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Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Niel Bushnell
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La chen seiner Mutter. Ihr Lachen, als wäre es gestern gewesen. Jede Sekunde dieses Tages brach wie eine Explosion über seine Sinne herein. Es war das letzte Weihnachtsfest, das sie als Familie verbracht hatten, bevor alles kaputtgegangen war. Alles kam auf einmal. Sämtliche Augenblicke seines Lebens prasselten unerwartet auf ihn ein, gesehen aus der Warte seiner Mutter. Es war überwältigend.
    Er brach auf dem Stein zusammen, dessen harte Oberfläche an seiner Wange rieb. Auch diese Erinnerungen drohten ihm zu entgleiten. Er wollte hinterher, ihnen zu ihrer Quelle folgen. Seine Mutter war ganz nah, er musste nur die Hand ausstrecken, und sie würde dort sein.
    Jack streckte die Hand aus.
    Jacks Vater fröstelte; die Luft war plötzlich abgekühlt. Die Sonne verschwand hinter einem dichten Wolkenband und schien den Sommer mitzunehmen.
    Er sah auf. Sein Sohn war nicht mehr beim Grab. Er stand auf, sah sich in alle Richtungen um, und ihm wurde ganz anders, als er begriff, dass er völlig allein war.

2 Der Fremde
    2
    Der Fremde
    J ack lag zitternd da. Seine Haut war von kaltem Schweiß bedeckt, sodass T-Shirt und Jeans an ihm klebten. Ihm tat der Bauch weh, sein Mund war voller Galle, und in seinen Augen brannten Tränen. Er hustete. Es schmerzte in der trockenen Kehle.
    Was war da gerade passiert? Er musste umgefallen sein, vielleicht war er ohnmächtig. Jack wusste noch, dass er am Grab seiner Mutter gekniet und mit der Hand den Stein berührt hatte. Er wusste noch, wie die Erinnerungen auf ihn eingestürzt waren, wie in seinem Kopf dieses kalte Licht aufgeflammt war. Und was war dann passiert? Er war sich nicht sicher.
    Als er blinzelte, verschwanden die milchigen Schleier vor seinen Augen, und er konnte sich umsehen. Über dem Friedhof lag eine unheimliche Stille, und ein feuchter Nebel drang Jack bis in die Knochen. Der Himmel hatte sich verändert, war dunkler und kälter, und die Sonne stand am Horizont, gleißte in den Lücken zwischen den Gebäuden. Aber es war mehr als das. Die Bäume sahen anders aus, kleiner als vorher. Und der Grabstein seiner Mutter war verschwunden, der Boden glatt und unberührt. Es durchrieselte ihn eiskalt. Er blickte sich noch einmal um. Sein Vater war nirgendwo zu sehen, die Bank war leer. Stattdessen sah er jemand anders im Schatten eines Baumes lehnen.
    »Keine Sorge, das gibt sich mit der Zeit«, sagte eine tiefe, alte Stimme sanft. Jack rieb sich die Augen und sah zu dem älteren Mann, der nun auf ihn zukam. Er hatte das mit genommene Äußere eines Obdachlosen, sein langer Mantel war zerlumpt und schmutzig, und sein Gesicht von frischen Verbrennungen und Narben gezeichnet. Er hinkte auf Jack zu wie ein Soldat, der von der Front heimkehrte. Ein ste chen der Geruch ging ihm voraus, eine Mischung aus Schwefel und Holzkohle, die Jack an die Feuerwerksknallerei zur Bonfire Night erinnerte. Der Alte näherte sich vorsichtig, mit steifen und müden Gliedern, die so verbraucht wie seine Kleidung waren. Er sah aus wie ein wandelnder Toter, fand Jack.
    Der Mann hob eine verkohlte Hand. »Alles okay, Jack, ich tue dir nichts«, sagte er ruhig. Die vertrauliche Anrede verblüffte Jack. Woher kannte der Fremde seinen Namen? Und wo war sein Vater abgeblieben? Warum hatte er Jack hier zurückgelassen?
    »Fragen über Fragen«, fügte der Alte hinzu, als hätte er Jacks Gedanken gelesen. »Und leider kaum Zeit, sie zu beantworten. Also gleich zur Sache.« Er sah sich voller nervöser Anspannung um und kratzte sich an einer dunklen Tätowierung, die seinen ledrigen Nacken verunstaltete.
    Jack stützte sich auf einen Grabstein, während sich sein Kopf vor Anstrengung drehte Er starrte wieder auf die Verbrennungen des Alten und fragte sich, was ihm zugestoßen war.
    »Komm erst mal wieder zu dir, Jack.« Der Fremde trat näher. »Du hast einen ziemlichen Schock.«
    Je kleiner der Abstand zwischen ihnen wurde, desto größer wurde Jacks Angst. »Mein Vater ist hier, der haut Sie um, wenn Sie noch näher kommen«, sagte er so selbstbewusst, wie er konnte.
    Der Alte blieb stehen und sah Jack direkt an. »Dein Vater ist aber nicht hier. Du bist allein, Jack. Und du bist auch nicht da, wo du meinst. Oder besser gesagt, wann du meinst. Du bist in der Zeit zurückgereist. Zu dem Tag, als deine Mutter gestorben ist.«
    Jack zog ungläubig die Augenbrauen hoch. Dieser ver schmorte Typ musste den Verstand verloren haben.
    »Sieh dich doch um, Junge!« Plötzlich war der Alte ganz dicht vor ihm, mit
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