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Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Titel: Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)
Autoren: Sarah Beth Durst
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poltern und durchquerte mit langen Schritten den Raum, ein breites Lächeln auf dem Gesicht.
    »Richard, schön, dass du hier bist.« Die beiden schüttelten sich zuerst die Hände und klopften sich dann in typischer Männerart gegenseitig auf die Schultern, während sie sich umarmten. Das war also mit Sicherheit einer von Großvaters Studienfreunden. Lily versuchte, sich die beiden als junge Männer hier in diesem Club vorzustellen, aber es gelang ihr nicht. Dieser Mann war niemals jung gewesen. Er blickte an Grandpa vorbei zu ihr herüber. »Und du hast uns deine frühreife Enkelin mitgebracht?«
    Lily hätte beinahe hinter sich geschaut, um nachzusehen, von wem er sprach. Ja, sie kümmerte sich viel um ihre Mutter, und ja, sie führte unter Großvaters Aufsicht den Blumenladen, aber das war einfach eine Notwendigkeit und hatte nichts mit Frühreife zu tun. Frühreife Mädchen hatten Pickel. Sie trugen Zöpfe und Matrosenkleidchen und konnten bereits im zarten Alter von zwei Jahren Shakespeare in zwölf Sprachen rezitieren … Oh Gott, was, wenn das ihre Aufgabe bei der Zulassungsprüfung war?
    Grandpa winkte sie zu sich herüber. »Lily, ich möchte dir meinen ältesten Freund vorstellen, Joseph Mayfair.« Lily legte ihren Campingrucksack neben das übrige Gepäck auf den Fußboden und ging zu ihm.
    »Musstest du unbedingt ›ältester‹ sagen?«, fragte Mr Mayfair, das Gesicht affektiert verzogen, und streckte Lily die Hand hin. Sie ergriff sie, und er schloss beide Hände um ihre. Sie war gefangen. »Es ist mir eine Freude, dich endlich kennenzulernen.«
    Sie warf ihrem Großvater einen vielsagenden Blick zu. Er wusste ganz genau, dass sie es nicht mochte, wenn hinter ihrem Rücken über sie geredet wurde. Davon hatte sie bereits in der Schule genug. Grandpa sah nicht wie ein reuiger Sünder aus.
    »Bist du bereit?«, fragte Mr Mayfair, der ihre Hand immer noch fest umklammert hielt.
    Er klang so eindringlich, dass sie plötzlich Schmetterlinge im Bauch hatte. »Bereit wozu?«, wollte sie wissen, während sie überlegte, wie sie diesem vornehmen Gentleman ihre Hand entziehen könnte, ohne unhöflich zu erscheinen.
    Grandpa sah seinen Freund mit düsterer Miene an. »Ich kenne die Regeln. Ich habe ihr nichts gesagt.«
    Mr Mayfair nickte zustimmend und ließ Lilys Hand los. Sie lockerte ihre verkrampften Finger und blickte unsicher zwischen den beiden hin und her. Grandpa hatte bei seinen Überraschungen noch niemals einen Fremden einbezogen; es handelte sich um eine Tradition, die ausschließlich Familienmitgliedern vorbehalten war. Klar, für ihren Großvater war dieser Mann kein Fremder. Lily hatte zwar noch nie etwas von ihm gehört, aber Grandpa hatte ihn ihr gerade als seinen ältesten Freund vorgestellt. Zum ersten Mal in ihrem Leben ärgerte sie sich darüber, dass er nie von seinen Studienfreunden erzählte. Der Gedanke, ihr Großvater könne irgendwelche Geheimnisse vor ihr haben, gefiel ihr gar nicht, besonders, weil er anscheinend mit diesem Mann über sie gesprochen hatte.
    Ihre Mom gesellte sich zu ihnen und streckte Mr Mayfair die Hand hin. »Ich bin Rose Carter, Richards Tochter.«
    Er nahm die Hand in seine. »Wir kennen uns doch bereits, meine Liebe.« Seine Stimme klang sanft und liebenswürdig. »Erinnerst du dich denn nicht?«
    Oh-ooh, dachte Lily.
    Moms Lippen formten sich zu einem spitzen O. Dann schüttelte sie stumm den Kopf.
    Als Mr Mayfair die Hand ihrer Mutter wieder losließ, nahm Lily sie sofort in ihre und deckte die Finger über die Knöchel, die ganz weiß geworden waren.
    »Du kennst mich schon seit vielen Jahren«, fuhr Mr Mayfair fort. »Ich war sogar bei deiner Hochzeit, als Trauzeuge … « Es sah aus, als wolle er noch mehr sagen, doch dann hielt er inne. »Verzeihung. Ich bereite dir Kummer.«
    »Ganz und gar nicht«, antwortete Mom höflich und aufgeräumt.
    »Richard, sie sollte nicht hier sein«, sagte Mr Mayfair. »Sie sollte zu Hause sein.«
    Grandpa schüttelte den Kopf. »Sie hat sich so entschieden, und ich habe versprochen, dafür zu sorgen, dass alles seinen Gang geht. Ich werde mein Wort jetzt nicht brechen.«
    Lily fand das alles ziemlich melodramatisch. Sie presste die Hand ihrer Mutter, die immer noch lächelte, als ob es ihr völlig egal wäre, dass über sie geredet wurde.
    Grandpa wandte sich Mom zu. »Versprichst du mir, hier in diesem Raum zu bleiben, bis wir wieder zurück sind?« Er sprach langsam und deutlich, um sicherzugehen, dass sie ihn auch
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