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Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Titel: Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
Autoren: Caroline Graham
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Situation überhaupt nicht gewachsen.
      Ärgerliche Empörung brach sich Bahn, und beinahe hätte sie mißbilligend mit der Zunge geschnalzt. Ausgerechnet mitten im Wald! Dabei hatten die beiden doch ein Zuhause, sie hätten ihre Spielchen gut hinter verschlossenen Türen treiben können. Dieses Pärchen hatte ihr den wundervollen Tag gründlich verdorben.
      Miss Simpson mußte sich so leise davonmachen, wie sie gekommen war. Sie betrachtete aufmerksam den Boden. Auf keinen Fall durfte sie auf trockene, knackende Zweige treten. Und je früher sie diesen Ort verließ, um so besser. Nach allem, was sie wußte, müßten die beiden bald ... na ja, sie müßten in Kürze jenen Punkt erreichen, den Menschen eben so anstreben.
      Plötzlich schrie die Frau auf. Es war ein eigenartiger, schrecklicher Schrei, und ein Vogel flatterte aus dem Gestrüpp und streifte Miss Simpsons Gesicht. Miss Simpson kreischte erschrocken auf, wirbelte beschämt bei dem Gedanken, man könnte sie hier sehen, herum und rannte los. Sekunden später stolperte sie über eine Wurzel. Sie stürzte, achtete aber in ihrer Panik nicht auf den Schmerz, sondern mühte sich sofort wieder auf die Füße und lief weiter. Hinter sich hörte sie dumpfe Geräusche und ein Rascheln, offenbar waren sie aufgesprungen und schoben die Äste beiseite, um nachzusehen, was vor sich ging. Bestimmt erkannten sie sie. Sie mußten. Schließlich war sie erst ein paar Meter von ihnen entfernt. Aber nackt, wie sie waren, würden sie sie doch sicherlich nicht verfolgen, oder?
      Ihre achtzig Jahre alten Beine gehorchten Befehlen, die sie seit sehr langer Zeit nicht mehr ausgeführt hatten. Sie flogen in seltsamen Winkeln schräg nach hinten und trugen Miss Simpson in unglaublicher Geschwindigkeit bis zum Waldrand. Dort lehnte sie sich an einen Baumstamm, lauschte und rang nach Atem; sie preßte die Hand auf die flache, schmerzende Brust und brauchte volle fünf Minuten, bis sie sich so weit gefaßt hatte, daß sie langsam nach Hause gehen konnte.
      Später, am Abend, saß sie in ihrem Sessel am Fenster und beobachtete, wie die Nacht über den Garten hereinbrach. Sie hatte das Fenster weit aufgestoßen und sog tief den Duft des Ziertabaks und der Levkojen ein, die sie nah ans Haus gepflanzt hatte. Am anderen Ende der Rasenfläche leuchteten die kleinen, weißen Bienenstöcke, denen ihr Haus den Namen »Bienenstock-Cottage« verdankte, im diffusen Dämmerlicht beinahe blau.
      Seit ihrer Heimkehr vor etwa drei Stunden saß sie so da. Essen konnte sie nicht, und der Schmerz in ihrem Schienbein wurde immer stärker. Je mehr sie grübelte, um so unsicherer wurde sie, wie sie sich verhalten sollte.
      Alles war jetzt anders. Sie wußte, daß die beiden sie gesehen hatten. An dieser Tatsache war nicht zu rütteln, auch wenn sie es sich noch so sehr wünschte. Sie hätte alles dafür gegeben, wenn sie die Zeit bis gestern hätte zurückdrehen können. Ihre Eitelkeit hatte sie in diese mißliche Lage gebracht: der Wunsch, ihre Freundin auszustechen und zu besiegen. Geschah ihr ganz recht. Sie seufzte niedergeschlagen. All die Selbstkritik löste jedoch nicht ihr Problem.
      Sie fragte sich, ob sie zu ihr kommen und mit ihr reden würden - ein kalter Schauer lief ihr bei diesem Gedanken über den Rücken. Sie stellte sich vor, wie diese Unterhaltung zu dritt wohl ablaufen mochte. Die gräßliche Verlegenheit. Oder war dem Pärchen die Situation vielleicht gar nicht so peinlich? Es gehörte schon eine Portion Unverfrorenheit und Schamlosigkeit dazu, sich unter freiem Himmel auf diese Weise auszutoben. Möglicherweise sollte sie selbst die Initiative ergreifen und auf die beiden zugehen. Ihnen versichern, daß sie Stillschweigen bewahren würde. Miss Simpsons empfindsame Seele schreckte vor dieser Vorstellung zurück. Ein solcher Schritt würde den Eindruck erwecken, daß sie weitere Intimitäten forcierte, und das war ganz gewiß nicht ihre Absicht. Merkwürdig, dachte sie, plötzlich erfährt man etwas Erschreckendes von zwei Menschen, die man gut zu kennen glaubte. Das schien all das frühere Wissen über sie zu beeinflussen, ja beinahe auszulöschen. Sie rutschte unbehaglich in ihrem Sessel hin und her und biß die Zähne zusammen, als der Schmerz durch ihr verletztes Bein stach. Sie dachte wehmütig an den Moment, als sie die Orchidee gefunden hatte, und an die Vorfreude auf den gemeinsamen Tee mit Lucy. Jetzt durfte sie Lucy nie davon erzählen. Alles erschien ihr
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