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Intruder 2

Intruder 2

Titel: Intruder 2
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Stefan lachte. »Das konntest du doch noch nie.« Er lachte noch einmal, und diesmal klang es sogar echt. »Ihr seid ja beide verrückt. Ich gehe ein Bier trinken. Ihr könnt ja nachkommen, wenn ihr wollt.«
    Frank atmete erleichtert auf, nachdem Stefan das Zimmer verlassen hatte. »Du bist gerade rechtzeitig gekommen«, murmelte er. »Ich dachte schon, er geht mir an die Kehle. Er war fest davon überzeugt, dass einer von uns ihm die Dinger unter-gejubelt hat, um ihm eins auszuwischen.«
    Mike schluckte. Es fiel ihm schwer, weiterzusprechen, aber er wusste, dass er es nie tun würde, wenn nicht jetzt.
    »Ich habe ... euch nicht ganz die Wahrheit gesagt«, begann er stockend.
    »Was soll das heißen?«, fragte Frank verwirrt. »Hast du den Indianer nun gesehen oder nicht?«
    »Ihn nicht«, sagte Mike.
    »Aber den Jungen. Ich habe ihn überfahren.«
    Frank riss die Augen auf. »Was?«
    »Ich habe ihn überfahren«, sagte Mike noch einmal. »Es war kein Sturz. Er stand ganz plötzlich auf dem Weg. Ich konnte nichts machen. Ich habe es versucht, aber es ... es ging einfach zu schnell.«
    Er spürte eine tiefe, unendliche Erleichterung, jetzt, wo er es endlich los war. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, welche Lawine er damit vielleicht ins Rollen gebracht hatte, aber es war gut so.
    »Puh«, meinte Frank. »Kein Scheiß?«
    »Glaubst du, dass ich mit so etwas Scherze treibe?«
    »Nein«, sagte Frank. Er starrte ihn zwei, drei Sekunden lang mit undeutbarem Ausdruck an, dann ging er zum Tisch, zog sich einen Stuhl zurück und ließ sich schwer darauf sinken.
    »Und jetzt erzähl«, verlangte er. »Die ganze Geschichte.«
    Genau das tat Mike dann auch während der nächsten zehn Minuten. Er ließ nichts aus, gab sich aber auch Mühe, nichts zu dramatisieren oder irgendwie auszuschmücken - was nun wirklich nicht nötig war. Erst jetzt, als er Frank die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden in einem Stück und ohne irgendwelche Versuche einer Erklärung erzählte, wurde ihm bewusst, wie bizarr die ganze Geschichte klang.
    »Langsam verstehe ich, warum du dich so komisch benommen hast«, sagte Frank, als er zum Ende gekommen war. »Ich bewundere deine Nerven, weißt du das? Ich an deiner Stelle hätte einen Herzschlag gekriegt, als der Bulle uns vorhin an der Tankstelle angesprochen hat.«
    »Soll das heißen, du glaubst mir?«
    »Um dich selbst zu zitieren: Würdest du mit so etwas Scherze treiben?« Er stand auf. »Trotzdem war es gut, dass du Stefan nichts davon erzählt hast. Vielleicht besser, wenn die Geschichte erst mal unter uns bleibt.« Er grinste. »Ein Geheimnis unter Männern, das wir mit ins Grab nehmen.«
    »Und was hast du jetzt vor?«, fragte Mike.
    »Ich muss ... nachdenken«, sagte Frank stockend. »Gib mir eine Stunde oder zwei. Vielleicht fällt mir ja eine Lösung ein.
    Du weißt doch: Ich bin gut im Pläneschmieden. Leg dich hin und schlaf eine Runde. Du siehst aus wie der Tod auf Lat-schen.«
    Diesmal schlief Mike sofort ein und fand sich augenblicklich in einem Traum wieder. Wie in der vergangenen Nacht war er sich dieses Umstandes vollkommen bewusst; vielleicht war dies etwas, das dieser besonderen Art von Träumen zu Eigen war.
    Darüber hinaus hatten die beiden Träume jedoch nichts miteinander gemein. Es war kein Albtraum. Er wurde nicht von sinnlosen und grässlichen Visionen geplagt, es gab keine toten Indianerjungen, die ihn verfolgten, und er hatte auch keine Angst. Der Traum war nicht surreal, sondern ausgesprochen realistisch.
    Es war heller Tag. Er stand auf der Spitze einer hundert Meter hohen Nadel aus rotem Fels, die sich über eine zerschundene Öde aus Stein und rotem Sand erhob, welche sich in alle Richtungen erstreckte, so weit das Auge reichte. Der Himmel erschien ihm unnatürlich hoch und viel zu blau, und in seinem Zentrum loderte eine grelle, unbarmherzige Sonne, die eher weiß als gelb zu sein schien.
    Sie bewegte sich. Wenn er genau hinsah, konnte er sehen, dass sie langsam über den Himmel glitt, als gehörte diese unheimliche Marslandschaft nicht nur zu einem fremden Plane-ten, sondern auch zu einer anderen Zeit. Es war brütend heiß, doch obwohl er die Sonnenstrahlen wie die Berührung einer trockenen fiebrigen Hand auf der Haut spürte, wusste er, dass sie ihm nicht schaden würden.
    Er drehte sich einmal im Kreis. Das Plateau maß weniger als zehn Schritte und fiel in alle Richtungen fast senkrecht ab. Er hatte keine Ahnung, wie er hier heraufgekommen war und
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