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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle
Autoren: Mikka Bender
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Kloster von Khumjung, wollte von mir wissen, ob denn der Schneemensch wirklich existiere.
    «Natürlich gibt es den Yeti, es gibt sogar viele Yetis», verkündete ich. «Da bin ich mir vollkommen sicher. Aber sie sind eben scheu, wobei das nur für die Männchen gilt. Die Yeti-Frauen stehen dagegen total auf Sherpas. An kalten Winterabenden kommen sie deshalb auf ihren Brüsten, die sie als Schlitten benutzen, in die Sherpa-Dörfer gesaust und vergewaltigen aufs übelste die dörfliche Jungmännerschar. Weil es den Jungs total peinlich ist, von den geilen, aber hässlich aussehenden und auch noch komplett behaarten Weibern zu Liebesdiensten benutzt zu werden, hält jeder den Mund. Und allein aus diesem Grund ist der Yeti so ein Fabelwesen, dass ihr es nur wisst. Der Reinhold Messner hat ganz sicher noch nie einen Schneemenschen gesehen, weil er in seiner aktiven Zeit schon viel zu alt für jedes Yeti-Weib war.»
    Nein, das wollte jetzt keiner wissen und damit auch nicht hören. Die Temperatur im Raum hatte inzwischen die Grade eines Gefrierschranks erreicht, und schließlich gab auch die Lehrerfraktion auf. Lehrer gehen immer ausgeschlafen auf Reisen, sie müde zu reden ist eine äußerst schwierige Angelegenheit, noch durch die Höhenluft erschwert – aber mit meiner eben erfundenen Story hatte ich sie in ihrem Wahrheitsbestreben gekränkt. Gute Nacht!
    Endlich in meinem Zimmer, legte ich mich in meiner Daunenjacke ins Bett, vorher hatte ich noch ein paar Aspirin eingeworfen und gebetet, die Höhenkrankheit solle bitte meine Schutzbefohlenen in Ruhe lassen. Tat sie auch, nur Frau Kawasaki musste zur Flasche greifen, zur Sauerstoffflasche. Ihr Mann rief mich mitten in der Nacht um Hilfe. Ich war sowieso wach und schaute nach ihr. Sie hatte zwei Zwei-Liter-Flaschen neben dem Bett stehen, eigentlich hätten die für die Nacht reichen sollen. Aber da sie dauerhaft die Atemmaske in Betrieb hatte, waren sie nun leer. Mit Nachschub war dann auch dieses Problem behoben, und ich konnte mich ohne weitere Störung ins Bett legen.
    Leider war am nächsten Morgen kein Everest zu sehen, nicht einmal die malerisch platzierte Himalayakiefer vor dem Hotel, da half auch nicht das große Panoramafenster. Stattdessen jede Menge Nebelschwaden und Schneeflocken. Das war nicht eingeplant. Außer unserer Zahnbürste hatten wir nichts dabei, wollten wir doch an diesem Tag zurück nach Kathmandu fliegen und am nächsten Heiligabend feiern mit einem Galadinner. Nun hatte ich schon seinerzeit ein ausgeprägtes Hobby: die Wetterkunde. Und nach ausgiebiger Betrachtung der Wetterlage musste ich im Stillen feststellen: Vergiss den Flieger. Kein noch so guter Pilot wird heute in Syangboche landen. Laut aber sagte ich: «Fertig machen, auschecken und Abmarsch zum Flugfeld.» Die Teilnehmer dieser Luxusreise sollten selbst ihre Erfahrungen machen. Außerdem: Da es keine Funkverbindung von Syangboche nach Kathmandu gab, musste man stets auf Verdacht zum Flugplatz gehen – und die Ohren spitzen, ob sich eine Maschine näherte. Und vielleicht hatte ich ja unrecht, was meine Analyse des Wetters betraf.
    Dicke Schneeflocken rieselten vom Himmel. Wir waren hier auf dem achtundzwanzigsten Breitengrad, auf der Höhe von Orlando, Florida, und theoretisch hätte die Sonne den Schnee blitzschnell wegtauen müssen, aber eben nur theoretisch. Da waren der Nebel und vor allem die große Höhe, die dies verhinderten. Der Schnee blieb somit liegen. Es wurde zwar ein wenig heller, als wir weiter nach unten stiegen, was aber nur daran lag, dass wir aus einem Waldgebiet heraustraten und auf eine Wiese gelangten, die hinunter zum Flugfeld führte.
    Schließlich erreichten wir den «Flughafen». Im Umfeld der Bretterbude herrschte Totenstille. Wie erwartet. Ein noch eindeutigeres Signal, dass an diesem Tag kein Flugbetrieb in Gang kommen würde, war jegliches Fehlen der Yakhirten. Nun spitzten wir geschlossen die Ohren. In der Luft machten aber nur die Bergdohlen Krach, kein Geräusch einer nahenden Pilatus Porter war zu hören.
    Noch fanden das alle spannend, es roch geradezu nach Abenteuer. Gegen Mittag begaben wir uns unter Schneegestöber zurück zum Hotel, wieder mit langsam, aber sicher einsetzenden Kopfschmerzen. Zum Zeitvertreib hielt ich eine weitere kleine Vorlesung, diesmal über die Geomorphologie extremer Hochgebirge. Zu diesem Thema hätte es hier oben richtig viel zu sehen gegeben, nur nicht bei Nebel. Danach folgte eine zweite Nacht in unseren alten
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