwas heraus – wie ein Wesen von einem anderen Planeten starrte ich das Ding mit den Flügeln ungläubig an.
    Es war eine Herrenbinde. Die meinten wohl, ich wäre nicht ganz dicht!

    Und falls Sie glauben, dass ich damit in Sachen Geburtstagspost schon die größte Schmach überstanden hatte – nein, es ging scheinbar endlos weiter: Ein Optiker bot mir plötzlich sechzig Prozent auf alle Brillen an. Ganz schön viel, Mann. Irgendjemand wollte mir, für sage und schreibe 99 Euro, »blütenweiße Zähne aus Rumänien« andrehen. »Nur leicht gebraucht.« Ich erhielt einen Gutschein für eine kostenlose Prostatauntersuchung. Außerdem ein Angebot für eine schnelle Probefahrt mit einem Treppenlift. War von einer großen medizinischen Praxis in Bonn auserwählt worden für das »Goldene Senioren-Kombi-Ticket« – Magen- und Darmspiegelung am selben Tag.
    Während ich meine Geburtstagspost tapfer abarbeitete, wurde selbst mir klar: Es hatte sich etwas verändert. Seit heute war ich nicht mehr der, der ich früher einmal war. Ich gehörte jetzt zu einer neuen Zielgruppe – ich war nun offiziell »Senior«. Und zwar nicht wie in der Wirtschaft ein cooler »Senior Executive Consulting Manager«, der anderen knallhart ans Bein pisst – nein, nur ein einfacher »Senior«, dem man ganz offensichtlich unterstellte, dass er sich ohne das neue saugstarke Inko-Management selbst ans Bein pisst.
    War man früher mit Vollendung des neunundvierzigsten Lebensjahres zumindest endlich wieder frei aus den Fängen der Werbewirtschaft, lassen die einen heute nie mehr los. Man wird einfach nur weitergereicht zu den Kollegen für die neue Zielgruppe. Aber gut, wahrscheinlich will man uns Älteren einfach nicht den Schock zumuten, sich plötzlich wieder – Gott bewahre! – einen eigenen Geschmack bilden zu müssen. Den haben wir dank jahrzehntelangem Werbedauerfeuer schließlich komplett verlernt. Im Grunde stecken also ganz ehrenwerte Motive dahinter, das Konsumverhalten in unseren Kalkhirnen auch weiterhin professionell fremdzusteuern, damit wir selbst damit keine Arbeit haben. Danke, liebe Werbewirtschaft!
    »Na, Schatz, wer schreibt denn alles zu deinem großen Ehrentag?«, kommt meine Frau ins Wohnzimmer. Sie sieht die Herrenbinde auf dem Tisch. »Was ist das denn?«
    »Das?«, druckste ich herum. »Ach das … das ist … ’ne Schlafbrille! Von meiner alten Freundin Sabine.« Ich drückte mir die Binde gegen die Augen. »Guck mal, mit extra Flügeln, damit wirklich kein Licht durchkommt. Nur das Gummiband muss man noch selbst dranmachen.«
    Bis heute trage ich die Inko-Herrenbinde jede Nacht im Bett neben meiner Frau über den Augen.

2.
    Drei Generationen und ganz viel Senf
    Wir sind zwar nun schon mittendrin im Thema dieses Buches, aber damit Sie meine Ausführungen besser verstehen – oder zumindest ein bisschen nachvollziehen – können, will ich Ihnen zunächst einmal meine Familie vorstellen: Ich lebe nämlich mit drei Generationen unter einem Dach – eigentlich sogar vier, wenn man unsere Möpse Kenzo und Möppy mitzählt. Meine Frau Margie und ich haben sechs Söhne. Ich wiederhole: sechs Söhne! Ja, danke, wir kennen die Methoden, wie man das hätte verhindern können, wir haben sie aber ganz bewusst nicht angewandt. Nach dem sechsten Sohn dann schon, denn ich wollte nicht »der Bill mit den sieben Zwergen« werden. Dann schon lieber »Ali Billa und die vierzig Räuber«, aber dagegen legte Margie ihr Veto ein.
    Unsere Söhne sind zwischen fünfzehn und siebenundzwanzig Jahre alt,
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