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Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Niel Bushnell
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ungefähr fünf Stunden. Ich war dort und konnte es nicht verhindern.«
    Unvermittelt wurde Jack von tiefer Trauer getroffen. Es war, als hätte er seine Mutter ein zweites Mal verloren. Er starrte auf die leere Grabstelle, stellte sich den Grabstein vor, der fehlte, und zum ersten Mal lösten sich seine Zweifel völlig in nichts auf und ließen nur ein resigniertes Akzeptieren und ein tiefes Gefühl von Verlust und Sinnlosigkeit zurück.
    »Du bist hier nicht sicher. Du musst weiter zurück ins Jahr 1940.« Davids Stimme riss Jack aus seiner Verzweiflung. »Und dort nach mir suchen, nach meinem jüngeren Ich. Ich werde bloß ein paar Jahre älter sein als du. Wir freunden uns miteinander an, und dann kann ich dir alles erklären.«
    »Erklären Sie es mir jetzt.«
    »Dafür fehlt uns die Zeit. Dein Leben ist in Gefahr. Die sind nicht bloß hinter deiner Mutter und mir her. Du hängst da mit drin. Du musst untertauchen. Du kannst nicht nach Hause; dort warten sie vielleicht schon. Der Trick ist, zurückzugehen und mich zu finden. Ich kann für deine Sicherheit sorgen, aber nicht hier. Du kannst dich in der Vergangenheit verstecken.«
    »Wer?«, wollte Jack wissen. »Wer ist hinter mir her?« Wenn nur sein Vater hier gewesen wäre!
    David fiel eine Bewegung in einer dunklen Ecke des Friedhofs auf. Er packte Jack beim T-Shirt und zog ihn hoch.
    »Uns läuft die Zeit davon. Sie haben mich gefunden«, sagte David.
    »Wer?«, fragte Jack.
    »Die Müllmänner.«
    Ganz in der Nähe wirbelte ein Windstoß eine Staubwolke auf. Sie stieg in die Luft empor und hielt sich dort auf widernatürliche Weise, eine schmale tanzende Säule aus Schmutz. Erde und trockenes Laub flogen dorthin und fügten sich in den dünnen Faden ein. Während die Staubwolke anwuchs, zuckte und drehte sie sich, formte sich zu dem groben Umriss einer Gestalt.
    Die Gestalt hob eines ihrer wirbelnden Beine aus Unrat und begann ungelenk auf David und Jack zuzugehen. Aus den Schatten tauchten noch zwei solcher Wesen auf, deren Schnelligkeit mit jedem Schritt zunahm. Jack sah nach hinten, die Augen entsetzt aufgerissen; drüben beim Friedhofstor formte sich noch so ein Wirbelsturm aus Dreck.
    »Du musst hier weg, sofort!«, sagte David mit bleichem Gesicht.
    »Wohin?«, fragte Jack. »Wohin denn?«
    »Zurück ins Jahr 1940. Ich kann die Müllmänner kurz auf halten, aber wenn sie deine Fährte aufnehmen, dann bist du ebenso tot wie ich.«
    »Ich … ich verstehe das nicht! Ich kriege das allein nicht hin!«
    Am Kopf des vordersten Müllmanns öffnete sich ein Spalt, aus dem ein Sirenenheulen kam, ein Kreischen wie von Metall, das über Stein gezogen wurde. Es tat Jack in den Ohren weh. Das Wesen heulte ein zweites Mal, dann verschwand sein rudimentärer Mund wieder in dem schmutzigen Wirbel, der seinen Kopf bildete.
    »Damit zeigt er an, dass er uns gefunden hat«, sagte David.
    »Was wollen die von mir?«
    »Rouland hat sie geschickt. Schnell! Dahinten ist ein Grab stein, der zurück in den Dezember 1940 führt«, sagte David atemlos. »Der hohe mit der abgebrochenen Ecke. Taste dich da hinein, wie du es beim Grabstein deiner Mutter getan hast.«
    »Ich weiß nicht … Ich kann nicht …«
    »Und ob du das kannst, Jack. Du musst! Vertrau mir. Du bist stärker, als du denkst.« Der Alte klappte seinen verschlis senen Mantel auf und zückte eine lange, verbogene Waffe aus Metall und Elfenbein, die für Jack wie eine selbst gebaute Schrotflinte aussah. Er drückte einen kleinen Schalter, und aus der Trichteröffnung brach brutaler Lärm hervor. Der Ton riss den vordersten Müllmann auseinander. Aber der heruntergefallene Staub wirbelte sofort wieder auf, bündelte sich, kam näher …
    »Hilfe!« Jack hoffte inständig darauf, gleich eine Polizeisirene zu hören oder wenigstens die Rufe von herbeilaufen den Passanten, aber der Friedhof blieb menschenleer, und die Straßen der Umgebung lagen still im frühmorgendlichen Schlaf.
    »Warum kriegen Sie die nicht gestoppt?«, fragte er David kläglich. »Was sind das für Wesen?«
    »Die bestehen nur aus Staub und Müll. Die kannst du nicht so einfach besiegen. Nun geh! Zurück ins Jahr 1940. Folge dem Tränentunnel, du findest mein junges Ich in einer Kneipe namens Hanging Tavern . Das ist in Wapping, in der Morte Lane. Folge dem Fluss nach Westen, dann findest du die Straße.«
    Ganz kurz nur sah David ihn an, in seinen blutunterlaufenen Augen standen Tränen. Ihm kamen die Worte anscheinend nur stockend über die
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