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Jäger des verlorenen Schatzes

Jäger des verlorenen Schatzes

Titel: Jäger des verlorenen Schatzes
Autoren: Campbell Black
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darüber eine dicke Staubschicht, und das Ganze sah aus wie ein Boden. Er bückte sich, hob einen Stein auf und ließ ihn durch das Spinnengewebe fallen. Nichts, kein Geräusch, kein Aufprall war hörbar. »Geht weit hinunter«, murmelte Indy. Satipo, noch nicht wieder zu Atem gekommen, schwieg. Indy starrte über die Fläche der Spinnweben hinweg zur Tür. Wie hinüberkommen, die Grube überwinden, wenn es keinen Boden gab?
    »Ich glaube, jetzt kehren wir um, Señor«, sagte Satipo. »Ja?«
    »Nein«, widersprach Indy. »Ich glaube, wir gehen weiter.«
    »Wie? Mit Flügeln? Meinen Sie das?«
    »Man braucht keine Flügel, um zu fliegen, Freund.« Er zog die Peitsche heraus und starrte zur Decke hinauf. In das Dach waren verschiedene Balken eingelassen. Sie mögen durchgefault sein, dachte er, aber vielleicht sind sie auch noch kräftig genug, mein Gewicht zu tragen. Auf jeden Fall lohnte ein Versuch. Wenn er nicht erfolgreich war, würde Indy dem Idol adieu sagen müssen. Indy schwang die Peitsche hinauf, sah, wie die Schnur sich um einen Balken wickelte, zerrte daran und prüfte die Festigkeit.
    Satipo schüttelte den Kopf.
    »Nein, Sie sind verrückt!«
    »Wissen Sie etwas Besseres?«
    »Die Peitsche trägt uns nicht. Der Balken wird brechen.«
    »Immer diese Pessimisten«, sagte Indy. »Immer die Ungläubigen. Vertrauen Sie ruhig auf mich. Tun Sie einfach, was ich mache, ja?«
    Indy umklammerte den Peitschengriff mit beiden Händen, zerrte noch einmal daran, dann schwang er sich langsam durch die Luft, war sich dabei ständig des trügerischen Bodens unter sich bewußt, der Dunkelheit des Schachtes, der unter den Schichten von Spinnweben und Staub tief hinabreichte, der Möglichkeit, daß der Deckenbalken brechen, die Peitschenschnur sich lösen konnte, und... Aber er hatte kaum Zeit, an diese Dinge zu denken. Er flog durch die Luft, den Peitschenstiel umklammernd, spürte den Wind an seinem Gesicht. Er flog, bis er sicher war, den Rand des Schachtes hinter sich zu haben, um dann herabzuspringen und auf festem Boden zu landen. Er ließ die Peitsche über den Abgrund zu dem Peruaner zurückschwingen. Satipo murmelte etwas auf spanisch, vielleicht ein Stoßgebet. Indy fragte sich nebenbei, ob es in den Gewölben des Vatikans irgendwo einen Schutzheiligen für jene geben mochte, die Gelegenheit hatten, sich einer Peitsche als Beförderungsmittel zu bedienen.
    Er verfolgte, wie der Peruaner neben ihm hochkam.
    »Hab' ich doch gesagt, nicht? Besser als mit dem Bus.«
    Satipo erwiderte nichts. Selbst im Halbdunkel konnte Indy aber erkennen, daß sein Gesicht kalkweiß war. Indy zwängte den Peitschenstiel in einen Riß der Wand.
    »Für den Rückweg«, sagte er. »Ich halte nichts von Einbahnstraßen, Satipo.«
    Der Peruaner zog die Schultern hoch, als sie durch den sonnenbeschienenen Eingang in einen großen Kuppelsaal traten. In der Decke gab es Oberlichter, durch die breite Sonnenstrahlen auf den schwarzweiß gefliesten Boden fielen. Und plötzlich entdeckte Indy auf der anderen Seite des Raumes etwas, das ihm den Atem nahm, ihn mit tiefer Ehrfurcht erfüllte, eine Hochstimmung erzeugte, die er kaum zu fassen vermochte.
    Das Idol.
    Auf einer Art Altar stehend, zugleich zornig-wild und wunderschön, im Licht der Lampe goldglitzernd, schimmernd im Sonnenlicht, das durch die Decke hereindrang - das Idol.
    Das Idol der Chachapoya-Krieger.
    Was er dann empfand, war die Erregung einer überwältigenden Begierde, der Wunsch, durch den Saal zu stürmen und diese Schönheit zu berühren - eine Schönheit, umgeben von Hindernissen und Fallen. Welche Art von Falle war für den Schluß aufgehoben worden? Welche Falle umgab das Götzenbild selbst?
    »Ich gehe hin«, sagte er.
    Der Peruaner hatte die Figur ebenfalls entdeckt und blieb stumm. Er starrte das Götzenbild mit einem Ausdruck der Gier an, der verriet, daß nichts anderes mehr zählte, als diesen Schatz, als diese Beute in die Hände zu bekommen. Indy beobachtete ihn kurz und dachte: Jetzt hat er das Idol gesehen. Er kennt seine Schönheit. Man darf ihm nicht mehr trauen. Satipo wollte über die Schwelle treten, aber Indy hielt ihn zurück.
    »Denken Sie an Forrestal«, sagte er.
    »Immer.«
    Indy starrte über das komplizierte Muster der schwarzen und weißen Fliesen hinweg, bestaunte die Präzision der Anordnung und die makellose Ausführung. Neben der Tür steckten zwei uralte Fackeln in verrosteten Halterungen aus Metall. Er griff hinauf, zog eine heraus, versuchte
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