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Jan Tabak geht aufs Ganze

Jan Tabak geht aufs Ganze

Titel: Jan Tabak geht aufs Ganze
Autoren: Werner Schrader
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Schulter.
    „Hallo“, sagte er, „ihr seid sicher die beiden aus München, die zu Onkel Jan und Tante Tina wollen?“
    „Ja“, sagte der Junge. „Sind Sie, bist du...?“
    „Jawohl, ich bin es. Ich bin Jan Tabak, euer Großonkel. Tante Tina sitzt zu Hause und freut sich schon auf euch. Ich freue mich natürlich auch, ganz mächtig sogar. Wir gondeln sofort los. Aber einen Augenblick müßt ihr euch noch gedulden, ich erwarte nämlich noch einen Gast, einen alten ausgedienten General, der auch bei uns wohnen wird. Er muß jeden Augenblick eintreffen. Übrigens weiß ich gar nicht mehr, wie ihr heißt. Das hab ich total vergessen.“
    „Ich bin Nicole“, sagte das Mädchen, „und er heißt Timotheus. Aber wir nennen ihn nur Tim.“
    „Aha“, machte Jan, „das ist ja leicht zu merken.“
    Die Kinder hatten während dieser ersten Kontaktnahme den Alten neugierig betrachtet und ihn ganz sympathisch gefunden. So schlimm, wie sie gefürchtet hatten, schien der Ortswechsel diesmal nicht zu werden. Aber noch legten sie das allen Heimkindern eigene Mißtrauen nicht ab. Vielleicht war seine Frau ein Drachen, man mußte abwarten.
    Jan Tabak guckte in die Unterführung hinein. Die Kinder folgten seinem Blick. Ein General war weit und breit nicht zu sehen. Nur eine ältere Dame marschierte in kerzengerader Haltung auf die Sperre zu.
    „Er kommt!“ flüsterte Jan. „Au Backe!“
    „Ich sehe aber keinen General!“ rief Tim erstaunt.
    „Er trägt Kleider“, flüsterte Jan, „lange dunkle Kleider.“
    Tim sah ihn verblüfft an.
    Bevor er aber etwas sagen konnte, stand der General vor ihnen. Er warf ein strenges Auge auf Jan und ein gnädiges auf die Kinder.
    „Habe ich das Vergnügen mit Herrn Johannes Marwedel?“ fragte er.
    „Jawohl“, antwortete Jan, „und damit es auch wirklich ein Vergnügen wird, wollen wir gleich am Anfang du zueinander sagen. Ich heiße Jan Tabak, und dich nennen wir wohl Oma Jenny, was?“
    Jenny, auf diese Art überfahren und um eine großartige Vorstellung gebracht, konnte nur nicken.
    „Dies hier ist Nicole und das da Tim“, erklärte Jan. „Die gehören ab heute auch zur Familie, sie sind Verwandte von meiner Seite. Aber das weißt du ja schon aus Tinas Brief.“
    Oma Jenny gab ihnen steif die Hand und fuhr ihnen großmütterlich übers Haar.
    „Also dann wollen wir mal“, sagte Jan. „Deinen Koffer nehme ich, Oma Jenny. Hier geht’s lang und dann gleich links um die Ecke. Wir fahren mit dem Schiff, wenn’s genehm ist.“
    „Ach ja“, rief Nicole, „Bremen liegt ja an der Weser!“
    „Tut es, mein Deern“, bestätigte Jan Tabak. „Aber die Weser fließt nicht nach Niederblockland. Wir schippern heute auf kleineren Flüssen und legen direkt vor unserm Haus an. Wir wohnen nämlich so dicht am Wasser, daß man vom Fenster aus angeln kann.“
    Oma Jenny blieb abrupt stehen.
    „Das ist ja schrecklich!“ rief sie. „Wie leicht kann da mal jemand ertrinken!“
    „Nur wenn er ins Wasser fällt“, beruhigte Jan sie. „Im Hause ist das so gut wie ausgeschlossen. Selbst bei der Sturmflut 1962 stieg das Wasser im Wohnzimmer nicht höher als bis ans Knie. Wir zogen die Beine auf den Stuhl und saßen vollkommen auf dem Trockenen.“ Oma Jenny sah Jan zweifelnd an, während sie mit ihren langen dünnen Beinen neben ihm herstakte. Der Mensch wollte doch wohl nicht seinen Spott mit ihr treiben?

    Tim feixte zu Nicole hinüber. Ein Haus am Fluß mit einem Boot davor und ein Pflegevater, der alte Damen Generäle in Frauenkleidern nannte, waren ein ermunternder Anfang. Auch Nicole erschienen die Aussichten vielversprechend.
    Jan Tabak zeigte den Gästen im Vorübergehen die Stadthalle und versicherte Oma Jenny, daß sie in weniger als fünf Minuten am Ziel wären.
    „Das will ich auch hoffen!“ bemerkte die alte Frau kurz. „Sonst nehme ich mir ein Taxi.“
    Beim Anblick des leichten Motorbootes, das da einsam auf dem schmalen Kanal lag, packte sie Jan hart am Arm und rief: „Mit der Nußschale wollen wir doch wohl nicht fahren, was?“
    „Ich meine, doch“, sagte Jan. „Nur keine Angst, die trägt noch schwerere Brocken als dich. Los, Kinder, steigt ein. Aber schön sachte, damit ihr nicht hier schon gleich über Bord geht!“
    Tim und Nicole waren im Nu im Boot.
    Oma Jenny jedoch weigerte sich, es zu betreten.
    „Ich fahre nur auf großen Schiffen“, sagte sie. „Die kleinen sind keinem Sturm gewachsen.“
    „Stürme haben wir heute auch nicht zu erwarten“, brummte
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