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Jagd auf Jesse James

Jagd auf Jesse James

Titel: Jagd auf Jesse James
Autoren: Jack Slade
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einen Ruck und begann zu erzählen. Zuerst wollten ihr die Worte nicht so richtig über die Lippen. Sie verhaspelte sich ein paar Mal, aber niemand schien sich daran zu stören, und so redete sie weiter, bis sie zu dem Punkt kam, als Mr. Henry sie im Salonwagen zur Schnecke gemacht und sie gefeuert hatte.
    »So ein Mistbolzen«, knurrte Freddy, der Wirt. »Zufällig kenne ich diesen Möchtegern-Dandy. Er glaubt, er sei was Besseres, weil er in der Zugkneipe vornehme Leute bedient. In die Fresse hauen müsste man dem Kerl.«
    Uncle Tom und Georgie Ryck nickten beifällig.
    Eine Weile hing jeder seinen Gedanken nach, dann räusperte sich Calamity Jane und sagte: »Ich weiß nicht, ob ich das richtig mitbekommen habe, bin schon ein bisschen benebelt, aber mir ist so, als hättest du eben gesagt, du wolltest Jesse James an den Kragen. Ist das richtig, Kleines?«
    Jona Miles aschte auf den Boden. »Ja, das stimmt«, lallte sie. »Der Kerl soll dafür büßen, was er mir angetan hat.«
    Die Männer blieben stumm. Uncle Sam kratzte an seiner Geiernase. Freddy fummelte an seinem Lappen herum. Georgie Ryck trommelte einen Marsch auf die Theke, und Buck King starrte kopfschüttelnd gegen das Dachgebälk.
    »Zum Henker, das ist Schwachsinn, Baby!«, ereiferte sich die Präriefrau. »Glaubst du im Ernst, ein Mann wie Jesse James lässt sich so einfach umnieten?«
    »Ich hab’ nie gesagt, dass es einfach sein wird.« Jona lallte immer stärker. »Ganz im Gegenteil. Ich weiß genau, auf was ich mich da einlasse. Aber ich ziehe es durch, bei Gott, ja, das werde ich!«
    »Wäre ich du, würde ich das alles noch mal überschlafen«, sagte Uncle Tom gutmütig. »Wenn du morgen früh aufwachst, wirst du die Dinge mit anderen Augen sehen.«
    »Das mag sein, aber das wird nichts an meinem Entschluss ändern!« Jona stampfte mit einem Fuß auf, so heftig, dass sie das Gleichgewicht verlor und strauchelte.
    In letzter Sekunde konnte Calamity Jane ihren Sturz verhindern.
    »Zeit, dass du in die Kiste kommt, Sweetheart«, sagte sie und blickte Jona tief in die Augen. »Blitz und Donner! Du bist ja besoffener als ich.«
    ***
    An jedem Mittwochvormittag begab sich Don Miles zu Barneys Mietstall, um sich ein Pferd für den Ausritt in die nahe gelegenen Berge satteln zu lassen. Er hatte nicht vor, an diesem Mittwoch eine Ausnahme zu machen.
    Gegen zehn Uhr verließ Miles sein Arbeitszimmer. Er nickte dem Diensthabenden in der Halle flüchtig zu und marschierte die verwaiste Main Street entlang.
    Es war ein herrlicher Frühlingstag. Die Sonne glitzerte am strahlend blauen Himmel. Ein lauer Wind wehte aus südwestlicher Richtung.
    Wie gewöhnlich blieb Miles vor dem Liquor Shop neben der Einfahrt zur Hufschmiede stehen und genehmigte sich einen großen Becher Kaffee nach Cowboyart. Während er das dampfende Getränk schlückchenweise trank, kehrte der Traum in sein Gedächtnis zurück, der ihn letzte Nacht gepiesackt hatte.
    Ein Albtraum ohnegleichen.
    Er hatte sich vor einem ausgehobenen Grab auf dem Friedhof gesehen. Aus dem Erdloch wallte Rauch, der nach verfaultem Fleisch stank. Vier Männer in schwarzen Anzügen erschienen. Sie trugen einen Sarg mit Glasfenster am oberen Ende. Durch die Scheibe konnte man das kalkweiße Gesicht des Verstorbenen erkennen.
    Es gehörte Jona.
    Der Anblick seiner reglos daliegenden Tochter ging Miles nicht aus dem Kopf. Das Trugbild verfolgte ihn auf Schritt und Tritt. Immer wieder zwang er sich, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken, aber der grässliche Anblick haftete an ihm wie sein eigener Schatten.
    Er trank gerade einen Schluck, als er ganz in der Nähe das Getrappel von Hufen hörte.
    Als er den Kopf umwandte, erblickte er eine junge Indianerin mit langen geflochteten Zöpfen und einer Adlerfeder im Haarreif. Sie ritt ein schmutziggraues Pony, das einen erbärmlichen Eindruck machte.
    Zu Miles’ Verwunderung brachte die Rote das Pferd vor dem Liquor Shop zum Stehen. Sie bedachte Miles mit einem langen, prüfenden Blick.
    »Warum siehst du mich so an?«, fragte er.
    »Du bist Don Miles«, antwortete sie. »Zu dir will ich.«
    Für einen Moment vergaß er seinen Traum. »Woher kennst du meinen Namen?«
    »Ich bin Pohawe«, gab sie zurück. »Ich bin weit geritten, um dich zu treffen.«
    Miles verstand kein Wort. Er ging jede Wette ein, dass er diese Squaw noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Ein so hübsches, rothäutiges Mädchen wäre ihm bestimmt im Gedächtnis haften geblieben. Vermutlich
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