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Jäger des verlorenen Schatzes

Jäger des verlorenen Schatzes

Titel: Jäger des verlorenen Schatzes
Autoren: Campbell Black
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die Klinge gebrauchen. Er zog den schweren Ast zur Seite.
    Sie hockte hinter dem wabernden Nebel.
    Aus Stein gemeißelt, zeitlos, das Gesicht war die Erfindung eines grauenhaften Alptraums, war die Skulptur eines Chachapoya-Dämons. Indy starrte sie kurz an, während er sich der Bösartigkeit des unwandelbaren Gesichts bewußt wurde, und begriff, daß man sie hier aufgestellt hatte, damit sie den Tempel bewache und jeden abschrecke, der hier vorbeikommen mochte. Ein Kunstwerk, dachte er und machte sich Augenblicke lang Gedanken über seine Schöpfer, über ihre Weltsicht, über die Art religiöser Ehrfurcht, die etwas so Schreckliches wie diese Statue hervorzubringen imstande gewesen war. Er zwang sich dazu, die Hand auszustrecken und den Dämon leicht an der Schulter zu berühren.
    Dann nahm er noch etwas anderes wahr, etwas, das noch mehr beunruhigte als das steinerne Gesicht. Das unheimlicher war.
    Die Stille.
    Die unheimliche Stille.
    Nichts. Keine Vögel. Keine Insekten. Kein Windhauch, der in den Bäumen raschelte. Nichts, als sei hier alles tot, als sei es von einer gottlosen, zerstörerischen Hand zum Schweigen gebracht worden. Er griff sich an die Stirn. Kalt, kalter Schweiß. Gespenster, dachte er. Hier wimmelt es von Gespenstern. Das war die Art von Stille, die man sich vor dem Beginn der Schöpfung hätte vorstellen können.
    Er entfernte sich von der Steinfigur, gefolgt von den beiden Peruanern, die bemerkenswert kleinlaut wirkten.
    »Was ist das, um Himmels willen?« fragte Barranca.
    Indy zog die Schultern hoch. »Ach, alter Plunder. Was sonst? Jede Chachapoya-Familie mußte einen haben, wußten Sie das nicht?«
    Barrancas Gesicht wirkte grimmig. »Sie scheinen das manchmal sehr leicht zu nehmen, Señor Jones.«
    »Ist denn etwas anderes sinnvoll?«
    Der Nebel kroch, quoll, krallte, schien die drei Männer zurückzudrängen. Indy starrte durch die Dämpfe, blickte auf den Tempeleingang, auf die vielfach verschlungenen, primitiven Wandfriese, die im Lauf der Jahrhunderte der Vegetation, dem Gewirr von Sträuchern, Laub und Ranken erlegen waren. Aber was ihn stärker bannte, war der dunkle Eingang selbst, rund und klaffend wie der Mund einer Leiche. Er dachte daran, wie Forrestal in diesen schwarzen Schlund getreten war, die Schwelle zu seinem Tod überschritten hatte. Der Arme.
    Barranca starrte ebenfalls auf den Eingang.
    »Wie können wir Ihnen vertrauen, Señor Jones? Noch nie ist jemand lebend herausgekommen. Weshalb sollten wir Ihnen unser Vertrauen schenken?«
    Indy lächelte den Peruaner an.
    »Barranca, Barranca - Sie müssen lernen, daß auch ein elender Gringo manchmal die Wahrheit sagt.« Er zog ein Stück zusammengefaltetes Pergament aus der Brusttasche. Er starrte auf die Gesichter der Peruaner. Ihre Mienen waren leicht durchschaubar. Indy fragte sich, welche Kehlen hatten durchschnitten werden müssen, damit diese beiden Schurken zu der anderen Hälfte des Planes gelangt waren. »Das sollte Ihre Frage beantworten, Barranca«, sagte er und breitete das Pergament am Boden aus.
    Satipo zog ein ähnliches Pergament aus der Tasche und legte es zu dem, das Indy vorgewiesen hatte. Die beiden Hälften paßten genau zusammen. Eine Zeitlang sagte keiner etwas; die Grenzschwelle war erreicht, das wußte Indy, und er wartete angespannt.
    »Also, Amigos«, sagte er schließlich. »Wir sind Partner. Unsere Wünsche decken sich gewissermaßen.
    Gemeinsam besitzen wir einen vollständigen Grundrißplan des Tempels. Wir haben das, was vor uns noch keiner hatte. Wenn wir nun davon ausgehen, daß diese Säule hier die Ecke bezeichnet -«
    Bevor er zu Ende sprechen konnte, sah er wie bei einem in Zeitlupe aufgenommenen Film, daß Barranca nach seiner Pistole griff. Er sah, wie die schmale braune Hand sich um den Griff der silbernen Waffe schloß - und handelte. Indiana Jones reagierte schneller, als der Peruaner erwarten konnte; blitzschnell, kaum verfolgbar, zuckte er von Barranca zurück, griff gleichzeitig unter den Rücken seiner Lederjacke und holte eine zusammengerollte Lederpeitsche hervor, den Griff fest umklammernd. Seine Bewegungen gingen fließend ineinander über, Muskeln und Haltung und Gleichgewicht waren in völligem Einklang, mühelos bildeten Arm und Peitsche eine Einheit, wie zusammengewachsen. Er schwang die Peitsche, ein Knall durchschnitt die Luft, die Peitschenschnur wickelte sich fest um Barrancas Handgelenk. Er riß heftig daran, und der Schuß krachte in den Boden. Einen Augenblick
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