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Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln

Titel: Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
Autoren: Peter Robinson
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sich die Überreste seiner Leidenschaften an. Auf diese Weise hatte sich das Haus gefüllt mit den gesammelten Werken von Charles Dickens, den Gerätschaften für die Herstellung selbstgekelterter Weine, Jazzplatten aus den zwanziger Jahren, kaum benutzten Joggingschuhen, einer ganzen Kollektion von Vogeleiern und Fachbüchern über nahezu jedes denkbare Thema - von der Geschichte der Tudors bis hin zu Anleitungen über die Installation von sanitären Anlagen.
      Sein Interesse für die Oper war erwacht, nachdem er im Fernsehen eine Aufführung von Mozarts Zauberflöte gesehen hatte. Der Ablauf war immer gleich - irgendeine Sache erregte seine Neugier, und er wollte mehr darüber wissen, wobei er weder im Kopf noch in seinen Archiven einem System folgte. Unbekümmert stürzte er sich auf den jeweiligen Gegenstand seiner Neugier, ohne Rücksicht auf dessen chronologische Entwicklung. So war es auch mit seinem Opernspleen; Glucks Orpheus Schulter an Schulter mit Alban Bergs Lulu, Peter Grimes als überraschender Bettgefährte von Tosca, und Madame Butterfly teilte sich das Plattenregal mit The Rake's Progress. Sandra liebte Musik, aber Opern machten sie einfach wahnsinnig. Brian und Tracy hatten sich auch schon beschwert, was dazu geführt hatte, daß der Fernsehapparat ins Gästezimmer unterm Dach verbannt worden war. Und hier unten stolperte Sandra bei jedem Schritt über die Schuber mit Kassetten, die Banks den Schallplattenaufnahmen vorzog, weil er sie in seinen Walkman stopfen und sich schon auf dem Weg zur Arbeit mit Purcell oder Monteverdi berieseln lassen konnte. Im Auto hörte er gewöhnlich Puccini oder auch den guten alten Josef Grün - Giuseppe Verdi.
      In ihrem Wissensdurst waren sie sich jedoch sehr ähnlich, überlegte Sandra. Sie waren beide keine Akademiker oder Intellektuelle, sondern eher Autodidakten mit einem Bildungseifer, der durchaus typisch war für intelligente Vertreter der arbeitenden Klasse, die nicht den Vorzug gehabt hatten, die höhere Kultur bereits mit der Muttermilch aufzunehmen. Trotzdem wünschte sie sich, daß sich Alan endlich für ein stilleres, friedlicheres Hobby entscheiden würde, für Bienenzucht oder Briefmarkensammlungen beispielsweise.
      Unterdessen hatte die Sopranistin ein Crescendo erreicht, bei dem Sandra unwillkürlich kalte Schauer über den Rücken liefen.
      «Du hast das doch wohl nicht ernst gemeint, daß die Leute im Foto-Klub samt und sonders pervers sind, oder?» fragte sie.
      «Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn der eine oder andere mehr daraus zieht als einen rein künstlerischen Nervenkitzel, das ist alles.»
      «Womöglich hast du recht», stimmte Sandra zu. «Es gibt nämlich nicht nur weibliche Modelle, mußt du wissen. Vorige Woche hatten wir zum Beispiel einen sehr niedlichen Rasta-Knaben vor der Linse. Diese Brustmuskeln ...»
      Das Telefon klingelte.
      «Verdammt und zugenäht!» schimpfte Banks und beeilte sich, an den störenden Apparat zu kommen. Sandra nutzte die Unterbrechung, um die Lautstärke von Tosca erheblich zu drosseln.
      «Noch so ein Exemplar, das sich ungefragt an nackten Leibern erfreut», bemerkte Banks, als er wenige Minuten später wieder Platz nahm.
      «Hat Peeping Tom wieder zugeschlagen?»
      «Offenbar.»
      «Du mußt doch wohl hoffentlich nicht sofort hin, oder?»
      «Nein, das kann bis morgen warten. Niemand verletzt, und die Frau ist eher wütend als sonstwas. Der junge Richmond kann ihre Aussage aufnehmen.»
      «Was ist denn passiert?»
      «Eine Frau mit dem Namen Carol Ellis ... Sagt dir das was?»
      «Nein.»
      «Anscheinend kam sie gerade von einem friedlichen Abend im Pub zurück und hat sich ausgezogen, um ins Bett zu gehen, bis sie dann plötzlich gemerkt hat, daß jemand hinter dem Vorhang steht und sie durch einen Schlitz beobachtet. Als er spitzbekommen hat, daß sie ihn entdeckt hat, ist er sofort auf und davon. Das war in Leaview, dieser neuen Siedlung mit den häßlichen Bungalows, unten bei den Hütten arh Galgenberg. Fabelhaft geeignet für Spanner, diese Flachbauten. Brauchen nicht mal mehr an der Regenrinne hochzukraxeln.»
      Banks legte eine Pause ein, um sich eine Zigarette anzuzünden. «Unser Knabe scheint sich allerdings in der Vergangenheit etwas mehr Mühe gemacht zu haben. Beim letzten Mal war's immerhin eine zweigeschossige Maisonettewohnung.»
      «Man bekommt eine Gänsehaut», meinte Sandra und legte die Arme um sich, «bei dem
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